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Laustarker Auffrischungskurs an der Grundschule Biederitz gegen Gewalt und Missbrauch "Stopp, lassen Sie mich in Ruhe!"

Von Bernd Körner 03.06.2011, 04:29

Vereint gegen hinterhältige und äußerlich freundliche Mitschnacker! KiJu-Regionalleiter Marco Hillemann zieht mit seiner Mannschaft derzeit durch die Region Burg, um Grundschüler vorbeugend vor dem Schlimmsten zu bewahren - vor Gewalt und Kindesmissbrauch, eben vor Mitschnackern, wie die Kriminellen bei den Aufklärungsspielen genannt werden.

Biederitz. Anfang Mai machte Hillemann mit dem Sicherheitstraining für Kinder und Jugendliche in der Burger Pestalozzi-Grundschulen Halt, worüber in der Volksstimme zu lesen war, und vor wenigen Tagen nun in der Grundschule Biederitz.

KiJu ist ein bundesweiter Verein, der sich der Aufklärung der jüngsten und jungen Generation verschrieben hat. Marco Hillemann: "Es geht uns um das Trainieren und Üben zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung der Mädchen und Jungen." Seit 2002 gibt es die Kinder Jugend-Sicherheitsteams, woraus sich das Kürzel KiJu ableitet. "Ich bin seit 2006 dabei und verantwortlich für Schulungen in Sachsen-Anhalt und Nachbarland Brandenburg", erklärt der studierte Pädagoge. Das Jerichower Land ist keine unbekannte Größe für ihn. Grundschulen und Kitas in Burg und Genthin, aber auch in Möckern, Gommern, Gerwisch und eben Biederitz nehmen seine lebenswichtigen Dienste an.

Sein Trupp war am Montag zum zweiten Mal an der Grundschule Biederitz, nämlich zum Auffrischungskurs. "Ein Teil unserer Arbeit. Am Anfang steht der Grundkurs von vier Tagen mit jeweils zwei Schulstunden. Einige Monate später folgt der Auffrischungskurs, der einmalig über zwei Stunden dauert." Die Veranstaltungen bezahlen die Eltern. Seine Erfahrung ist die, dass sie das Geld gern berappen. Denn ihren Kindern wird pädagogisch fachgerecht beigebracht, wie sie sich gegen Gewalt schützen können und vor Versuchungen Unbekannter, sie sexuell missbrauchen zu wollen.

Die lautstarke Begeisterung der 52 Schüler der 3. und 4. Biederitzer Klassen, aufgeteilt in zwei Gruppen, für den sehr speziellen und außergewöhnlichen Unterricht war im und am Schulgebäude nicht zu überhören. Geschickt, kindgerecht, aber auch bestimmend brachte KiJu-Trainerin Ellen Hase ihre Gruppe quirliger Grundschüler in Erinnerung, was im Grundkurs bereits gelernt worden war.

"Was macht ihr, wenn euch ein Fremder oder eine Fremde ansprechen und verdächtig näher kommen?", wollte sie wissen. Die Lösung ist unüberhörbar: "Stopp, lassen Sie mich in Ruhe!" Der Satz soll laut wie nur möglich herausgeschrieen werden und unbedingt mit der Anrede "Sie". Erstens sollen die plötzliche Anbiederung möglichst viele Leute mitbekommen und zweitens das "Sie" der Umwelt klarmachen, dass hier keine Verwandter oder Bekannter das Kind anspricht. Ellen Hase ließ jedes Kurskind den Brüllsatz üben, auch wenn sie sich vor manchen Warnschrei die Ohren zuhalten musste.

"Ich muss eine Gefahr sofort erkennen", hieß ein nächster Antibedrohungsslogan. Die Kinder wussten noch aus dem Grundkurs, dass sie ihr sofort aus dem Weg gehen sollten. Beispiel Straßenbahn, was gespielt wurde. Ellen mimte eine betrunkene Mitfahrerin, der Kind vom Sitzplatz vertreiben wollte. "Auf keine Diskussion einlassen, aufstehen, den Platz in der Bahn wechseln und Schutz bei Großen suchen", wussten die Schüler noch bestens und spielten so auch die Fahrgastrolle durch.

Wie aber sich wehren, wenn der lästige Unbekannte versucht, das umworbene Kind an der Hand wegzuzerren? "Richtig, kurzerhand kräftiger Tritt an das Schienbein des Erwachsenen. Der wird über die Gegenwehr so erschrocken sein, dass er euch verblüfft, schmerzverzerrt loslässt und ihr schnell weglaufen könnt", freut sie sich über das erwartete Echo aus der jungen Kursrunde. Das war der einzige Punkt, mit dem auf notwendige Gewalt gesetzt wurde. Ellen Hase: "Ansonsten bleibt es wie abgesprochen. Keinerlei Gewalt im Klassenraum, auf dem Schulhof, auf der Straße oder Zuhause!" Zustimmendes "Klar!" und Kopfnicken...