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Bürger irritiert von Plänen zur Lichtabschaltung Gerwisch und Biederitz zurück ins Mittelalter?

Von Thomas Höfs 16.11.2012, 02:07

Die beschlossene Abschaltung der Straßenbeleuchtung ab 23 Uhr in Gerwisch und Biederitz ruft den Ärger der Bürger hervor. Einige Anrufer fühlen sich an das Mittelalter erinnert.

Biederitz/Gerwisch l Die vom Biederitzer Gemeinderat mehrheitlich beschlossene Abschaltung der Straßenbeleuchtung in allen Ortsteilen der Einheitsgemeinde stößt auf wenig Sympathie bei der Bevölkerung. In der Zeit von 23 bis 4.30 Uhr soll es in den Orten dunkel werden.

Marlies Karpstein aus Gerwisch meldete sich gestern dazu in der Lokalredaktion: "Ich bin gegen die Abschaltung. Vor rund zweieinhalb Jahren wurden der Breite Weg saniert und die Laternen erst aufgestellt. Die Grundstückseigentümer mussten sich an den Kosten für die Fuß- und Radwege beteiligen und auch die Laternen mit bezahlen. Und nun ist es dort total finster? Beängstigend."

Nicht einer der Leser, die sich gestern meldeten, konnte der Abschaltung der Straßenbeleuchtung etwas Positives abgewinnen.

Gegen eine Abschaltung sprach sich ebenso Christl Strobach aus Biederitz aus. Sie schließe sich der Meinung der Gerwischer Ortsbürgermeisterin komplett an, sagte sie am Telefon. Bürger, die nachts von einer Feier kämen, müssten sehr vorsichtig gehen, weil die Fußwege nicht überall in Ordnung seien. Sie sprach sich dafür aus, andere Sparmaßnahmen zu suchen, als ausgerechnet die Straßenbeleuchtung abzuschalten. Außerdem rechnet sie mit einem Anstieg der sowieso schon hohen Kriminalität.

Ulrike Röhle aus Biederitz sprach sich ebenfalls gegen die völlige Dunkelheit aus. "Die stockfinsteren Straßen sind für Fußgänger beängstigend. Außerdem sollte man so eine zivilisatorische Errungenschaft wie die Straßenlampen nicht abschaffen. Sie sind unter anderem sehr wichtig in puncto Sicherheit. Vielleicht sollte jede zweite Lampe leuchten", meinte sie.

Bernd Wiesner aus Gerwisch dachte zunächst an einen Aprilscherz, als er über die Lampenabschaltung las, bekannte er am Lesertelefon. Da könnte die Gemeinde auch wieder einen Nachtwächter einstellen, der auf den Straßen patrouilliere, schlug er vor. Für ihn stellt sich die Frage, warum erst Straßenlampen aufwändig und teuer erneuert werden und dann für ihren eigentlichen Bestimmungszweck nicht benutzt werden. Er ist ebenso wie andere Bürger der Meinung, dass das Licht reduziert werden könnte, "indem jede zweite Lampe abgeschaltet wird". Generell sollte die Beleuchtung aber nicht ausgeschaltet werden.

Auf die Schippe nahm Hellmut Liesegang den Gemeinderatsbeschluss. Der Gerwischer fordert für die Abschaltung wieder einen Nachtwächter in den Ortschaften. Sonst könne er dem Vorhaben nur wenig abgewinnen.

Für Steffi Priese aus Gerwisch stellt sich die Frage, warum für andere Vorhaben in der Gemeinde Geld vorhanden ist, wenn es für die Straßenbeleuchtung nicht einmal reicht. So verweist sie auf das Anglerheim in Biederitz. Das soll ausgebaut werden. Zwar gebe es dafür Fördermittel. Dennoch muss die Gemeinde auch einen beträchtlichen Teil dazugeben. Das für das Anglerheim verplante Geld hätte sinnvoller in moderne Beleuchtungstechnik auf Basis der sparsamen Leuchtdioden gesteckt werden sollen. "Dann hätten alle Bürger etwas davon gehabt."

Der Gemeinderat hätte vor seinem Beschluss auch mögliche Alternativen abwägen sollen, wie die Abschaltung jeder zweiten oder dritten Straßenlampe, meinte sie.

Für den Biederitzer Gemeinderat ist das Thema in Zukunft noch nicht vom Tisch. Die Volksvertreter werden sich weiter damit beschäftigen. Und hinter den Kulissen befasst sich die Verwaltung intensiv mit den Möglichkeiten der Kostenreduktion bei der nächtlichen Beleuchtung der Ortschaften.

Allerdings kosten alle Varianten zunächst einmal Geld. Offenbar zu spät hat sich die Verwaltung überhaupt mit dem Thema befasst. Die Bürger treiben derweil noch andere Fragen rund um die Beleuchtung um, die gestern ebenfalls zur Sprache kamen: Wie verhält es sich beispielsweise mit Schadenersatzansprüchen, wenn einem Bürger nachts auf öffentlicher Straße ein Unfall passiert, der mit Beleuchtung verhindert worden wäre? Kann die Gemeinde einfach das Licht abschalten oder hat der Bürger vielleicht sogar einen Anspruch auf die Beleuchtung?

Ein weites Feld für Juristen. Die Einwohner bleiben einstweilen trotzdem im Dunkeln sitzen. "Vielleicht führt die aktuelle Diskussion aber auch zu neuen Überlegungen und neuen Innovationen", meinte ein Gerwischer. Schließlich treibe Bürgermeister Kay Gericke (SPD) die Idee der energieunabhängigen Gemeinde um. Die in den Ortschaften gebrauchte Energie sollte auch vor Ort erzeugt werden, ist er überzeugt. Außerdem soll die Energie in Zukunft preiswert und bezahlbar für alle sein. Dann dürfte auch die Straßenbeleuchtung in der Gemeinde kein Thema in der Zukunft mehr sein.