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Stadtwehrleitung von Möckern bemängelt Personalstärke, Ausbildungsstand und Einsatzbereitschaft im Ort Steht Friedensau kurz vor der Pflichtfeuerwehr?

Von Stephen Zechendorf 29.05.2013, 03:19

Die Freiwillige Feuerwehr von Friedensau ist nicht mehr einsatzbereit. Das geht aus dem Bericht des Möckeraner Stadtwehrleiters Torsten Quandt für das Jahr 2012 hervor. Inzwischen wird auch die Pflichtfeuerwehr als letzte Konsequenz für den Ort mitten im Wald nicht mehr ausgeschlossen.

Friedensau l "Wir werden für Friedensau in nächster Zeit schwerwiegende Entscheidungen treffen müssen, um den Schutz für die Bevölkerung und Einrichtungen im Ort gewährleisten zu können", so die Worte des Stadtwehrleiters in der Stadtratssitzung. In Friedensau kann der Brandschutz derzeit nicht garantiert werden. Bemängelt wird seitens der Möckeraner Stadtwehrleitung so ziemlich alles: Ausbildungsstand, Personalstärke und allgemeine Tätigkeitserfolge. Zu jeder Tag- und Nachtzeit müssen schon jetzt bei jedem Einsatzgeschehen die Nachbarwehren aus Möckern und Grabow mitalarmiert werden, wenn in Friedensau die Sirene geht, so Quandt.

Aber gebraucht werden Kameradinnen und Kameraden, die in Friedensau leben und im Ernstfall sofort handeln können. "Da darf nicht gewartet werden, dass die Nachbar-Feuerwehren ankommen. Bei Stu¨rmen kann sich deren Anfahrt durch die Wälder zusätzlich verzögern", warnen Experten und sehen die gesetzliche Anfahrtszeit von zwölf Minuten als hohe Anforderung.

Schon seit langer Zeit Personalnot in Friedensau

Schon seit geraumer Zeit ist das Problem in der Diskussion. Die Volksstimme berichtete über Krisensitzungen im Jahr 2010, nachdem der damalige Wehrleiter die Wehr von einem Tag auf den anderen verließ. Damals waren alle Friedensauer Einwohner im wehrfähigen Alter von 18 bis 55 Jahren von der Stadtverwaltung schriftlich eingeladen worden. Nur wenige Friedensauer hatten sich damals gemeldet.

Und das, obwohl möglicherweise auch die Betriebsgenehmigungen einiger Einrichtungen in Friedensau von einem gewährleistetem Brandschutz abhängig sein könnten, wie von einigen Seiten befürchtet wird. In Friedensau befinden sich eine Theologische Hochschule mit Wohnheimen, eine Bibliothek, eine Kindertagesstätte und ein Seniorenheim. Auf dem benachbarten Zeltplatz kommen zu Großveranstaltungen zeitweise über 600 Besucher, meist Jugendliche, zusammen.

Kurzzeitig Hoffnung durch gemeinsame Ausbildung

Noch Anfang des Jahres 2012 war die Stadtwehrleitung von Möckern davon ausgegangen, dass durch die gemeinsame Ausbildung der Feuerwehren Grabow und Friedensau sowie die zeitgleiche Alarmierung mit Grabow der Brandschutz in Friedensau gewährleistet sei und es in Friedensau bergauf gehe, zumal sich ein neuer Wehrleiter gefunden hatte. Doch bereits im Sommer 2012 zeichnete sich ab, dass die positiven Eindrücke verpufft sind. Zu den gemeinsamen Ausbildungen kamen zwar stets die Grabower nach Friedensau, die Friedensauer seien jedoch weniger oft anwesend gewesen, heißt es.

Mehr noch: "Wir mussten feststellen, dass nach einer turnusmäßigen Überprüfung des Friedensauer Fahrzeuges im Feuerwehrtechnischen Zentrum das Fahrzeug nicht von den Kameraden abgeholt wurde", berichtete Quandt im Stadtrat. Auch habe das Fahrzeug seit Wochen keine gültige Hauptuntersuchung mehr gehabt. Daraufhin hatte Torsten Quandt das Fahrzeug eingezogen und einer Hauptuntersuchung unterziehen lassen. Das Fahrzeug wurde der Feuerwehr Friedensau danach wieder übergeben. "Trotzdem mussten wir feststellen, dass die feuerwehrtechnische Beladung nicht in Ordnung und somit nicht einsatzbereit war."

Die Stadtwehrleitung und die Stadtverwaltung, die ja eine Feuerwehr in den Orten als Pflicht vorhalten muss, wollen sich erneut mit der Hochschulleitung und dem Ortschaftsrat in Friedensau treffen. Bei vergangenen Treffen dieser Art hieß es immer "Erst sollen mal die anderen ran, nicht die, die sich schon genug engagieren". Doch es gibt in Friedensau kaum "andere" im wehrfähigen Alter. Nur 40 Einwohner kommen in Frage.

Walter Metscher, Kreisbrandmeister im Jerichower Land, hat seine Hilfe angeboten. Das Problem rückläufiger Bereitschaft der Bürger, sich in der Feuerwehr zu engagieren, kennt er aus vielen anderen der 92 Wehren, die er betreut. Er kennt von Pietzpuhl und Jerichow auch das Problem drohender Pflichtfeuerwehren in seinem Wirkungsbereich.

Nur 40 Einwohner Friedensaus sind im wehrfähigen Alter

Schwach besetzt war die Feuerwehr Friedensau schon länger. Bereits vor zwei Jahren waren sieben Studenten in der Wehr, vier Kameraden hatten ihren Lebensmittelpunkt in Vehlitz, hinzu kamen zwei Auswärtige, die in Friedensau nur arbeiteten. Studenten in der Wehr einzusetzen, ist nicht das Allheilmittel, denn zum einen dauert die Ausbildung teils genau so lange wie die Studenten in Friedensau verweilen, zum andern kann man besonders Leitungsfunktionen in der Wehr nicht an Studenten u¨bertragen, die nach dem Studium wieder fortgehen.

Bleibt als letztes Mittel die Pflichtfeuerwehr. Dies bedeutet, alle Einwohner im wehrpflichtigen Alter werden verpflichtet, eine Grundausbildung zum Feuerwehrmann zu absolvieren. Stadtwehrleiter Torsten Quandt gibt jedoch zu bedenken, dass die Truppe dann aber immer noch ohne eine ausgebildete Führungsperson dasteht.

Ob nun freiwillige oder Pflichtfeuerwehr: Wieviel die Friedensauer Blauröcke tatsächlich zu tun hätten, ist schwer zu sagen. Ein Blick in die Statistiken der Vorjahre zeigt: Durchschnittlich geht die Friedensauer Sirene sieben bis zehn Mal im Jahr. Dabei handelt es sich nicht selten um Fehlalarme der Brandschutzmelder. Der letzte Brand, bei dem ein Todesopfer zu beklagen war, liegt 38 Jahre zuru¨ck. Damals brannte es im alten Seniorenheim.