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Aktionstag Altenpflege 2014 in Gardelegen Mitarbeiter der Johanniterhäuser schicken Wünsche an Politiker

Die Johanniterhäuser Rieseberg und Pfarrer Franz haben sich am gestrigen
bundesweiten Aktionstag Altenpflege der Diakonie beteiligt. Gefordert
werden von der Bundespolitik deutliche Verbesserungen unter anderem in
der Finanzierung und Ausbildung.

Von Cornelia Ahlfeld 13.05.2014, 03:22

Gardelegen l "Aus unserer Sicht ist es fünf vor zwölf", sagte Ramona Bierstedt, die Leiterin der Gardeleger Johanniterhäuser Rieseberg und Pfarrer Franz. Seit 20 Jahren gelte der gleiche Personalschlüssel in der Altenpflege, der zwar abhängig von den Pflegestufen sei, die die Veränderungen in den zwei Jahrzehnten in den Krankheitsbildern aber unberücksichtigt lasse. Als Beispiel führte sie auf, dass etwa in der Demenzpflege eine Vollzeitmitarbeiterin für 24 Patienten zuständig sei - unabhängig vom Stadium der Erkrankung. Und das sei einfach nicht mehr machbar, waren sich Ramona Bierstedt und die Pflegedienstleiterin im Haus Rieseberg, Andrea Lemme, einig.

Um auf den Notstand in der Altenpflege aufmerksam zu machen, beteiligen sich beide Häuser am bundesweiten Aktionstag Altenpflege der Diakonie, der am gestrigen Internationalen Tag der Pflege stattfand. Im Vorfeld der Aktion konnten Bewohner und Mitarbeiter der Häuser Postkarten mit ihren Wünschen und Forderungen an die Politik ausfüllen. Diese Karten wurden gestern in Kartons verpackt und werden an den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geschickt.

Auf den Karten der Gardeleger Protestaktion fanden sich unter anderem Forderungen wie gerechte Finanzierung, mehr Zeit für Menschen, weniger Bürokratie oder bessere Bezahlung der Pflegekräfte - kurz, gefordert wird das Rettungspaket Altenpflege.

Qualität der Pflege leidet unter Finanzdruck

"Die Lage ist kritisch. Die Politiker müssen erkennen, dass sie eine Verpflichtung haben, sich um unsere alten Menschen zu kümmern", betonte Bierstedt. Vor allem müsse berücksichtigt werden, dass sich die Krankheitsbilder im Vergleich zu vor 20 Jahren wesentlich verändert hätten.

"Die pflegerischen Probleme werden gravierender." - Ramona Bierstedt

Im Johanniterhaus Rieseberg etwa seien alle 112 Plätze belegt mit Menschen, die altersbedingte Erkrankungen, oft Mehrfacherkrankungen hätten.

Die Senioren seien nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen. Darunter seien auch Patienten, für die ein ambulanter Pflegedienst nicht mehr ausreichend die Pflege übernehmen könne. Insgesamt seien im Haus Rieseberg 62 Mitarbeiter beschäftigt. "Die pflegerischen Probleme werden gravierender. Der Bedarf und Umfang in der Pflege ist in den Jahren ständig größer geworden", so Bierstedt. Die Finanzierung der Pflege allerdings nicht. Unter den jetzigen Bedingungen, was die Finanzierung betreffe, werde es dazu kommen, dass die Qualität der Pflege darunter leide, dass die Bewohner nur noch versorgt werden können. "Wir wollen aber den Lebensabend unserer alten Menschen würdig gestalten und sie betreuen. Aber das ist eine Frage der Finanzierung", stellte Bierstedt klar. Es könne nicht sein, dass in der Pflege nur noch auf die Uhr geschaut werden müsse.

Ein weiterer Punkt sei die Bezahlung der Mitarbeiter im pflegenden Bereich. 25 Jahre nach der Wende gebe es noch immer Unterschiede zwischen Ost und West. "Und das kann es ja wohl auch nicht mehr sein", stellte Bierstedt klar. Gefordert werde im Rahmen der Aktion auch ein verlässlicher Tariflohn für alle Beschäftigten in der Pflege. Und weniger Bürokratie, um mehr Zeit für die Menschen zu haben. Ein wesentlicher Punkt sei auch die Ausbildung. Pflegeberufe hätten aus den genannten Gründen in den vergangenen Jahren an Attraktivität verloren.

Ramona Bierstedt dankt Mitarbeitern in Gardelegen

Die Bedürfnisse und Wünsche des pflegebedürftigen Menschen müssten im Mittelpunkt stehen. Der steigende Bedarf an Fachkräften mache es erforderlich, in den Nachwuchs zu investieren und dafür zu sorgen, dass Pflegeberufe wieder attraktiver und gerecht bezahlt werden.

Ramona Bierstedt: "Unser Dank gebührt vor allem auch unseren Mitarbeitern, die es dennoch schaffen, für unsere Bewohner ein würdevolles und familiäres Ersatz-Zuhause zu schaffen, dafür, dass sie trotzdem unserem Haus die Treue halten. Ich habe alle Achtung davor, dass sie ihre schweren Aufgaben auch unter stetigem Zeitdruck ausgezeichnet erfüllen."