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Ein Streckenplan verbindet 14 Mühlenstandorte unseres Landkreises Von Mühlenflügeln, Ausflugsgaststätten, Wasserrädern und Müllerstöchtern

Von Falk Heidel 20.03.2012, 04:15

Seit 1815, also fast 200 Jahre, steht die Mützeler Bockwindmühle auf dem Mollberg bei Genthin. Das Baudenkmal ist eines von 14 Mühlen im Jerichower Land. Sie alle lassen sich einzeln oder per Mühlentour entdecken.

Parchen/Mützel/Gütter l Der älteste Windmühlentyp in Europa ist die Bockwindmühle. Sie lässt sich seit dem 12. Jahrhundert nachweisen. Im Jerichower Land gibt es vier Exemplare: In Parchen, Hohenwarthe, Gütter und Mützel. Letzteres feiert im Jahr 2015 das 200-jährige Bestehen. Hier ist noch alles so wie vor Jahrzehnten, als in Mützel noch Mehl gemahlen wurde. Technik der Vorväter, die bis heute begeistert. Der Heimatverein hatte sich vor Jahren das Ziel gesteckt, in der Mützeler Mühle zu Schauzwecken wieder Mehl zu mahlen, musste diese Pläne aber aufgeben. Die hygienischen Bestimmungen könnten mit der alten Technik und sporadischem Einsatz der Maschinen nicht eingehalten werden.

Ähnlich das Exemplar in Parchen mit einem 350 Kilogramm schweren Mahlstein und einer 4,5 Tonnen schweren Königswelle auf die Mühle gehoben. "Das ist das Herz der Mühle", erklärt Ortschronist Günther Schulenburg wenn er seine Besucher durch das Wahrzeichen führt. Seit 1993 kümmert sich der Parchener Heimatverein um die Bewirtschaftung der Mühle und des Geländes. In den Jahren 1982 bis 86 sind die Flügel von einem Mühlenbauer aus Schwerin erneuert worden. Schulenburg zufolge kam die Bockwindmühle 1840 mit 40 Pferdefuhrwerken in Einzelteilen aus der Altmark nach Parchen. Letzter Müller war Ernst Knaak, der die Mühle bis 1965 betrieb. Parchens Bürgermeister Franz Einecke hat die Windmühle 1974 dem Besitzer Oskar Meye für die Gemeinde abgekauft.

Außer den Bockwindmühlen gibt es in unseren Breiten vor allem Holländerwindmühlen, Paltrockwindmühlen und Wassermühlen. "Sie sind Zeugen unserer uralten Technikgeschichte. Mit solchen Beispielen lässt sich unsere Historie glänzend dokumentieren", meint Marina Conradi von der Genthiner Tourist-Info. In ihrer Einrichtung gibt es unter anderem Broschüren zur Thematik, auch Beispiele für ganz individuelle Mühlentouren. Zu sehen ist dort unter anderem die Mühle in Gütter, dessen Grundstein 1902 Wilhelm Zänker legte. Er ließ sich als Müllermeister mit seiner jungen Familie im Ort nieder, arbeitete 30 Jahre mit einer Wassermühle und baute dann 1932 mit seinem Sohn Willi eine moderne, strombetriebene Motormühle im selben Ort.

Wieder eine Generation weiter übernahm Sohn Dieter Zänker die Mühle als privater Handwerksmeister in der DDR. Er hatte es mit viel Mühe und Zähigkeit geschafft, die Mühle in privater Hand zu behalten und belieferte die Bäckereien mit Mehl. 1992 war es nicht der Müllersohn, der die Mühle übernahm und modernisierte, sondern der Schwiegersohn mit der Müllerstochter.

Auf dem Weinberg befindet sich die Hohenwarther Bockwindmühle. Bereits 1620 gab es die erste Windmühle auf dem Berg. Die jetzige Bockwindmühle wurde für den Ort Drakenstedt gebaut. Manfred Ulrich kaufte diese im Jahre 1984, nahm sie auseinander und montierte sie 1985 am Standort "Weinberg" wieder. Die Mühle ist 400 Jahre alt.

Nicht minder spannend ist die Geschichte der hiesigen Wassermühlen. Beispiel Schermen. Mindestens seit 1906 mahlte Müller Bock laut Überlieferung das Getreide für die Schermener Bauern. 1905 ist das Gebäude in die Ausflugsgaststätte "Bocks-Mühle" umgewandelt worden. Wilhelm Westphal ist derzeit Besitzer. Seit 1973 lebt er dort, 1977 hat er die Mühle gekauft und seit 1991 ist es wieder eine Gaststätte. Der 60-Jährige hat vor der Wende die alte Mühle erworben, da war nur noch die Welle vorhanden, das Rad hat er neu bauen lassen. Für die Atmosphäre seines Restaurants war es ihm wichtig, dass sich das Rad dreht und das Wasser darüber läuft. Er plant, "die Mühle wieder zu aktivieren und mit dem Mühlenrad den Strom für die Gastronomie zu erzeugen".