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Ortschaftsrat Engersen diskutierte die Gründe für die Kita-Schließung "Das Problem wird die Stadt auch bald haben"

Von Gesine Biermann 11.09.2014, 03:11

Ab dem 1. Oktober wird es in Engersen keine Kita mehr geben (Volksstimme berichtete). Am Dienstag informierte Christian Jung, Vorsitzender des Trägervereines, nun auch den Ortschaftsrat.

Engersen l Es ist vermutlich ein endgültiges Aus für Kindereinrichtungen in Engersen. Auch der Ortschaftsrat des Dorfes bedauerte am Dienstagabend deshalb die Schließung der Einrichtung zum Ende des Monats sehr. Christian Jung, Vorsitzender des Engersener Sportvereines, der als Träger für die Kita fungiert, informierte die Ratsmitglieder während ihrer jüngsten Sitzung noch einmal selbst über die Gründe, die zu dieser Entscheidung führten.

"Drei Bewerber wurden vom Jugendamt nicht anerkannt."

Christian Jung, Vereinsvorsitzender

Wir können den Mindestpersonalschlüssel nicht garantieren", erklärte Jung. Nach der "überraschenden Kündigung" einer Erzieherin, die aber innerhalb der gesetzlichen Vorgaben erfolgt sei, wie er betonte, habe sich kein Ersatz finden lassen: "Wir haben in der uns verbleibenden Frist alles getan", versicherte Jung. So sei das Arbeitsamt eingeschaltet, sogar Schulen angeschrieben worden, "und es sind auch vier Bewerbungen eingegangen".

Drei der Bewerber seien dann aber aufgrund mangelnder Qualifikation vom Jugendamt des Altmarkkreises abgelehnt worden. Die einzige ausreichend ausgebildete Erzieherin habe sich nicht für das Angebot entschieden, da sie gern Vollzeit arbeiten wollte, "und das konnten wir ihr nicht bieten".

Das Problem sei, dass im benachbarten Niedersachsen Kitas ausgebaut würden und junge Erzieherinnen dort gut bezahlte Vollzeitstellen fänden, erläuterte Jung. Dagegen "werden hier Erzieherinnen plötzlich nicht mehr anerkannt, weil ein 60-Stunden-Lehrgang fehlt".

"Das Geld für die Sanierung kam aus unserer Rücklage."

Wilfried Hartmann, Ortsbürgermeister

Es sei ja schön, wenn Qualifizierungsanforderungen hochgeschraubt würden, "aber was mache ich, wenn es immer weniger Erzieher gibt?", fragte Ortsbürgermeister Wilfried Hartmann. Diese Situation, prophezeite er, werde schon bald kein Einzelfall mehr sein: "Das gleiche Problem wird die Stadt auch bald haben." Denn auch sie beschäftige viele 30-Stunden-Kräfte, weil so ein Fehlen im Krankheitsfall leichter auszugleichen sei. Hartmann, der wie seine Ratsmitglieder auch die Schließung der Kita als "bedauerlich" bezeichnete, riet Jung, sich einen Überblick über das vorhandene Inventar zu verschaffen, damit es bei der Verteilung später "keine Streitigkeiten" gibt. Diese Befürchtungen teilte Jung indes nicht: "Es gibt ja eine Inventarliste, was da war und was nicht. Alle Sachen, die der Trägerverein angeschafft hat, bleiben natürlich auch beim Verein."

Geld war in den vergangenen Monaten allerdings weniger in das Mobiliar, als in die Immobilie geflossen. Mit rund 42000 Euro aus dem städtischen Haushalt war die Kita modernisiert worden. Die Maßnahmen waren Auflage des Jugendamtes gewesen, das eine Betreibung sonst nicht genehmigt hätte.

Gegen Stimmen, "die jetzt im Nachhinein ganz sicher behaupten werden, dass wir den Stadthaushalt belastet haben", hielt Hartmann schon jetzt dagegen: "Das Geld für die Sanierung kam aus unserer Rücklage", erinnerte er.