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Europäisches Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft eröffnet in Gerwisch eine neue Kita / Ziel der Initiatoren: Ab August soll es zweisprachige Kita geben

19.05.2011, 04:26

Das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft will in Gerwisch eine bilinguale, also eine zweisprachige Kinderbetreuungseinrichtung eröffnen. Mit Volker Prietz sprach für die Volksstimme Thomas Rauwald.

Volksstimme: Herr Prietz, Sie sind ein kompetenter Gesprächspartner für dieses Thema, da Sie für das Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft tätig sind. Sie leiten das Regionale Kompetenzzentrum in Burg.

Volker Prietz: Das ist richtig. Das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft, kurz EBG, hat es sich seit eineinhalb, zwei Jahren zur Aufgabe gemacht, betriebliche oder betriebsnahe Kindertagesstätten zu gründen. Das erfolgt in verschiedenen Regionen. In Aschersleben betreibt das Bildungswerk zum Beispiel einen Hort mit rund 130 Plätzen. Kitas sollen nun hinzukommen. Und diese Kindereinrichtungen sollen sich durch ihr Angebot von anderen deutlich unterscheiden. Wir verfolgen die Absicht, zweisprachige Kindertagesstätten zu führen. Und mehr oder weniger durch Zufall erfuhr ich davon, dass sich in Gerwisch für die beiden Gebäude der Kita "Sonnenschein" Veränderungen ergeben sollten.

Volksstimme: Die nun vollzogen sind.

Volker Prietz: Genau. Die Kinder aus dem Gebäude in der Straße des 1. Mai sind vor wenigen Wochen in die ausgebaute Kita am Eschenweg gezogen. In der Gemeinde und in der Verwaltung stellte sich nun die Frage, was mit dem leer gezogenen Gebäude passieren soll. Zugleich zeichnete sich ab, dass der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen zunimmt. Diese beiden Konstellationen sind zusammengeführt worden. Das Bildungswerk hatte Interesse an dem Gebäude signalisiert. Im März ist als Abschluss des gesamten Prozesses eine Vereinbarung zur Betreibung einer bilingualen Kindertagesstätte zwischen dem Bildungswerk und der Gemeinde getroffen worden.

Volksstimme: Sie sprachen vom zunehmenden Bedarf an Kita-Plätzen. Bemerken Sie den auch für die Spezifik der bilingualen Einrichtung?

Volker Prietz: Unbedingt. Die Kita wird eine Kapazität von 40 Plätzen haben. Das sind Krippen- und Kindergartenplätze. In der Gemeindeverwaltung liegen rund 40 Anmeldungen von Eltern vor, die ihre Kinder in Kindertagesstätten bringen möchten. Die neue, bilinguale Einrichtung wird ihren Beitrag dazu leisten, dass den Eltern geholfen werden kann. Es gibt unter den Anmeldungen zur Kinderbetreuung auch ganz ausdrückliche Wünsche, dass die Kinder die bilinguale Einrichtung besuchen sollen.

Volksstimme: Da stellt sich die Frage nach den Auswahlkriterien.

Volker Prietz: Das ist ganz einfach. Entscheidend ist die Reihe der Anmeldung. Es gibt keine Auswahlkriterien. Keine Kinder werden ausgeschlossen. Das Angebot gilt für alle. Sind die Plätze ausgebucht, kann kein Kind mehr aufgenommen werden.

Volksstimme: Herr Prietz, bitte erläutern Sie den Lesern das Prinzip einer bilingualen Kindereinrichtung.

Volker Prietz: In solchen Einrichtungen wird die Tatsache genutzt, dass im ganz frühen Kindesalter die Fähigkeiten zum Erlernen von Sprachen angelegt werden. Den Kindern fällt es überhaupt nicht schwer, zur gleichen Zeit deutsch oder zum Beispiel englisch - wie in unserer Kita geplant - sprechen zu lernen. In der Kindereinrichtung wird es mindestens eine Person geben, die Englisch als ihre Muttersprache spricht. Diese Erzieherin wird mit den Kindern ausschließlich englisch sprechen und das so genannte Immersionsprinzip anwenden. Das bedeutet, das tiefe Eintauchen in die Sprache. Die Sprache wird nicht wie im normalen Unterricht erlernt, sie wird gelebt. Die fremdsprachliche Kraft unterstützt das, was sie sagt, mit Zeigen und Gesten. Gibt sie einem Kind einen Ball, so sagt sie auf englisch dazu ¿Ich gebe dir einen Ball.\' Das Kind wird den Sinn begreifen, ohne die Vokabeln zu können. Genau auf diese Weise erlernen die Kindern in mehrsprachigen Familien die Muttersprache von Vater und Mutter parallel.

Volksstimme: Es gibt also keinen klassischen Sprachunterricht.

Volker Prietz: Auf keinen Fall. Die Kinder begreifen sehr schnell, welche Erzieherin englisch spricht und welche deutsch. Wenden sie sich an die betreffenden Personen, benutzen sie die entsprechende Sprache.

Volksstimme: Müssen die Eltern mit mehr Kosten rechnen als in anderen Kindergärten?

Volker Prietz: Es ist vereinbart worden, dass für alle Kindereinrichtungen in Gerwisch gleiche Bedingungen herrschen, was die Elternbeiträge angeht. Hier schreibt die Kita-Satzung für einen Krippenplatz 170 Euro und für einen Kindergartenplatz 160 Euro für ein Kind bei ganztägiger Betreuung vor. Überdies müssen die Personalkosten nicht zwangsläufig höher sein. Man muss nur das geeignete Personal auswählen, also eine ausgebildete Pädagogin, die eine andere Muttersprache spricht. Ein entsprechendes Team stellen wir für die Kita in Gerwisch jetzt zusammen. Dabei nutzen wir auch die eigenen Möglichkeiten. Denn das EBG bildet selbst Erzieherinnen aus. Es gibt aber auch Bewerbungen erfahrener Erzieherinnen, die wir berücksichtigen.

Volksstimme: Das klingt, als ob es bald losgehen würde.

Volker Prietz: Eigentlich hätte es am 1. Mai schon losgehen sollen. Aber die verzögerte Fertigstellung der auszubauenden Kita am Eschenweg hat das vereitelt. Nun ist der 1. August unser Wunschtermin. Das hätte den Vorteil, dass man mit Beginn eines Kita-Jahres startet.

Volksstimme: Kann das Bildungswerk noch mit anderen Vorteilen punkten?

Volker Prietz: Wir werden Öffnungszeiten von 6 bis 18 Uhr anbieten. Mit der Mehrsprachigkeit ist das Augenmerk auch auf Interkulturalität und Internationalität gerichtet. Außerdem wollen wir die mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Kinder besonders ausprägen helfen.