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SPD im Jerichower Land vor der Auszählung der Mitgliederbefragung - ein Stimmungsbild "Bei 52 zu 48 Prozent dagegen können wir uns eine neue Parteiführung wählen"

Von Andreas Mangiras 13.12.2013, 02:11

Morgen Abend wissen wir, ob die SPD in eine Bundesregierung eintritt. Dann steht das Ergebnis der Mitgliederbefragung fest. Diskussionsthema war diese Tatsache auch bei der SPD im Jerichower Land.

Burg l "Ich habe gegen die Annahme der Koalitionsvereinbarung gestimmt, aber ich werde nicht austreten, wenn es anders kommt. Ich werde genau hinschauen, wie umgesetzt wird, was in der Vereinbarung steht", erklärte Fabian Borghardt, Chef der Jungsozialisten, auf der Gesamtmitgliederversammlung des SPD-Kreisverbandes in dieser Woche in Burg.

Nur wenige Genossen waren zusammengekommen, um kurz vor Ultimo für die Stimmabgabe zur ersten bundesweit verbindlichen Mitgliederbefragung der SPD nochmals Für und Wider abzuwägen. Der Widerhall in der Gesamtpartei ist enorm. Gestern war Abgabeschluss für die Stimmzettel. Weit über 300 000 der gut 475 000 Mitglieder bundesweit hatten bis Mittwoch abgestimmt. Ab heute Abend soll ausgezählt werden. Morgen Abend will Parteichef Matthias Gabriel das für die Parteispitze bindende Ergebnis bekanntgeben. Eintritt in die große Koalition oder Opposition, das ist die Frage.

Burkhard Lischka, Bundestagsabgeordneter aus Magdeburg, befürwortet die Vereinbarung und den Eintritt in eine Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel. "Wollen wir für die Menschen etwas erreichen, wenn auch unter Umständen in Tippelschritten oder wollen wir auf den großen Wurf warten und die reine Lehre propagieren?" Für Lischka stellt sich nicht die Frage, ob die SPD in einer CDU-Mehrheitsregierung untergeht. "Wir hatten nach den Regierungsjahren 2009 als SPD ein Glaubwürdigkeitsproblem. Dafür haben wir das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten eingefahren." Eines sei klar: 2013 hätten die Menschen Merkel gewählt, in den Augen der Mehrheit stehe sie für Sicherheit und Souveränität. 2017, wenn Merkel wohl nicht mehr antreten werde, sehe das für die CDU schon wieder ganz anders aus, ist Lischka überzeugt.

Bei allen Kompromissen ist sich Lischka sicher, mit dem Mindestlohn, der Rente mit 63 Jahren bei 45 Versicherungsjahren, mit der Begrenzung der Leiharbeit habe die SPD zentrale, die Menschen bewegende Fragen in der Vereinbarung durchgesetzt. ",Rente mit 63 - da habt ihr mal was Gutes gemacht\', einen solchen Satz war man doch als Sozi nicht mehr gewohnt", ist Lischka sicher, dass etwas bleibt. Er stellte auch klar: "Wenn uns in der Regierung etwas an der CDU nicht passt, müssen wir das kritisieren und dies nicht Gysi und der Opposition überlassen. Wird der Vertrag nicht 1:1 umgesetzt, haben wir erneut ein großes Glaubwürdigkeitsproblem."

Skeptischer ist da Steffen Burchardt, SPD-Mann aus Möser. "Wir werden noch genug Bären aufgebunden bekommen, etwa wenn es Probleme gibt beim Mindestlohn. Dann wird die CDU das auf uns abwälzen. Wir sind fleißig wie die Bienen, aber ernten nicht den Honig."

"Wir müssen genau schauen, was die Themen sind, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen, dann kommt die Vielfalt dazu, die wir wollen, sonst wären wir nicht die SPD", erklärte Burgs Bürgermeister Jörg Rehbaum.

"Wir haben keine Alternative, als in die Regierung einzutreten", meinte Heiko Jerkowski, Vorsitzender der Burger SPD. "Gehen wir in die Opposition, dann nehmen uns die Leute das übel. Jetzt können wir gestalten."

Seine Ablehnung machte Fabian Borghardt an der Halbherzigkeit und dem zweierlei Maß bei der doppelten Staatsbürgerschaft und an der Pkw-Maut fest. "Dass Ausländer unsere Straßen in Ordnung bringen sollen - ich hoffe, die EU kippt das." Borghardt sieht in der Debatte um den Koalitionsvertrag aber einen enormen Gewinn für die SPD. "Diese Diskussionskultur, von unten nach oben, die Basis mitnehmen. Wir müssen im Gespräch bleiben. Dann bin ich zuversichtlich."

Kreisvorsitzender Matthias Graner, vor sechs Wochen noch gegen eine große Koalition, hat einen Umschwung festgestellt. Die SPD habe eine Menge durchsetzen können.

Ob es so kommt? Heiko Jerkowski ist unsicher: "Wenn ich mir vorstelle, es geht 52 Prozent zu 48 Prozent dagegen aus, dann können wir uns eine neue Parteiführung wählen."