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Die schwierige Suche einer Ingenieurin nach einem Arbeitsplatz "Wir möchten eigentlich hierbleiben"

Von Ilka Marten 02.01.2014, 02:15

Der Frust ist groß, aber ihr Optimismus ist es auch noch. Melanie Nickel aus Kloster Neuendorf sucht seit mehr als zwei Jahren nach einer passenden Stelle in der Region. Dabei hat sie schon einiges erlebt, sogar den Vorschlag gehört, doch noch ein anderes Studium zu beginnen.

Kloster Neuendorf l 30 Jahre alt, erst eine Ausbildung, danach ein Studium und im Anschluss eine mehrjährige Tätigkeit in München und Leipzig im studierten Fach - ideale Vo-raussetzungen für ein langes, erfolgreiches Berufsleben. Schließlich werden Fachkräfte gerade in strukturschwachen Bereichen wie der Altmark gesucht. Doch Melanie Nickels Erfahrungen in der hiesigen Region sind da andere. Ihren Optimismus hat die junge Frau, die aus dem Leipziger Land stammt und der Liebe wegen in die Altmark zog, dabei jedoch keinesfalls verloren.

"Das Wort Fachkräftemangel kann ich nicht mehr hören."

Seit mehr als zwei Jahren sucht sie inzwischen nach einer passenden Stelle. Bewerbungen hat die Diplomingenieurin für Biotechnik schon von Arendsee bis Magdeburg und von Arneburg bis Wolfsburg geschickt. "Das Wort Fachkräftemangel kann ich nicht mehr hören", sagt die Mutter eines kleinen Sohnes, die zusammen mit ihrem Lebensgefährten Thomas Grzywotz in Kloster Neuendorf lebt.

Gerade auf Initiativbewerbungen sei die Quote extrem ernüchternd gewesen, berichtet sie. Insgesamt nur zwei Bewerbungsgespräche seien dabei herausgekommen. Bei anderen Bewerbungen hörte sie oft, "dass ich ein interessantes Profil habe", aber dann doch der Tick fehlte, dass sie die Einstellung bekam. Mit ihrem Berufsbild kann sie in der Phar- mabranche, der Abfallwirtschaft, der Lebensmittelbranche oder etwa auch im Bereich der grünen Gentechnik arbeiten. Biotechnologie sei fächerübergreifend, ein moderner, aber nicht völlig ungewöhnlicher Studiengang, sagt Nickel.

"Aber mein Beruf macht mir Spaß, ich möchte nichts anderes machen."

Schon im Herbst 2011, als sie in ungekündigter Stellung in Leipzig arbeitete, meldete sie sich bei der Gardeleger Agentur für Arbeit als arbeitssuchend, um Angebote zu bekommen. Besonders frustrierend war bei einem Gespräch bei der Agentur der Vorschlag, ob sie nicht noch etwas anderes studieren möchte. "Aber mein Beruf macht mir Spaß, ich möchte nichts anderes machen", betont die junge Frau.

Wenig hoffnungsvoll waren bislang auch die Aussichten bei einem privaten Arbeitsvermittler. Wer ohne Vermittlungsgutschein dorthin kommt, darf erst mal selbst Bares auf den Tisch legen - und "wenn man dann gesagt bekommt, dass mehr als 1000 Euro netto für eine Frau nicht drin sind, muss man schon schlucken". Dabei kennt Nickel auch die Seite der Unternehmen, saß selbst bei Gesprächen auf der Seite, die über die Einstellung eines Bewerbers entschied. "Ich kann in gewisser Weise auch nachvollziehen, dass am Ende gerechnet wird, aber wenn die Unternehmen so gar kein Geld für Fachkräfte ausgeben, dann muss nicht in jedem zweiten Satz über Fachkräftemangel und Abwanderung gejammert werden."

"Da habe ich schon gedacht, ich lese nicht richtig."

Fast nur noch mit Humor war da zu ertragen, dass sie eine Initiativbewerbung bei einem großen altmärkischen Unternehmen ohne Weiteres zurückerhielt, aber wenige Tage später von der Agentur für Arbeit den Hinweis bekam, dass sie sich bei genau dieser Firma über zwei Personaldienstleister bewerben solle. "Da habe ich schon gedacht, ich lese nicht richtig", sagt Melanie Nickel.

Andererseits fiel ihr schon mehrfach ihr Studium auf die Füße, weil es hieß, sie sei überqualifiziert. "Das nehme ich ja wissentlich in Kauf, wenn ich mich auf eine Laboranten- oder Assistentenstelle bewerbe", sagt Nickel. Auch finanzielle Abstriche würde sie dafür hinnehmen. In Dessau hätte sie schon dreimal anfangen können, in Leipzig stehen ihre Chancen auch deutlich besser: "Aber ich fühle mich hier wohl, mein Freund ist hier verwurzelt - wir möchten eigentlich hierbleiben." Auch, weil der Krippenplatz sicher sei und Oma und Opa zur Betreuung des Nachwuchses bereitständen. Wenn es jedoch gar nicht anders geht, wird wohl eine junge Familie die Altmark in Richtung Leipzig verlassen.

Das neue Jahr beginnt für Melanie Nickel immerhin hoffnungsvoll: mit einem Einstellungsgespräch.