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War Starts Here Camp 2014: Standortwechsel von Brunkau nach Potzehne sorgt nicht unbedingt für Begeisterung Lessing: "Wir sind hier nicht in Gorleben"

Von Cornelia Ahlfeld 09.08.2014, 03:24

Das dritte War Starts Here Camp sorgt schon weit vor Beginn für öffentliche Debatten. Nachdem die Organisatoren zunächst nach Brunkau ausgewichen waren, gab es von dort eine Absage. Neuer Standort ist Potzehne.

Potzehne l "Wir sehen Gäste gern, wenn sie sich zivilisiert benehmen. Und das erwarte ich auch von den Teilnehmern des Antikriegscamps in Potzehne." Gardelegens Bürgermeister Konrad Fuchs sieht den kommenden Ereignissen recht entspannt entgegen. Wenngleich die Nachricht, dass das War Starts Here Camp (Der Krieg beginnt hier) in seiner dritten Auflage ursprünglich nicht in Potzehne, sondern in Brunkau (Landkreis Stendal) stattfinden sollte, nicht unbedingt für Traurigkeit gesorgt habe. Dass es nun doch Potzehne sein wird, müsse man akzeptieren. Im Moment jedenfalls gebe es keine Veranlassung zu glauben, dass die Aktivisten nicht friedlich gegen Krieg und Gewalt protestieren wollen.

Die Organisatoren des Camps hatten zunächst in Raum Potzehne nach geeigneten Flächen gesucht. Die Wiese zwischen Potzehne und Parleib, so hieß es zunächst, stünde dieses Mal nicht mehr zur Verfügung. Die War-Starts-Here-Akteure waren dann nach Brunkau ausgewichen. Ende der vorigen Woche folgte dann die Nachricht, dass das Camp nun doch in Potzehne stattfinden wird mit der Begründung, Potzehne liege wesentlich näher am Gefechtsübungszentrum (GÜZ) als Brunkau.

"Das Grundstück in Brunkau stand nicht mehr zur Verfügung", informierte Kreis-Dezernent Hans Thiele. Warum, dazu wollte sich Thiele nicht näher äußern. Das Camp sei von einem Rechtsanwalt im Auftrag einer Privatperson als Versammlung angemeldet worden. Die Versammlungsfreiheit sei im Grundgesetz verankert. "Es darf sich jeder versammeln und seine Meinung äußern", so Thiele. Allerdings gebe es für die einwöchige Versammlung verschiedene Auflagen, wie Waffenverbot, keine offenen Feuer, Ordner müssen gestellt werden. Die Auflagen seien so strukturiert, dass das Camp funktioniert und die Belastung Dritter so gering wie möglich gehalten werde.

"Ich gehe davon aus, dass die sich ordentlich benehmen"

Nico Kapahnke, Freibadförderverein

"Wir müssen damit leben, ändern können wir das nicht", kommentierte Potzehnes Ortsbürgermeister Harald Rolletschek den Standortwechsel. Er werde auf jeden Fall das Camp besuchen und mit den Leuten reden. "Vielleicht kommt man ja doch zu einem Konsens. Wir werden sehen", so Rolletschek.

"Nicht unbedingt begeistert" über den Veranstaltungsort Potzehne zeigte sich auch Nico Kapahnke vom Förderverein Freibad Potzehne angesichts der Sachbeschädigungen im Freibad im vorigen Jahr und der Konfettiaktion im Bad vor gut fünf Wochen. Das Camp sei legal angemeldet. "Ich gehe davon aus, dass die sich ordentlich benehmen und nicht hierherkommen, um dem Dorf und der Landschaft Schaden zuzufügen oder Einrichtungen zu beschädigen", stellte Kapahnke klar.

Wenig erfreut zeigte sich auch Wannefelds Ortsbürgermeister Gustav Wienecke. "Für uns ist das ganz unglücklich. Ich will nicht unken, aber in der Vergangenheit haben wir uns sehr über das Camp geärgert. Überall, wo die Leute waren, gab es Probleme", so Wienecke. In Wannefeld - der Ort liegt an der Straße zum GÜZ - seien im vorigen Jahr das Kriegerdenkmal, Straßen und Verkehrsschilder beschmiert worden. Ein Zaun wurde eingefahren. Der sei immer noch kaputt. "Für uns ist das nicht schön, zumal wir am 23. und 24. August unser Dorffest feiern wollen", sagte Wienecke.

"Uns wäre es zwar lieber gewesen, wenn das Camp auf der anderen Seite der Heide stattgefunden hätte", meinte Letzlingens Ortsbürgermeisterin Regina Lessing. Die Letzlinger jedenfalls wollen diese Leute nicht im Dorf haben, so Lessing weiter. "Wir sind hier nicht in Gorleben. Der Rückhalt in der Bevölkerung ist nicht da, und das macht die Leute wahrscheinlich noch aggressiver", so Lessing mit Blick auf die Sachbeschädigungen und Schmiererein von Teilnehmern des Camps im vorigen Jahr. "Wir haben gesehen, wie kompliziert das ist, mit denen zu reden. Das ist eine Diskussionsebene, wo man sich einfach nicht bewegen kann. Die Thesen sind so abstrus, da kann man überhaupt nicht gegenargumentieren", so Lessing weiter. Die Stadt Gardelegen und Letzlingen hätten für den 23.August einen schönen Sommermarkt organisiert mit Angeboten für die ganze Familie. "Als Reaktion auf das Camp, um zu zeigen, wir stehen hier zur Bundeswehr", stellte Lessing klar.

Das Camp wird laut Internetseite der Aktion am Sonntag eröffnet. Geplant ist eine Kaffeerunde mit den "vorübergehenden Nachbarn". Abends ist ein Konzert geplant. An den anderen Tagen finden Diskussionsrunden, Workshops und am Sonnabend, 23. August, ein Aktionstag statt. Wie die Akteure auf ihrer Internetseite mitteilen, unterstützen Mitglieder der Piratenpartei "den gewaltfreien Widerstand gegen die militärische Nutzung der Colbitz Letzlinger Heide."

Auch die "Aktion GÜZ abschaffen" nimmt ihren Ausgangspunkt im Camp, kündigte Mitorganisator Berthold Keunecke an. Sie setze auf: "Gewaltfreiheit als Gegenmodell zum militärischen Alltag." Unterstützt wird sie von der Bürgerinitiative "Offene Heide".