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Bildungspaket - wo einkommensschwache Eltern Zuschüsse beantragen können / Gutschein-Flop: Keine neuen Mitglieder in Vereinen

Von Falk Heidel 26.04.2011, 06:38

Das so genannte Bildungspaket der Bundesregierung entwickelt sich zum Flop. Mit der ehrgeizigen Initiative von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sollen Kinder aus armen Familien per Gutschein Sport treiben können oder sich künstlerisch betätigen. Aber: Bisher sind beim Landkreis weniger als 400 Anträge eingegangen, keine zehn Prozent. Anrecht auf das Geld haben mehr als 4000 Menschen im Landkreis.

Burg/Genthin. Im sogenannten Bildungspaket der Bundesregierung enthalten sind Zuschüsse für Schulmaterial, Nachhilfe und Freizeitaktivitäten sowie für ein warmes Essen in der Schule. Adressaten sind deutschlandweit 2,5 Millionen Kinder aus bedürftigen Familien. Im Jerichower Land sind es laut Verwaltungs-Sprecher Henry Liebe gut 4000. Aber nur wenige Eltern haben bisher einen Antrag auf Leistungen gestellt.

Das ganze Prozedere ist heftig umstritten. Den Sozialverbänden passt der gesamte Organisationsaufbau nicht: Zu bürokratisch und zu aufwendig sei das Abrechnungsverfahren, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Durchgereicht vom Bund über die Länder bis zu den Kommunen ist das Gesetz in Kraft getreten, ohne dass die hiesige Verwaltung eine Chance hätte, die Umsetzung angemessen vorzubereiten. Kreissprecher-Liebe sagt auf Volksstimme-Anfrage: "Die Vorbereitungen zur Umsetzung des Bildungs- pakets sind noch nicht vollständig abgeschlossen."

Im Jerichower Land müssen Hartz-IV-Empfänger die Hilfen für ihre Kinder im Jobcenter des Landkreises beantragen. Dagegen ist die richtige Adresse für Bezieher von Sozialhilfe- oder Wohngeld (oder Kinderzuschläge) das Sozialamt.

Über dieses Programm bekommen Kinder Zuschüsse für Klassenfahrten, für Nachhilfeunterricht, fürs Mittagessen in der Schule oder die Mitgliedschaft in Sportvereinen und für andere Freizeitangebote gewährt. Das können sie rückwirkend bis zum 1. Januar dieses Jahres tun. Allerdings nur noch bis Ende April (über eine Fristverlängerung wird derzeit diskutiert).

Hat sich bei hiesigen Sport- oder Kulturvereinen bis jetzt ein Kind mit Bildungs-Gutschein angemeldet? "Bei der Kreismusikschule bisher noch niemand", sagt Henry Liebe.

"Die Resonanz ist bisher gleich null"

Die gleiche Erfahrung schildert Kreissportbund-Geschäftsführer Bernd Mittelstädt: "Die Resonanz ist bisher gleich null." Er hat noch ein weiteres Problem ausgemacht: "Viele Vereine wissen gar nicht, wie sie mit diesem Thema umgehen sollen." Mittelstädt will da jetzt massiv gegensteuern: "Auf der Sportbund-Tagung haben wir bereits informiert. Dies wollen wir in diesen tagen noch intensivieren."

Mittelstädt ist jedoch skeptisch: "Ich habe meine Zweifel, dass dieses bürokratische Monster tatsächlich den gewünschten Erfolg bringen wird." Jedoch soll es Mittelstädt zufolgen an den Sportlern nicht scheitern: "Die Vereine nehmen gern eine vermittelnde Rolle ein. Notfalls gehen sie mit einem Interessenten auch zum Amt und helfen beim Antrag."

Stichwort Antrag: Das Geld beispielsweise für eine Vereinsmitgliedschaft wird vom Amt in Form von Gutscheinen vergeben. Wert: Zehn Euro monatlich, also 120 Euro pro Jahr.

- Die Familie kann selbst entscheiden, wo sie diesen Gutschein einlösen möchte. Die Vereine rechnen das dann beim Landkreis ab. Familien müssen für jedes Kind die Leistungen einzeln beantragen.

- Kostenloses Mittagessen in Schulen: Die Bundesregelung sieht vor, dass Familien für jedes Kind einen Euro Eigenanteil pro Tag zahlen müssen. Tatsächlich können Eltern für ihr Kind pro Jahr 225 Euro für die Mittagsversorgung beantragen.

- Zusätzliche Lernförderung: Das Bildungspaket des Bundes sieht Geldleistungen vor, damit die Familien selbstständig Nachhilfe organisieren können, wenn die Versetzung eines Kindes gefährdet ist. Bis zu 400 Euro kann eine Familie pro Schüler und Jahr dafür in Anspruch nehmen. Ob das Geld tatsächlich ausgezahlt wird, will der Landkreis in jedem Einzelfall prüfen. Dazu gibt es auch ein Formblatt, das von der jeweiligen Schule ausgefüllt werden muss.

- Sport, Kultur und Freizeit: Jedes Kind bekommt laut Regelung des Bundes ein Zehn-Euro-Budget pro Monat. Die Jungen und Mädchen können das Guthaben nutzen, um in einem Sportverein mitzumachen, in Bibliotheken zu gehen oder sich einer Pfadfinder-Gruppe anzuschließen.

Wer das volle Budget ausschöpft, nimmt jährlich 120 Euro in Anspruch.

- Schulbedarf: Unter der Rubrik Schulbedarf können für Kinder- und Jugendliche jährlich maximal 100 Euro beantragt werden.

Zum persönlichen Schulbedarf gehören neben der Schultasche und dem Sportzeug auch Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien, wie Füller, Malstifte, Zirkel, Geodreieck und Radiergummi.