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Finzelberg-Wahlwerbung Verstößt der Sportbund gegen die eigene Satzung?

Laut Satzung verpflichtet ein Sportbund seine Mitglieder zur politischen
Neutralität. Jedoch erklärt Kreissportbund-Vorstand Fritz Grund in
einer Wahl-Anzeige, dass "knapp 15000 Mitglieder in 133 Sportvereinen"
zu Lothar Finzelberg als KSB-Vorsitzender und Landrat "stehen und seine
Arbeit schätzen".

Von Falk Heidel 24.04.2014, 03:24

Burg/Genthin/Gommern l Einen Landrat wählen die Menschen im Jerichower Land am 25. Mai. Doch in punkto Wahlkampf ist es 31 Tage vor dem Superwahltag noch ziemlich ruhig in den Dörfern und Städten zwischen Altenklitsche und Ziepel. Von den sechs Kandidaten gibt es bisher noch keine Straßenplakate - nur wenige Wahlzettel.

Lediglich der vom Dienst suspendierte Amtsinhaber Lothar Finzelberg aus Hüttermühle bei Genthin scheint sich im Wahlkampfmodus zu befinden. Für jede Menge Diskussionen sorgt seine Anzeige, die kürzlich in einem lokalen Anzeigenblatt erschien. Auf der Finzelberg-Wahlwerbung prangt ein großes Foto von Fritz Grund aus Schermen im schneeweißen Judoanzug. Als zweiter Vorsitzender des Kreissportbundes erklärt Grund, dass sich der Vorstand des Sportbundes wünsche, Finzelberg möge Landrat und Sportbund-Vorsitzender bleiben. Wörtlich heißt es im Anzeige-Text: "... dass (Finzelberg) umgehend an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt und das Kesseltreiben um ihn beendet wird".

Fritz Grund macht sich in dieser Anzeige nicht nur zum Sprecher des Vorstandes. Er behauptet auch: "Knapp 15000 Mitglieder in 133 Sportvereinen stehen zu ihm (Finzelberg) und schätzen seine Arbeit."

Darf ein Sportfunktionär im Namen aller Mitglieder Wahlempfehlungen abgeben?

"Als Mitglied bin ich vom KSB nicht befragt worden." - Peter Schwindack, Burg

"Ich habe den verantwortlichen zweiten Vorsitzenden des KSB telefonisch aufgefordert, dies öffentlich zurückzunehmen", sagt Peter Schwindack. Das Burger Kreistagsmitglied (SPD) ist Angehöriger des Fischereivereins der Kreisstadt und damit einer der von Grund genannten 15000 Mitglieder: "Mir ist schleierhaft, wie Herr Grund auf die Idee kommt, über mich zu verbreiten, dass ich die Kandidatur des suspendierten Landrates unterstützen würde. Ich bin vom KSB zu dieser Aktion nicht befragt worden." Schwindack findet es "dreist, dass hier versucht wird, auf dem Rücken der Sportler Politik zu machen."

Den gesetzlichen Aspekt der Finzelberg-Anzeige bewertet Landeswahlleiter Prof. Ulf Gundlach so: "Aus kommunalrechtlicher Sicht gibt es für uns keinen Grund, hier einzuschreiten." Der Staatssekretär im Innenministerium erklärt auf Volksstimme-Anfrage: "Einer Amtsperson im öffentlichen Dienst ist es verboten, Wahlwerbung für einen Bewerber zu machen." Der Kreissportbund sei jedoch ein eingetragener Verein: "Da gelten andere Regeln." Gundlach: "Wir beobachten das."

In der Satzung des Landessportbundes heißt es unter Paragraf 2: Der Sportbund wendet sich in allen seinen Mitgliedsorganisationen gegen (...) jede Form von Einmischung und Willkür.

Also handeln Finzelberg und Grund gegen die eigene Satzung? So weit will der Landessportbund nicht gehen. Sprecher Frank Löper erklärt jedoch auf Volksstimme-Nachfrage: "Wir haben den KSB darauf hingewiesen, dass wir es für unglücklich halten, den im ersten Satz formulierten Wunsch der Fortführung der ehrenamtlichen Tätigkeit von Lothar Finzelberg als KSB-Vorsitzender mit der Fortsetzung seiner Tätigkeit als Landrat zu verknüpfen."

Die Wahlaussage, dass angeblich alle 15000 Sportler im Landkreis "zu Finzelberg stehen und seine Arbeit schätzen", hält der Landessportbund für legitim. Frank Löper: "Nach unserer Auffassung bezieht sich dies auf seine ehrenamtliche Tätigkeit im KSB, zumal der Sport nicht unpolitisch ist und sein kann." Das sieht Peter Schwindack aus Burg ganz anders: "Herr Grund darf nicht für mich als Mitglied sprechen, ohne mich zu befragen."

Kreissportbund-Geschäftsführer Bernd Mittelstädt war laut eigener Aussage nicht involviert. Zur Volksstimme sagte er: "Dies ist alleinige Sache des Vorstandes und liegt nicht in meinem Aufgabenbereich als Geschäftsführer."

Laut Volksstimme-Informationen tagte der KSB-Vorstand am Dienstag vor Ostern. Dort hatten sich die Mitglieder beraten, ob sie die schriftlichen Anfragen der Volksstimme zu diesem Thema beantworten wollen. Bisher gibt es keine Stellungnahme. Vertreten wird der Kreissportbund laut Online-Plattform von Lothar Finzelberg, Fritz Grund und Fritz Mund (er ist Vorsitzender des SV Chemie Genthin). Finzelberg und Grund waren telefonisch für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Mund beendete das Telefonat mit der Volksstimme nach wenigen Sekunden. Nach weiteren Versuchen erklärt Finzelberg am Handy: "Ich werde mit Ihnen nicht über eine Anzeige in einer anderen Zeitung reden."

"Reaktion von Vereinsmitgliedern, die das nicht in Ordnung finden." - Torsten Kahlo, Gommern

Umso deutlicher wird in den Sportvereinen über das Thema gesprochen. "Es ist nicht in Ordnung, dass Herr Grund meint, hier für 15000 Mitglieder sprechen zu können", sagt Torsten Kahlo. Der Vorsitzende des SV Eintracht Gommern redet im Gespräch mit der Volksstimme über "mehrere Reaktionen von Vereinsmitgliedern, die das nicht korrekt finden". Kahlo erklärt: "Jeder Sportler sollte sich seine eigene Meinung bilden." Und: "Tatsächlich sind wir mit der Arbeit des KSB-Vorstandes zufrieden, jedoch steht dies in keinem Zusammenhang mit der Landrats-Kandidatur des Herrn Finzelberg." Reagieren will die Eintracht aus Gommern nicht auf die Wahlwerbung: "Wir wollen diese Aussagen nicht noch mit einer Erklärung aufwerten."

Auch beim Burger Ballspielclub (BBC) gibt es Mitglieder, die eine solche Aussage nicht auf sich beruhen lassen wollen. Vorsitzender Lars-Uwe Matthias: "Es mag ja sein, dass Herr Grund privat dieser Meinung ist, dies legitimiert ihn aber nicht, im Namen aller Sportler zu sprechen. Wir finden diese Aktion äußerst unglücklich, zumal uns unsere Satzung zur politischen Neutralität verpflichtet." Auch beim BBC gab es Überlegungen, schriftlich auf die Wahlwerbung zu reagieren: "Wir haben uns im Vorstand darüber geeinigt, dass ich als Vorsitzender mit KSB-Geschäftsführer Mittelstädt reden werde."