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Laufbahnempfehlung seit diesem Schuljahr nicht mehr verbindlich / Mit Burger Schulleitern im Gespräch Gymnasium oder Sekundarschule? Entscheidung liegt jetzt bei den Eltern

Von Kristin Schulze 04.02.2012, 04:23

Die Burger Viertklässler bekamen gestern nicht nur Zeugnisse, sondern auch Laufbahnempfehlungen. Gymnasium oder Sekundarschule - das letzte Wort in dieser Entscheidung haben nicht mehr die Lehrer, sondern wieder die Eltern.

Burg l Das Aus für die verbindliche Laufbahnempfehlung wurde im April 2011 von der Landesregierung beschlossen. Das heißt, jedes Kind darf auf das Gymnasium - ob von der Klassenkonferenz empfohlen oder nicht. War im vergangenen Jahr in diesem Fall noch ein Eignungstest Zugangsvoraussetzung, sind die Grenzen nun offen. Was bedeutete das für die Burger Schullandschaft? Ein übervolles Roland-Gymnasium, leere Sekundarschulen und überforderte Fünftklässler?

Helga Hofmann, Schulleiterin der Albert-Einstein-Grundschule, schätzt die Sachlage optimistischer ein. "Die Eltern nehmen die Beratung der Grundschule an und ernst. Bis auf wenige Ausnahmen richten sie sich nach unserer Empfehlung." Wichtig sei die Kommunikation zwischen Lehrern und Eltern. "Dann ist es egal, welche von beiden Parteien das letzte Wort hat", sagt Hofmann. Und: "Ich finde die neue Variante besser, so wird den Kindern der Schuleignungstest erspart." Diesen Test mussten in der Vergangenheit die Kinder machen, die ohne Empfehlung auf das Gymnasium wollten. "Das war nicht die ideale Lösung", meint die Pädagogin. "Stress und Ängste sind bei so einem Test vorprogrammiert." Der Wegfall einer verbindlichen Laufbahnempfehlung erhöht die Verantwortung der Eltern. "Die Entscheidung für das Gymnasium muss gut durchdacht sein", sagt Helga Hofmann, "denn Überforderung in der Schule kann psychische Störungen, Frust und Stress zur Folge haben." Einen Ansturm aufs Gymnasium wird es ihrer Meinung nach nicht geben, "weil sich die meisten Eltern nach der Empfehlung richten. Die Eltern, die ihr Kind unbedingt am Gymnasium sehen wollen, haben das auch früher geschafft - zur Not mit einer Klage gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz."

Erfahrungswerte: Eltern richten sich nach Empfehlung

Am Burger Gymnasium sieht man dem kommenden Schuljahr ebenfalls gelassen entgegen. "2006 wurde die Laufbahnempfehlung verbindlich, vorher war der Elternwille entscheidend. Zu dieser Variante sind wir nun zurückgekehrt", fasst Dr. Malte Theuerkauf zusammen. Und: "Ich begrüße das." Wichtig ist die Kommunikation mit den Eltern, betont der Schulleiter des Roland-Gymnasiums. "Wir gehen in die Grundschulen und erklären den Eltern, was eine gymnasiale Laufbahn bedeutet."

Die verbindliche Laufbahnempfehlung krankte seiner Meinung nach vor allem am Eignungstest. Der bestand aus Deutsch- und Matheprüfung so wie einem Gruppengespräch. "Organisatorischer Aufwand für die Schulen und Stress für die Kinder", bilanziert Theuerkauf.

"Auch bevor es die verbindliche Laufbahnempfehlung gab, kamen wenige Kinder ohne Empfehlung zu uns." Laut Theuerkauf ein Indiz dafür, dass die Eltern die Hinweise der Grundschullehrer sehr ernst nehmen. Zu recht: "Von den Kindern, die ohne Empfehlung kommen, gehen 50 Prozent wieder, die meisten in Klasse 8 oder 9."

Theuerkauf nimmt aber auch die Angst vor dem Scheitern: "Ich finde das gar nicht so schlimm. Diese Schüler profitieren doch von den erlebten Schuljahren auf dem Gymnasium."

Ein Übergang zum Gymnasium ist nach der vierten, sechsten, achten und zehnten Klasse möglich. Aber: "Je später die Schüler zu uns kommen, umso größer ist das Pensum, um zum Niveau des Gymnasiums aufzuschließen."

Wolfgang Faßl ist Schulleiter an der Burger Sekundarschule "Diesterweg". "Die verbindliche Laufbahnempfehlung war meiner Meinung nach die bessere Variante, weil der Zulauf zum Gymnasium und somit auch zur Sekundarschule besser kanalisiert wurde." Auch er bestätigt, dass es viele vernünftige Eltern gibt. Aber es gäbe eben auch andere Fälle. Für sie wird es nun deutlich einfacher, ihre Kinder aufs Gymnasium zu schicken. "Die meisten, die es ohne Empfehlung versuchen, kommen in der 8. oder 9. Klasse zu uns an die Sekundarschule." Seine Befürchtung: Zu wenig Schüler an den Sekundarschulen, zu viele am Gymnasium.

Sekundarschule verbaut keine Wege, sondern öffnet Türen

Wichtig für Faßl: "Mit der Entscheidung für die Sekundarschule werden keine Wege verbaut." Die Diesterweg-Ganztagsschule bietet Betreuung von 6.30 bis 15.15 Uhr und hat viele Angebote - von Hausaufgabenbetreuung über Computer-, Streitschlichter- bis zur Französisch-Arbeitsgemeinschaft. Auch Faßl betont, wie schwierig es ist, zu einem späteren Zeitpunkt an das Gymnasium zu wechseln. "Ein Übergang nach der sechsten Klasse oder gar noch später ist selten von Erfolg gekrönt."

In einem Punkt sind sich die Schulleiter einig: Die Entscheidung gegen die verbindliche Laufbahnempfehlung ist gefallen, jetzt gilt es, das Beste daraus zu machen.