1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Rechercheproblem: Komplizierte Quellenlage und geringer Forschungsstand

Doktorand Paul Kannmann veröffentlicht erste Ergebnisse zum Kriegsgefangenenlager Stalag XI-A Altengrabow Rechercheproblem: Komplizierte Quellenlage und geringer Forschungsstand

Von Bettina Schütze 20.06.2013, 03:10

Dörnitz/Altengrabow l Einen ersten Forschungsbericht zum Kriegsgefangenenlager Stalag XI-A Altengrabow hat Doktorand Paul Kannmann in der Broschüre "Erinnern! Aufgabe. Chance. Herausforderung" veröffentlicht.

Mit den Forschungsarbeiten zum Kriegsgefangenenlager Stalag XI-A Altengrabow unterstützt Paul Kannmann den Förderverein "Gedenkstätte Kriegsgefangenenlager und Sammlung Truppenübungsplatz Altengrabow" in seinen Bemühungen, die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers aufzuarbeiten. Im Rahmen eines zweieinhalbjährigen Promotionsprojektes am Institut für Geschichte der Otto-von Guericke-Universität Magdeburg und unterstützt durch die Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt untersuchte Paul Kannmann seit September 2010 die Geschichte des Stalag XI-A in den Jahren 1939 bis 1945.

Dabei sah er sich einer komplizierten Quellenlage und nur einem bis dahin geringen Forschungsstand gegenüber. Forschungsliteratur liegt kaum vor. "Und wenn überhaupt nicht in deutscher Sprache", so Paul Kannmann. Zur Verfügung stehende Quellen sind bisher nur ungenügend ausgewertet und unterliegen "einer weithin verkürzenden und verfälschenden Darstellungsweise". Persönliche Berichte von ehemaligen Kriegsgefangenen und deren Nachkommen können nur vereinzelt das Gesamtgeschehen widerspiegeln.

Dazu kam, dass sich heute große Teile des Stalag-Geländes auf militärischem Sperrgebiet des Truppenübungsplatzes befinden oder auch überhaupt nicht mehr vorhanden sind. Auch aus diesem Grund wurde durch den Förderverein ein Mahnmal außerhalb des Truppenübungsplatzes errichtet, das an die Kriegsgefangenen errinnert und Besuchern eine Möglichkeit bietet, den Kriegstoten zu gedenken.

Um sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen, nutzte Paul Kannmann frühzeitig die Möglichkeit, gemeinsam mit der Fördervereinsvorsitzenden Christel Kitschke und Reinhold Bewersdorf den Truppenübungsplatz zu begehen.

Von besonderem Interesse war dabei für Paul Kannmann zunächst das Gebiet rund um das ehemalige Krankenhaus, den Standortfriedhof, das Lazarett und die ehemalige Leichenhalle. Besonders Reinhold Bewersdorf konnte dem Doktoranden aus seinem riesigen Erfahrungsschatz viele Details näher bringen. Und Christel Kitschke als langjährige ehemalige Bürgermeisterin von Dörnitz konnte einiges ergänzen. "Es war eine Stadt mit allem, was dazu gehörte." Nicht von allem ist heute noch etwas zu sehen. So wurden das ehemalige Krankenhaus und das Heizhaus auf den ehemaligen Franzosenfriedhof gesetzt. Vom Lazarett sind noch die Baracken, die zum SAN-Bereich gehörten, erhalten. Die alten Pferdeställe wurden zu Gefangenenunterkünften umfunktioniert. Von der ehemaligen Kommandantur mit Verwaltungsgebäude ist nichts mehr zu sehen.

Truppenübungsplatzbegehung gab zunächst einige Tipps

Paul Kannmann hatte seit der Begehung noch viel Arbeit vor sich. "Nach dem Krieg wurde nicht schnell genug versucht, die Gebäude zu erhalten. Damit gingen auch viele wichtige Dokumente verloren", erklärte Reinhold Bewersdorf.

Deshalb sind Aussagen von Beteiligten so wichtig. Aber viele wollen einfach nicht über ihre Erlebnisse sprechen. Paul Kannmann zeigte sich damals beeindruckt. "Das ist überwältigend. Vieles, was ich vorher nur gelesen oder gehört habe, kann man jetzt besser zuordnen."

Das Stalag XI-A bestand zunächst aus 15 mehrgeschossigen Massivbauten, 35 gemauerten Baracken, 25 hölzernen Baracken und 25 Pferdeställen. Die Zahl der Kriegsgefangenen stieg 1941 nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion drastisch an. Rund 62 000 Kriegsgefangene aus mehr als zehn Ländern wurden im Lager am 1. Januar 1945 registriert. Paul Kannmann: "Auf Grund der schwierigen Quellenlage können mit großer Wahrscheinlichkeit auch bis zum Abschluss des Dissertationsprojektes keine genauen Zahlen angegeben werden, sondern nur nationenabhängige Schätzungen."

Die Ursachen dafür, so Paul Kannmann, liegen in der Vernichtung belastbaren Aktenmaterials gegen Ende des Krieges durch die beteiligten Organisationen und im Abtransport von Unterlagen zu Auswertungszwecken durch die Alliierten. So liegen verwertbare Archivbestände zur Zusammenarbeit zwischen dem Stab des Stalag XI-A und den regionalen Bürgermeistern beziehungsweise Betriebsobmännern vor.

Für den Förderverein ist die Forschungsarbeit von Paul Kannmann ein wichtiger Bestandteil zur Aufarbeitung der Geschichte, aber noch längst nicht abgeschlossen.

Quelle: "Erinnern! Aufgabe. Chance.Herausforderung" der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt