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Burger Familie gehört zu den 172 Flüchtlingen aus dem syrischen Kriegsgebiet Ravina (12) spricht schon fließend Deutsch

Von Natalie Häuser 19.12.2014, 02:15

Gerade sechs Wochen alt und schon auf Wohnungssuche. Der jüngste Familienspross Aram sucht mit Mutter Fatima, Vater Kaled, dem großen Bruder Ari und den Schwestern Gulbahar und Ravina aus Syrien dringend ein größeres Zuhause in Burg.

Burg/Genthin l Große braune Knopfaugen und feine dunkle Haare auf dem Kopf hat der sechs Wochen alte Nachwuchs im blauen Strampler von Familie Morad aus Burg. Seine liebevoll hergerichtete Holzwiege steht derzeit noch neben dem Fernseher im Wohnzimmer.

Mit Sohn Aram, der am 24. Oktober das Licht der Welt erblickte, ist es zu eng geworden in der Wohnung der syrischen Flüchtlinge. Doch die Suche nach dem passenden Domizil für inzwischen sechs Personen, gestaltet sich schwierig.

Die Familie gehört zu den gut 1300 Einwanderern, die aktuell im Jerichower Land leben. Damit liegt die Ausländerquote in unserem Landkreis bei 1,5 Prozent. 282 Menschen gelten als Asylbewerber beziehungsweise leben hier unter dem Status "geduldet". Aktuell zählt der Landkreis 172 Flüchtlinge aus dem Krisengebiet in Syrien. Diese Zahl nannte Kreisvorstand Bernd Girke kürzlich im Kreistag.

Seit Juli sind die Morads aus Syrien in Burg zuhause. Gerade erst sechs Monate. Dafür spricht die zwölfjährige Tochter Ravina fast fließend Deutsch. Sie übersetzt für ihre Eltern auf Kurdisch, wenn diese nicht auf Anhieb alles verstehen.

In einer Klasse an der Burger Diesterweg-Schule lernt sie intensiv die deutsche Sprache. Und freut sich darauf, vielleicht bald ein eigenes Zimmer zu beziehen. Momentan lebt sie mit Bruder Ari (9) und Schwester Gulbahar (5) gemeinsam in einem Raum. Der sechs Wochen alte Bruder hat es ihr besonders angetan. Sie setzt sich auf den Wohnzimmersessel und lässt sich den Säugling zum Schmusen geben. "Schön wären 80 bis 100 Quadratmeter, also eine große Vierraum- oder eine Fünfraumwohnung", sagt die ehrenamtliche Familienhelferin Petra Riedel, die seit der Ankunft der Morads in der Ihlestadt mindestens einmal die Woche Kontakt aufnimmt und die Eltern Fatima und Kaled im Alltag unterstützt. Aber auch bei Behördengängen bietet sie ihre Hilfe an.

Zwischen den Morads und ihr hat sich ein vertrautes, freundschaftliches Verhältnis entwickelt. So weiß Riedel auch ganz private Wünsche. Zum Beispiel, dass die 35-jährige Fatima gerne ein bisschen mehr Sport machen würde. Die Familienberaterin schlägt ihr vor, Tochter Gulbahar einfach zu Fuß aus der Kita in Burg-Süd abzuholen.

"Technisch ist es möglich, das Burger Wohnheim um 50 Plätze zu erweitern."

Bernd Girke, Landkreisvorstand

Vater Kaled hat in Syrien Döner und Brotwaren verkauft. Gerne würde er auch hier wieder anfangen zu arbeiten. Der 38-Jährige besucht gerade einen Volkshochschulkurs in Magdeburg, um Deutsch zu lernen. Hausfrau Fatima bringt ein Tablett mit duftendem Kaffee herein. "Wenn ich zu Besuch bin, bekomme ich immer etwas angeboten", sagt die ehemalige Bauleiterin Petra Riedel über die gastfreundliche Geste. Erst vor kurzem hatte sie die Muslimin dafür zum Essen in der Stadt eingeladen. Auch Kaled ist ab und zu auf einen Tee mit anderen Ausländern, die in Burg ein Zuhause gefunden haben, in der Fußgängerzone anzutreffen.

Nachdem nun alle Familienmitglieder eine Aufenthaltsgenehmigung für einen Zeitraum von drei Jahren haben, können sie den Mietvertrag der zukünftigen Wohnung selbst unterschreiben.

In einer neuen Unterkunft wollen sie endlich richtig zur Ruhe kommen. Vernünftig saniert und preiswert soll sie sein. Einige Angebote hätten sie sich schon angeguckt, das Richtige sei aber nicht dabei gewesen. Doch die Zeit zum Suchen wird knapper. Im Januar oder Februar benötigen neue Flüchtlinge eine Übergangsunterkunft, zu denen auch die Wohnungen Zum Paddenpfuhl zählen.

Der Landkreis arbeitet derzeit intensiv an Lösungen zur Unterkunft für eine ständig wachsende Anzahl von Flüchtlingen - zum größten Teil aus Syrien. Das Burger Wohnheim an der Zerbster Chaussee ist derzeit für 100 Bewohner ausgerichtet. Vor vier Wochen lebten Girke zufolge noch 109 Menschen hier, jetzt sind es laut einer Mitteilung des Landkreises 99. Girke sagte im Kreistag: "Technisch ist es möglich, diese Unterkunft für weitere 50 Bewohner herzurichten. Dies funktioniere über die Erschließung einer bisher nicht genutzten Etage des Wohnheims. In den vergangenen Wochen habe der Landkreis diverse Möbel angeschafft. Girke: "Es ist gar nicht so einfach, kurzfristig mehrere Küchen geliefert zu bekommen." Funktioniert habe dies letztendlich doch mit der Zusage eines großen einheimischen Anbieters. Bewirtschaftet wird das Wohnheim durch eine Betreibergesellschaft aus Körbelitz. Ab Januar sollen die neuen Wohnungen in der Unterkunft bezogen werden können.

Obwohl ihre Verwandschaft in Köln, Bremen und Halle lebt, wohnt die syrische Familie gern in Burg. Die Familienmitglieder empfinden die Betreuung durch die Migrationsberatungsstelle als sehr gut organisiert und wollen bleiben. In Burg kümmern sich derzeit drei Sozialarbeiter um die Belange der Flüchtlinge. Zwei gehören zum Deutschen Roten Kreuz, einer zur Betreibergesellschaft. Die zwölfjährige Ravina Morad hat bereits Pläne für ihre Zukunft geschmiedet. "Ich möchte später einmal Chefkoch werden", verrät sie und Mama Fatima freut sich, wenn die Älteste bald tatkräftig beim Kochen hilft.

Unterdessen muss der Kreis weitere Unterkunftsmöglichkeiten schaffen. Bernd Girke: "Wir prüfen, ob in Genthin einen Gemeinschaftsunterkunft für 100 Personen geschaffen werden kann." Ab Januar kümmern sich ein Sozialarbeiter des Landkreises und einer des DRK um die Menschen, die jetzt schon in der Stadt leben. Ein konkretes Projekt dafür gibt es noch nicht. Bis vor etlichen Jahren gab es eine solche Containerunterkunft an der Geschwister-Scholl-Straße. Nach der Schließung wurden einige Container-Segmente auf dem Parchener Sportplatz aufgebaut.

Wer eine Wohnung für Familie Morad hat, kann sich bei der DRK Migrationsberatung unter (039 21) 55 18 oder per Mail an migrationsarbeit@drk-mdjl.de wenden.