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Sechs Monate Freiheitsstrafe Staatsanwältin: "Das war pure Eifersucht"

16.05.2014, 01:11

Gardelegen (iwi) l Für den jungen Mann (23) kam die Gewaltattacke völlig unerwartet, als sein Kumpel (24) am 30. November 2013 mit einer Bierflasche nach ihm warf und ihn dann mit Fäusten und Füßen bearbeitete. Richter Axel Bormann urteilte wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung: sechs Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, dazu 150 gemeinnützige Arbeitsstunden.

Es ist ein Freitagabend, der Angeklagte ist bei einem Freund zum Feiern, Alkohol fließt reichlich. Schon vor der Party "habe ich so fünf, sechs Bier getrunken", später wird eine Wodka-Flasche zu zweit geleert, dazu weiteres Bier und Marihuana geraucht. Gegen 1.30 Uhr fährt der 24-Jährige mit zwei Freunden durch die Stadt, als er vor der Tür seiner damaligen Freundin das Auto eines Kumpels sieht. Er schreibt seiner Freundin eine SMS, der 23-Jährige möge herunterkommen, er wolle etwas mit ihm bereden.

Doch als der 23-Jährige unten an der Tür steht, kann er gerade noch einer fliegenden Bierflasche ausweichen, die der Angeklagte über Kopf in seine Richtung schmeißt. "Wäre ich nicht ausgewichen, hätte sie mich getroffen", so das Opfer. Doch die Attacke geht weiter: "Dann habe ich schon Eine sitzen gehabt", erzählt der Zeuge. Seine Nase bricht bei diesem Schlag, er liegt am Boden. Der Täter lässt aber nicht von seinem Kumpel ab, schlägt weiter, tritt mit seinen Füßen gegen die Beine des am Boden liegenden 23-Jährigen.

Dann ziehen seine zwei Freunde den Täter zurück, verschwinden im Auto und fahren weg. Gleich noch in der Nacht fährt das Opfer ins Krankenhaus, die Nase wird im Klinikum in Haldensleben gerichtet. Außerdem trägt er eine Schwellung am linken Auge und eine Stirnprellung von der Gewalttat davon. Einen Monat ist der Gardeleger krank geschrieben und kann nicht zur Arbeit. Bis heute hat er Probleme beim Luftholen. "Ich muss mir überlegen, ob ich mich irgendwann operieren lasse", sagt er. Mit erstaunlicher Gelassenheit schildert er die Tatumstände vor Gericht: "Für mich ist die Sache erledigt, es tut ihm leid, er hat sich entschuldigt, Schwamm drüber. Wäre die Nase nicht gebrochen, hätte ich keine Anzeige erstattet." Am liebsten hätte er die Anzeige auch zurückgenommen, doch bei so einer Straftat ermittelt die Staatsanwaltschaft automatisch.

Am Tag nach der Tat, wieder nüchtern, entschuldigt sich der Täter beim Opfer per SMS. Ein Entschuldigungsschreiben lag auch dem Gericht vor. Der arbeitslose Angeklagte hat zurzeit keinen Führerschein, da er vor knapp einem Jahr wegen Trunkenheit am Steuer, Fahrens ohne Führerschein und Unfallflucht zu einer Geldstrafe von 1170 Euro verurteilt worden war. 2011 und 2012 wurde er wegen Diebstahls und Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt. "Ganz schön traurig, was Sie da angerichtet haben. Im Tierreich reicht das, wenn der andere am Boden liegt, Sie haben nicht aufgehört", sagte Bormann. Der Angeklagte entgegnete kleinlaut: "Ich wollte ihn nicht totschlagen."

"Haben Sie ein Alkoholproblem?"

Staatsanwältin Iris Benzel wollte wissen: "Haben Sie ein Alkoholproblem? Dass Sie den so zusammentrimmen. Sie haben ihn herunterbestellt, um ihm mal richtig eins mitzugeben. Das war pure Eifersucht." Sie stellte fest, dass eine Freiheitsstrafe unumgänglich sei, auch wenn aufgrund des starken Alkoholkonsums verminderte Schuldfähigkeit vorliege. Benzel forderte in ihrem Strafantrag acht Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, sowie die Zahlung von 600 Euro an den Geschädigten. Als Stück aus dem Tollhaus bewertete Bormann die Tat nach der Urteilsverkündung: "Sie können von Glück reden, dass die Flasche nicht getroffen hat. Der Mann wird bis an sein Lebensende Probleme mit dem Luftholen haben. Wer ist Schuld? Sie. Das ist vollständig irre."

Da Geldstrafen den Gardeleger bislang nicht beeindruckt hätten, "müssen Sie sich nun bewähren". Der Richter kündigte dem Verurteilten außerdem an, "dass Sie bestimmt noch Post bekommen werden", deswegen gab es auch keine Geldauflage. Er spielte damit auf die Kosten für die Behandlung sowie den Arbeitsausfall für den Betrieb des Geschädigten an.