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Volksstimme-Interview mit Werbestrategin Bärbel Boy über grüne Wiesen und Reize der Altmark "Wir stehen eher für mutige Ansätze"

23.01.2014, 01:16

"Die Altmark - Grüne Wiese mit Zukunft" - der Slogan der neuen Marketingkampagne für die Region hat zahlreiche Reaktionen ausgelöst: Von Ablehnung bis Zustimmung. Marc Rath fragte dazu Bärbel Boy, Inhaberin der gleichnamigen Agentur und strategischer Kopf dieser Kampagne.

Volksstimme: Etliche Altmärker äußern sich skeptisch bis ablehnend zu der von Ihrer Agentur entworfenen Kampagne. Haben Sie das erwartet?
Bärbel Boy: Ja, das haben wir. Wenn das nicht so wäre, könnte sie auch nicht erfolgreich werden, denn dann hätte sie kein ausreichendes Polarisierungspotenzial.

Im Übrigen: Sie können beim Standortmarketing darauf wetten, dass es eine Gruppe von Leuten gibt, die damit nicht leben kann. Die überaus erfolgreiche Kampagne "Wir können alles außer Hochdeutsch" von Baden-Württemberg ist am Anfang sehr kontrovers diskutiert worden. Sie war zuerst Sachsen angeboten worden, die haben sie abgelehnt.

Volksstimme: Die "Grüne Wiese" steht auch für Friedhof und einen Cocktail. Ist dieses Bild damit nicht ungeeignet?
Boy: Wir beziehen uns auf eine Redewendung, die für Freiräume bei der Gestaltung steht. Auf einer grünen Wiese lässt sich etwas völlig Neues entwickeln. Das wollen wir mit dem Slogan und den Motiven hervorheben.

"Eine solche Kampagne darf nicht anschmiegsam daher kommen."

Volksstimme: Wie sind Sie auf diesen Slogan gekommen?
Boy: Wir sind letztendlich darauf gekommen, weil wir es ganz wörtlich genommen haben: In der Altmark gibt es viel Grün vor der Haustür. Unsere Befragungen haben zudem eindeutig ergeben, dass die Kampagne auf viel Raum für Entfaltung und die grüne Natur als herausstellende Merkmale abheben sollte.

Volksstimme: Welche Alternativen gab es in der Konzeptionsphase?
Boy: Wir haben kontrovers diskutiert. In diesem Rahmen gab es zwei weitere Alternativen. Wenn eine Entscheidung gefallen ist, gehört es bei uns aber auch dazu, dass die anderen nicht genannt werden.

Volksstimme: Warum sind diese dann verworfen worden?
Boy: Die boten beide zu wenig Widerstand - sie waren zu glatt. Entschieden hat am Ende die Projektgruppe. Aus unserer Sicht hat sie die richtige Wahl getroffen. "Grüne Wiese mit Zukunft" war der vielversprechendere Slogan, der langfristig die größten Erfolgschancen hat. Wir stehen eher für mutige Ansätze. Man hat sich das auch von uns gewünscht.

Volksstimme: Wen soll diese Kampagne erreichen?
Boy: Die Altmark soll nach draußen bekannter werden. Die Zielgruppen hat man uns konkret vorgeben: Menschen, die als Touristen, Ausflügler, Arbeitssuchende, Investoren oder zur Fortbildung in die Altmark kommen sollten. Aber auch junge Menschen, die direkt nach Schule, Ausbildung oder Studium in die Altmark kommen oder hier bleiben wollen.

Eine solche Kampagne funktioniert nicht, wenn sie sehr anschmiegsam daher kommt, sondern nur, wenn sie einen Widerhaken setzt. Es ging um einen selbstbewussten Auftritt. Dabei durften wir nichts versprechen, was eine Region nicht halten kann. Daher haben wir vorher die Altmärker gefragt, wie sie sich sehen.

Volksstimme: Warum glauben Sie, dass die Kampagne insbesondere bei Großstädtern funktioniert?
Boy: Der mutiger Ansatz vermittelt Großstadtmenschen, dass da eine Sehnsucht befriedigt werden kann. Viele werden die Altmark schätzen, weil es da so schön leer ist. Hier herrscht noch ein Stück heile Welt. Das ist schon attraktiv - es gibt viel Raum zur Entfaltung. Außerdem geht es hier sehr unbürokratisch zu. Man greift sich gegenseitig unter die Arme und hilft sich. Das gibt es so nicht in größeren Städten. Auch bei der Kinderbetreuung kann ich nur neidisch werden.

"Es geht darum, etwas Tolles für seine Region zu erreichen."

Volksstimme: Wenn die Altmark etwa in Berlin, Hamburg und Hannover richtig zum Zuge kommen soll - was empfehlen Sie für eine Kampagne?
Boy: Wir haben einen kompletten Maßnahmenplan erstellt. Der geht von Anzeigen in wenigen ausgewählten Magazinen bis zu Autobahnschildern. Aber insbesondere geht es um viele Aktionen um die grüne Wiese - etwa ein Wettbewerb, bei dem der erste Neu-Altmärker, der durch die Kampagne kommt, ein Stück Rollrasen als grüne Wiese gewinnt. Die Konzepte sind fertig und alle technischen Voraussetzungen sind geschaffen. Jetzt müssen die Verantwortlichen in der Region entscheiden, was davon umgesetzt wird.

Volksstimme: Welches Budget dürfte dafür nötig sein?
Boy: Grob geschätzt sind pro Jahr mindestens 300 000 Euro nötig. Wenn man das fett machen will, kann es natürlich viel mehr sein.

Volksstimme: Was raten Sie dem Altmärker - wie sollte er mit der "Grünen Wiese" umgehen?
Boy: (überlegt) Das ist schwierig. Ich könnte jetzt raten, er sollte sie gut finden. Aber darum geht es nicht, sondern darum, etwas Gutes daraus zu machen. Man muss mit dieser Kampagne spielen, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Da kann sich jeder einbringen. Am Ende geht es darum, mit der Marke etwas Tolles für seine Region zu erreichen.

Ich bin überzeugt, dass das mit dem A und der "Grünen Wiese" funktioniert und werde die Marke daher auch bei Wettbewerben einreichen. Auch das macht die Altmark dann bekannter.