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62-Jährige aus dem Raum Kalbe kassierte zu viel Hartz IV, weil sie den Zuverdienst ihres Mannes verschwieg Angeklagte: "Wir brauchten das Geld"

Von Ilka Marten 04.02.2015, 02:26

Weil sie den Zuverdienst ihres Mannes beim Jobcenter nicht angab, saß eine 62-Jährige wegen zweifachen Betruges auf der Anklagebank. Das zu viel erhaltene Hartz IV stottert sie bereits mit 30 Euro pro Monat ab.

Gardelegen/Kalbe l Ihre Ehrlichkeit half am Ende nicht gegen die Verurteilung, aber hatte erhebliche Auswirkung auf das Strafmaß. Wegen Betruges musste sich eine 62-Jährige aus dem Raum Kalbe am gestrigen Dienstag vor dem Amtsgericht verantworten.

Der Frau wurde gleich zweifacher Betrug vorgeworfen. Im Februar und August 2013 hatte sie dem Jobcenter des Altmarkkreises in Klötze verschwiegen, dass ihr Ehemann Geld dazu verdiente. Sie selbst war zu diesem Zeitpunkt - und bis heute - Hartz-IV-Bezieherin, ihr Mann und sie bilden eine Bedarfsgemeinschaft.

"Ich habe mir eigentlich nichts dabei gedacht."

Angeklagte

Laut Staatsanwaltschaft wurden der Angeklagten damit 2331,93 Euro "zu Unrecht ausgezahlt". Die Erklärung der Frau kam ihr bei Nachfrage durch Richter Axel Bormann prompt über die Lippen: "Wir brauchten das Geld so." Ihr Mann habe auf einem Bauernhof Geld zu seiner Rente dazuverdient, diese Einnahmen hatte die Angeklagte dem Jobcenter jedoch nicht mitgeteilt.

Viel haben die Frau und ihr Ehemann nicht zum Leben, das wurde bei der Verhandlung gestern deutlich. Sie bezieht 128 Euro pro Monat Hartz IV, ihr Mann erhält 610 Euro Rente. Dazu verdient er jetzt 100 pro Monat. Von diesen 838 Euro muss das Paar, das ein eigenes Haus hat, nicht nur sein Leben bestreiten, sondern zahlt monatlich noch mehr als 150 Euro für zwei Kredite für einen Umbau und eine neue Kläranlage ab.

"Wenn sich was ändert, muss der Antragsteller Bescheid geben. Das haben Sie zweimal nicht gemacht", so Bormann. Die Frau sagte, dass "ich mir eigentlich nichts dabei gedacht habe".

Inzwischen hat sie begonnen, die mehr als 2300 Euro, die das Jobcenter zurückfordert, zurückzuzahlen. "Jeden Monat 30 Euro", so die Angeklagte. Und sie fügte hinzu. "Ich bereue, dass ich das gemacht habe." Bormann blickte sie an: "360 Euro im Jahr, da müssen Sie mit Zins und Zinseszins lange zahlen." Doch die 62-Jährige hofft, dass sie mehr zurückzahlen kann, "wenn ich erstmal Rente bekomme". Richter Axel Bormann verurteilte die Angeklagte zu einer Geldstrafe, die vorerst zur Bewährung auf ein Jahr ausgesetzt wird.

"Das ist Betrug. Löblich ist Ihre Ehrlichkeit."

Richter Axel Bormann

"Was Sie gemacht haben, ist nicht schön. Das ist ein Betrug. Löblich ist aber Ihre Ehrlichkeit", so der Richter. Hinzu komme, dass die Frau bisher nicht vorbestraft sei und sich um die Schadenswiedergutmachung gekümmert habe.

Deswegen sei dieses eher ungewöhnliche Urteil möglich, so der Richter. Die Geldstrafe in Höhe von 400 Euro muss die Frau nicht zahlen, wenn sie innerhalb des nächsten Jahres keine Straftaten begeht. Erst dann wird das Verfahren endgültig beendet.

Bormann betonte noch einmal, dass sich die finanzielle Situation der Frau durch ihre Straftaten nicht verbessert habe. Stattdessen muss sie nun jeden Monat 30 Euro abstottern. Die Angeklagte nahm das Urteil an und verabschiedete sich mit einem "Auf Wiedersehen" aus dem Saal. "Besser wohl ein Tschüss als auf Wiedersehen", so Bormann.