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Holocaust-Gedenktag war Projektthema in der Burger Clausewitz-Schule Lernen von Auschwitz: Es kommt auf jeden Einzelnen an

Von Roland Stauf 03.02.2012, 05:25

Burg l Schüler der Burger Europaschule "Carl von Clausewitz" beschäftigten sich zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar mit der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Zu Gast an der Schule war Dietmar Päschel, Theologiedoktorand aus Dresden, der während seines Studiums in Leipzig, Heidelberg und in Friedensau auch eine jüdische Hochschule besuchte. Er forscht seit Jahren zum Judentum und zur Judenverfolgung.

Päschel betrachtete gemeinsam mit jungen Leuten von zwei 10. Klassen der Schule, wie die Judenverfolgung mit kleinen Schikanen anfing und wie die Ausgrenzung und Diskriminierung ständig zunahm. Das Projekt wurde gemeinsam von engagierten Lehrern der Clausewitz-Schule, der Stadtbibliothek "Brigitte Reimann" und dem Büro zur Förderung von Demokratie und Vielfalt initiiert.

Wie schnell Menschen im Alltag benachteiligt werden können, erlebten die Schüler in einem Rollenspiel. Die Teilnehmer mussten entscheiden, ob Sätze zu Alltagssituationen für sie zutreffen. "Ich kann im Dunkeln ohne Angst über den Rolandplatz gehen." - "Im Supermarkt tuscheln die Leute nicht über mich und lassen keine Bemerkungen über mich fallen." Einige der Schüler sollten dabei die Sätze nicht für sich selbst beantworten, sondern in die Rolle eines Türken und eines Somaliers schlüpfen, die heute in Burg leben. Wer den Sätzen zustimmen konnte, durfte einen Schritt nach vorn gehen. Schnell wurde deutlich, dass die Schüler am weitesten nach vorn kamen, die die Sätze für sich selbst beantworten sollten.

Diejenigen, die einen Somalier und einen Türken spielten, blieben dagegen mehrere Schritte zurück. Ihnen war eine Reihe von Dingen nicht möglich, die für die anderen Schüler selbstverständlich war. Für die meisten Schüler war es überraschend zu sehen, an welchen Stellen im Alltag Menschen diskriminiert werden.

Um zu erfahren, was Juden in der NS-Zeit zu erdulden hatten, widmeten sich die Schüler der Autobiographie "Die Nacht" von Elie Wiesel. Der spätere Friedensnobelpreisträger berichtet in seinem Buch auf eindrucksvolle Weise von der Deportation in Viehwaggons, der Trennung von seiner Familie, der brutalen Behandlung in Auschwitz und schließlich von dem langen Todesmarsch nach Buchenwald. Abschließend gingen die Schüler der Frage nach, ob die Welt aus dem Holocaust gelernt und sich gebessert hat. Als Wiesel vor wenigen Jahren gemeinsam mit Angela Merkel und Barack Obama nach Buchenwald zurückgekehrt war, meinte der Holocaust-Überlebende, dass die Welt nichts gelernt habe. Ob Wiesel damit recht hat, war für die Schüler fraglich. Kriege und Menschenrechtsverletzungen in der Gegenwart sprächen gegen eine Besserung der Welt.

Andererseits gebe es viele Bemühungen, dass Menschen in Würde und friedlich zusammenleben können. Letztlich, so wurde am Ende des Projekts festgestellt, kommt es auf jeden Einzelnen an, ob die Welt von Auschwitz gelernt hat.