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Gebürtiger Gardelegener zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt Geiselnehmer wütet auf Klinikgelände

Von Wolfgang Biermann 28.01.2014, 01:18

Ein gebürtiger Gardelegener muss für 16 Monate ins Gefängnis. Er ist in Uchtspringe gewalttätig geworden.

Stendal l Nur wenige Wochen nach Verbüßen einer sechsjährigen Jugendstrafe und zeitweiser Unterbringung im Maßregelvollzug ist ein Gewalttäter im August vorigen Jahres erneut straffällig geworden. Unter anderem hatte er eine angebrochene Bierflasche nach dem Direktor des Maßregelvollzugs Uchtspringe geworfen.

Wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in einem Fall und vorsätzlicher Körperverletzung in einem zweiten Fall sowie Beleidigung hat die 1. Große Strafkammer den 25-Jährigen gebürtigen Gardelegener zu 16 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Demnach kam der Angeklagte nach Entlassung aus der Haft bei seiner Mutter in einem Ort im Altmarkkreis unter. Von dort aus suchte er am 20. August das Klinikgelände in Uchtspringe auf. Dort pöbelte er zunächst den ärztlichen Direktor des Maßregelvollzugs an und beleidigte ihn mit übelsten Worten. Als dieser davon unbeeindruckt seinen Weg fortsetzte, warf der Angeklagte eine gefüllte Bierflasche nach ihm. Doch die verfehlte ihr Ziel.

"Linie Crystal gezogen"

Zweites Opfer war wenig später ein Insasse des Maßregelvollzugs, der sich mit weiteren Untergebrachten im Gruppenausgang befand. Diesen schlug er und ging ihm an die Kehle. Außerdem trat er sein Opfer mit dem Fuß. Die Taten hatte der Angeklagte laut Urteil "im Wesentlichen" gestanden, dabei aber in Abrede gestellt, dass er den Direktor des Maßregelvollzugs mit der Bierflasche habe treffen wollen. Zur Tatzeit sei er betrunken gewesen, hätte zuvor Cannabis konsumiert und eine "Linie Crystal (synthetische Droge) gezogen", gab der 25-Jährige an.

Im Juli 2008 war er vom Landgericht in Stendal wegen Entführung, Geiselnahme und besonders schwerer Vergewaltigung einer 17-Jährigen zu sechs Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Außerdem hatte die Jugendschutzkammer den damals 19-Jährigen zum Alkoholentzug in den Maßregelvollzug eingewiesen. Und es verurteilte den laut Staatsanwaltschaft "kreuzgefährlichen Kriminellen" zur Zahlung von 7000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer. Noch aus der U-Haft heraus hatte er damals dem Opfer gedroht: "Für jeden Tag im Knast werde ich mich rächen". Er hatte ein ihm unbekanntes Mädchen im Februar 2008 abends am Bahnhof in Gardelegen abgepasst, es mit dem Messer bedroht und in sein Zimmer im Jugendförderungszentrum geschleppt, wo er die 17-Jährige vergewaltigte und erst am nächsten Tag gegen Zahlung von 500 Euro freiließ.

"Kein Bagatellfall"

Im aktuellen Gutachten attestierte Gerichtspsychiater Dr. Mohammad Hasan dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung sowie durch Alkohol und Drogen bedingt eine "erheblich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit" zur Tatzeit. Hasan sprach sich für eine Unterbringung im Maßregelvollzug aus.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer neben der 16-monatigen Haftstrafe eine unbefristete Unterbringung im Maßregelvollzug gefordert. Die Verteidigerin hatte sich hingegen für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen.

Die 1. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Simone Henze-von Staden sah in den aktuellen Taten wohl "keinen Bagatellfall". Sie seien aber "am unteren Rand der mittleren Kriminalität angesiedelt". Deshalb sei es, "obgleich grundsätzlich möglich, aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht gerechtfertigt die Unterbringung im Maßregelvollzug anzuordnen". Es seien "in Zukunft weitere Straftaten zu erwarten, "aber keine großen".