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  7. Thema "Gesundschreibung" sorgt für Redebedarf bei Eltern und Verwaltung

Unterschiedliche Ansichten darüber, wer festlegen soll, ob ein Kind wieder in die Kita gehen darf Thema "Gesundschreibung" sorgt für Redebedarf bei Eltern und Verwaltung

Von Stephen Zechendorf 05.04.2014, 03:19

Wer entscheidet, wann ein Kind nach Krankheit wieder in die Kindertagesstätte gehen darf? Die Eltern, die Kita oder doch der Kinderarzt? Mit dieser Thematik befassen sich seit Monaten Elternvertreter, Stadtverwaltung und der Stadtrat.

Möckern l Bis zum 31. Juli 2013 war im Kinderförderungsgesetz (KiFöG) festgeschrieben, dass nach einer Erkrankung des Kindes eine ärztliche Bescheinigung über die gesundheitliche Eignung des Kindes zum Besuch der Kindertagesstätte vorzulegen ist.

Dann wurde das KiFöG geändert und der diesbezügliche Satz gestrichen. Begründung: "Durch den Verzicht auf eine Gesundschreibung sollen die Kinder nach erfolgter Genesung nicht mehr durch einen erneuten Arztbesuch einem neuen erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt und die Kinderärzte unnötig belastet werden", heißt es in den Erläuterungen der Landesregierung zu der KiFöG-Novelle, die am 1. August 2013 in Kraft getreten ist.

Kosten und die Gefahr einer erneuten Ansteckung

In den Kindertagesstätten und im Stadtrat von Möckern sorgte der gestrichene Satz jedoch erst einmal für Diskussion. Denn die Stadtverwaltung will weiterhin, dass eine Gesundschreibung des Arztes vorgelegt wird. Dagegen regte sich nun Widerspruch aus dem Stadtelternkuratorium und einiger Stadtratsmitglieder. Ein Problem ihrer Ansicht nach: die Gesundschreibung ist kostenpflichtig, aber nicht durch die Krankenkassen erstattungsfähig. Eltern müssen also mit dem - ihrer Ansicht nach wieder gesunden - Sprössling noch einmal zum Kinderarzt, werden dort zur Kasse gebeten (die Kosten variieren zwischen 2,33 und 8,16 Euro) und holen sich schlimmstenfalls gleich den nächsten Virus ab.

Die Kritiker einer Gesundschreibungspflicht berufen sich unter anderem auf ein Schreiben des Landesverwaltungsamtes (LVA). Die Behörde hatte sich bereits zu Jahresbeginn in die Thematik eingebracht und es als "nicht ohne Weiteres hinnehmbar" bezeichnet, wenn "Eltern angehalten werden, weiterhin die ärztliche Bescheinigung vorzuweisen". Für kommunale Träger sei die neue Rechtslage verbindlich. In der Stadtverwaltung Möckern sieht man es anders. Der Schriftverkehr mit dem Landesjugendamt und dem Landkreis dauere noch an, so Möckerns Stadtbürgermeister Frank von Holly.

Möckerns Stadtverwaltung und die Stadt-Kita-Leitung bestehen auf die ärztliche Gesundschreibung. Zu oft habe man die Erfahrung machen müssen, dass Kinder trotz fortwährender Erkrankung in die Betreuungseinrichtung geschickt werden. Damit würden alle anderen Kinder der Gefahr einer Erkrankung ausgesetzt.

Die fachliche Kompetenz eines Arztes sei nicht mit der ungeschulten Einschätzung der Eltern zu vergleichen. "Die Mehrheit der Eltern ist dankbar, dass wir auf die Regelung einer Gesundschreibung auch weiterhin bestehen", sagt Frank von Holly: "Wir haben das so oft diskutiert". Nach langer Diskussion in den Kuratorien und im Stadtrat sollten die nun getroffenen Regelungen gelten. Aber: "Einige wenige Eltern laufen hier gegen Sturm. Um dieses Thema zu besprechen, werden wir die Kuratorien einladen", informierte der Stadtchef inzwischen via Stadtmitteilungsblatt.

Die Stadt handele als Träger ihrer Kindertagesstätten. Für die in Trägerschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) befindlichen Kita und Hort in Loburg muss die Regelung der Stadt somit nicht gelten.

Andere Rechtsvorschriften und Raum für offene Fragen

Der Gesetzestext der KiFöG-Novelle lässt viel Raum für Fragen und Auslegungsmöglichkeiten. Sachsen-Anhalts Ministerium für Arbeit und Soziales hat daher Erläuterungen zum KiFöG nachgereicht. Darin heißt es "Regelungen und Forderungen einer Einrichtung bzw. eines Trägers müssten zwischen den Beteiligten im Betreuungsvertrag vereinbart werden. Der Träger sollte diese mit der Elternvertretung abstimmen." Solche Vereinbarungen gibt es etwa im Falle der Möckeraner Kita "Birkenhain".

Auch im offiziellen Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt "PRO" scheint man weiterhin die Möglichkeit solcher Gesundschreibungsforderungen zu sehen. Hier heißt es in einem Rundschreiben an die Kassenärzte: "Soweit der zwischen Eltern und dem Träger der Kindertagesstätte geschlossene Betreuungsvertrag eine über das Gesetz hinausgehende Gesundschreibung fordert, kann es auch zukünftig von Seiten der Eltern den Wunsch nach Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung geben."

Über die gesetzlichen Vorgaben des KiFöG hinaus gibt es für einige Krankheiten ohnehin strenge Regelungen, die Meldepflichten und Gesundschreibungen erfordern. Sie finden sich etwa im Infektionsschutzgesetz.