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Ehemalige Erbauer treffen sich in Zabakuck / Höhepunkt ist Konzert der Gruppe City "Für mich ist das Trassentreffen Pflicht"

Von Mike Fleske 21.05.2012, 05:37

Mehrere Hundert ehemalige Trassenbauer trafen sich am Wochenende zum 30-jährigen Jubiläum der Erdgastrasse. Die Teilnehmer erinnerten sich an einen besonderen Abschnitt ihres Lebens und nahmen zum Teil weite Reisen in Kauf.

Zabakuck l "Ich bin noch heute stolz auf meine Arbeit", sagt Ralf Jäger aus Burg. So wie dem 52-Jährigen ging es vielen Teilnehmern des Treffens. Über 250 ehemalige Trassenbauer kamen in Zabakuck zum diesjährigen Jubiläum zusammen. Viele trieb einst die Abenteuerlust in die Tausende von Kilometer entfernten Arbeitsstätten. "Ich wollte etwas erleben, bei dem man sagt, da kommt so schnell keiner hin", meint auch Jäger. Er hatte sich für die Arbeit in der Sowjetunion beworben und begann 1986 im sibirischen Bada als Baumaschinenfahrer.

Die Arbeit ist hart gewesen, erzählt er. Zwölf-Stunden-Schichten waren die Regel. "Nach 14 Tagen Nachtschicht war man froh mal wieder Sonne sehen zu können." Alle drei Monate gab es vier bis sechs Wochen Urlaub. Es sei dennoch eine fantastische Zeit gewesen.

Jäger warb sogar einen Bekannten für die Arbeit. Gerald Specht verbrachte ab 1988 zwei Jahre an der Trasse als Kraftfahrer. Der Burger hat ebenfalls gute Erinnerung an die Zeit. "Die Kollegialität war etwas ganz besonderes", sagt Specht. Noch heute gäbe es einen großen Zusammenhalt unter den ehemaligen Trassenbauern.

Das beweist auch Viola Schicker, sie hat sogar den weiten Weg von Trinidad und Tobago auf sich genommen, um in Zabakuck dabei zu sein. Die 48-Jährige ist seit Jahren mit ihrem Lebensgefährten auf Weltumseglung. "Das Wasser ist unser zu Hause", sagt sie. Ihr Lebensgefährte habe einst ein Schiff gebaut, seitdem sie ihn vor acht Jahren kennengelernt hat, sind die Beiden gemeinsam unterwegs. Das Paar war bereits in Brasilien, Argentinien und Uruguay. "Wenn es uns irgendwo gefällt, bleiben wir länger." Derzeit seien sie daher in Trinidad, wohin sie nach einigen Besuchen von Verwandten und Bekannten Anfang Juni wieder zurückkehren werde.

Abenteuerlustig und kurz entschlossen war Schicker auch schon früher. "Ich habe zu DDR-Zeiten bei der staatlichen Versicherung gearbeitet, als ich gefragt wurde, ob ich an die Trasse gehen möchte." Die junge Frau sagte für zwei Jahre zu. Später blieb sie fünf Jahre. "Ich war damals an der Kasse und habe beispielsweise Verpflegungsgeld ausgezahlt." Auch für sie sei es ein besonderer Lebensabschnitt gewesen. "Ich habe mir sogar ein Buch über die Erdgastrasse gekauft, um Bekannten zu zeigen, wo ich dabei war", erzählt sie begeistert.

Die jährlichen Treffen seien eine einmalige Sache, die sie nicht missen möchte. Die Wiedersehensveranstaltung ist auch für Andere ein fester Termin im Jahreskalender. "Für mich ist das Trassentreffen Pflicht", sagt Jochen Stemmler aus Hohenstein-Ernstthal in Sachsen.

"Nur wenn ich den Kopf unter dem Arm tragen würde, käme ich nicht", macht der 53-Jährige deutlich. Er hatte sich einst als Trassenarbeiter beworben und wurde als Schweißer eingesetzt. "Ich habe es nie bereut", sagt er. Trotz Schnee und sibirischer Kälte im Winter und den ungnädigen Mücken im Sommer. Stemmler kam 1989 nach vier Jahren in die Heimat zurück. "Ich wollte meinen Sohn aufwachsen sehen." Auch ihn hat er zum Jubiläum mitgebracht, das seinen Höhepunkt im Konzert der Rockgruppe City am Freitagabend fand.

Die Band bewies gleich mit dem ersten Stück "Für immer jung" vom neuen Album, dass sie noch immer richtig loslegen kann. "Das passt zu euch", rief Sänger Toni Krahl den Besuchern zu. "Ihr werdet auch nicht älter." City präsentierten einen Querschnitt durch ihr Repertoire, bei dem auch Stücke wie "Glastraum" oder "Casablanca" aus den 80ern oder "Lieben und Lieben lassen" aus dem Jahr 1997 Musik aus einem Guss.

Selbst Coverversionen wie Bettina Wegeners "Sind so kleine Hände", fügten sich nahtlos in das Programm ein. Besondere Stimmung kam immer dann auf wenn Georgi Gogow zur Geige griff und für den City-typischen Folkrocksound sorgte. Natürlich musste auch das Zabakucker Publikum für das traditionelle Foto von der Bühne herhalten. Am Ende kochte die Stimmung beinahe über, als die ersten Töne des 1977er Hits "Am Fenster" erklangen. Damit wurde zwar das Konzert beendet. Aber nicht die lange Partynacht der ehemaligen Trassenbauer.