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Im Juni 1865 wurde Männer-Turn-Verein gegründet / Teil 1 der Volksstimme-Serie zur Geschichte des Sportvereins. Von Manuela Langner Sport frei: SV Eintracht Gommern feiert den 150.

05.01.2015, 01:09

Am 12. Juni 1865 wurde in Gommern der Männer-Turn-Verein ins Leben gerufen. Die Abteilung Turnen gibt es im SV Eintracht Gommern heute noch. Dieses Jahr wird das 150-jährige Bestehen des Sportvereins groß gefeiert. Zum Gründungstag findet ein Sportlerball in der Festscheune statt. Bis dahin stellt die Volksstimme in loser Reihenfolge den Sportverein, seine Geschichte und Abteilungen vor.

Gommern l Die Betriebssportgemeinschaft Aktivist Gommern ist eine der erfolgreichsten zu DDR-Zeiten gewesen und war beispielsweise 1983 mit dem Titel "Beste Sportgemeinschaft im DTSB der DDR" ausgezeichnet worden. Anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens im selben Jahr begannen die Sportfreunde Axel Gutsche und Harald Caspers die Chronik des Sportvereins zusammenzutragen. Harald Caspers verfasste schließlich die Chronik. In diesem Jahr steht mit dem 150. Jahrestag der Gründung des Männer-Turn-Vereins, auf den sich Eintracht Gommern beziehen kann, das nächste große Jubiläum bevor.

Dem "humanistischen Anliegen von Friedrich Ludwig Jahn" fühlte sich der Turn-Verein verpflichtet, den die Männer am 12. Juni 1865 gründeten. "Gut Heil!, lautete damals ihr Sportgruß. Turnen war zu dieser Zeit sehr populär. Der MTV wuchs auf 200 Mitglieder an und wurde damit zum mitgliederstärksten Sportverein in Gommern. Sport getrieben wurde im Turngarten am Schützenhaus.

"Das Hauptinteresse galt dem hier noch nie gesehenen Damenturnen."

Aber nicht nur dem Sport fühlten sich die Turner verpflichtet. 1871 und 1878 pflanzten sie Friedenseichen, sie sammelten Spenden für verunglückte Steinbrucharbeiter und 1912 für einen verunfallten Turner. Kurz vor der Jahrhundertwende war erstmals der Bau einer Sporthalle angeregt worden.

Es dauerte bis 1920, dass der MTV das Turnen auch Kindern und Frauen (1922) ermöglichte. Zum zehnjährigen Stiftungsfest des Turnvereins Jahn hält die Chronik einen Zeitungsartikel vor, der nicht nur über "viel Publikum auf dem Festplatz" berichtet: "Das Hauptinteresse galt dem hier noch nie gesehenen Damenturnen. Die in überaus kleidsamen Kostümen aufmarschierten Turnerinnen brachten nicht nur Freiübungen, sondern auch an Geräten (Barren und Pferd) Darbietungen vom Handstand bis zum Grätschen und zur Hocke".

Zu den Anekdoten, die sich überliefert haben, gehört zudem die "Auseinandersetzung über den Kauf eines Fußballs", die die Vereinsmitglieder 1897 beschäftigte. 24 Jahre später wurden Nägel mit Köpfen gemacht und der Fußballverein Germania gegründet. Die Männer spielten auf der Wiese des Bauern Döring, bevor sie den vom Schützenhauswirt gebauten Sportplatz am jetzigen Volkshaus nutzen konnten.

Die Inflation zu Beginn der 1920er Jahre brachte den MTV an den Rand des Ruins. Erst als sich die Finanzlage wieder beruhigt hatte, konnte 1927 mit dem Bau des Jahn-Schwimmbades in der Nähe der jetzigen Seniorenresidenz begonnen werden. 1929 folgte die Einweihung. Die Anzeige dazu lautete: "Unser Jahn-Schwimmbad ist eröffnet. Wir bitten um fleißige Benutzung. Männer-Turn-Verein 1865". Neben einem Becken für Schwimmer und eines für Nichtschwimmer wurden auch ein Sprungturm sowie ein Ein-Meter- und ein Drei-Meter-Brett vorgehalten.

"Unser Jahn-Schwimmbad ist eröffnet. Wir bitten um fleißige Benutzung."

Dem gesellschaftlichen Leben fühlten sich die Sportler ebenso verpflichtet. In einer Anzeige heißt es: "Am Sonntag, 19. Januar 1936, veranstaltet der Radfahr-Verein Gommern und Umgebung in sämtlichen Räumen des Schützenhauses einen großzügigen Maskenball. Die Kasse öffnet um 7 Uhr, Beginn 8 Uhr."

Aber die Zeit blieb schwierig. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise zwangen den MTV, 1931 aus dem Schützenhaus auszuziehen. Nach Hitlers Machtübernahme wurden die Arbeitersportvereine verboten. Zwar erhielt das Schützenhaus sowohl eine Laufbahn als auch im Saal feste Turngeräte, aber der Sport hatte mehr und mehr der Kriegsvorbereitung zu dienen.

Im Juli 1945 ist im Auftrag des antifaschistischen Jugendausschusses das erste Fußballspiel nach dem Zweiten Weltkrieg in Gommern angepfiffen worden. Nach der Gründung der FDJ im März 1946 kümmerte sich die Jugendorganisation um die Bildung von Sparten für Fußball, Turnen, Handball, Schach und Tischtennis. Am 28. November 1948 wurde die Sportgemeinschaft Eintracht Gommern durch Vertreter der SED, FDJ, des FDGB und Sportlern aus Vereinen vor 1933 gegründet. Max Huth, Ernst Ebert und Gustav Bock verhandelten mit Vertretern der Reparaturbasis der Staatlichen Geologischen Kommission um die Übernahme der Eintracht-Sportler in die Betriebssportgemeinschsft. In "würdiger Form" erfolgte die Gründung der BSG Aktivist am 23. Juni 1953 im Volkshaus. In der Chronik heißt es dazu: "Dank der hervorragenden Unterstützung der BSG durch die Trägerbetriebe und die staatlichen und gesellschaftlichen Organe konnte sich die BSG in den 1950er und 1960er Jahren unter der Leitung des unvergessenen Sportfreundes Max Huth ständig weiterentwickeln."

"Die Fertigstellung des Sportforums forderte, in anderen als bisher üblichen Dimensionen zu denken und auch zu handeln."

Wichtigste Errungenschaft der DDR-Zeit war das Sportforum Martin Schwantes. 1968 erhielt der Bau Unterstützung durch den Ortsausschuss der Nationalen Front. In der ersten Ausbaustufe entstanden zwei Sportplätze mit Kampfrichterturm. 1973 folgte die Grundsteinlegung für die Sporthalle im Sportforum, die im Dezember 1974 eingeweiht werden konnte. Am 10. Januar 1975 begann der offizielle Trainings- und Wettkampfbetrieb. Die BSG Aktivist Gommern zählte inzwischen 650 Mitglieder. Am Wettkampfbetrieb nahmen zwölf Fußball-, 21 Handball-, elf Kegel- und sieben Tischtennismannschaften teil. Die Kinder und Jugendlichen errangen bei der Spartakiade mehr als 100 Medaillen.

Die Fertigstellung des Sportforums hatte weitreichende Konsequenzen für die Verantwortlichen der BSG. Sie hatten jetzt "in anderen als bisher üblichen Dimensionen zu denken und auch zu handeln", betont Harald Caspers in der Chronik. Nicht nur die Mitgliederzahl stieg stetig an, das Sportforum wurde regelmäßig für Veranstaltungen auf Kreis- und Bezirksebene genutzt, nationale und internationale Begegnungen fanden statt, das Fernsehen drehte in Gommern, ausländische Delegationen waren zu betreuen.

Auch wenn der SV Eintracht Gommern heute der mitgliederstärkste Verein im Jerichower Land ist, war die Wendezeit alles andere als einfach. Aktive Leistungsträger wanderten ab und die Trägerbetriebe stellten ihre finanzielle Unterstützung ein. Der Verein musste sich auf die Suche nach Sponsoren machen und die Mitgliedsbeiträge von 1,30 Mark im Monat auf drei beziehungsweise 6 Mark im Monat erhöhen. Viele Mitglieder verließen den Verein. Manche Abteilungen wie Freizeit- und Erholungssport, Schach oder Kraftsport mussten aufgelöst werden.