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Helga und Erhard Pohlan kümmern sich um ein Grab an der Mahn- und Gedenkstätte - und das hat seinen Grund Ehepaar erfüllt ein 70 Jahre altes Vermächtnis

13.04.2015, 01:22

Gardelegen (cn) l Er war erst zwei Jahre alt, als das Unfassbare nahe seiner Heimatstadt Gardelegen geschah. Dennoch sind die Ereignisse in und an der Feldscheune Isenschnibbe auch mit der Familiengeschichte von Erhard Pohlan verbunden. So stark, dass er und Ehefrau Helga sich verpflichtet sehen, eines der 1016 Gräber an der Mahn- und Gedenkstätte zu pflegen.

Es ist jedoch nicht irgendein Grab, sondern die Nummer 230 im Block C, Reihe 10. Auf dem schlichten, weißen Kreuz steht "Unbekannt". Dennoch fühlen sich Erhard und Helga Pohlan dem dort bestatteten Opfer des Massakers, bei dem am 13. April 1945 1016 KZ-Häftlinge bestialisch ermordet wurden, verbunden. Die menschlichen Überreste, die sich in dem Grab befinden, sind nämlich von Erhard Pohlans Großvater, Albert Gäde, mit bestattet worden. Wie viele andere männliche Bürger von Gardelegen wurde auch er, nachdem die Gräueltat der Nazis entdeckt worden war, von der US-Army verpflichtet, die Toten erst in Massengräbern und kurz darauf in Einzelgräbern zu bestatten. Etwas später erhielt Albert Gäde dann, so wie viele andere Gardeleger ebenfalls, den Auftrag, sich um eines der Gräber zu kümmern: nämlich die Nummer 230 im Block C, Reihe 10.

Zwar wusste Erhard Pohlan schon als kleiner Junge von Erzählungen seines Großvaters, dass dieser die Opfer des Massakers mit bestattet hatte, doch dass sich daran auch die Pflege eines Grabes anschloss, war ihm nicht bekannt. Erst als er vor etwa sechs Jahren alte Unterlagen sichtete, fiel ihm eine Karteikarte von 1945 in die Hand, abgestempelt von der Militärkommandantur der US-Army. Darauf stand, dass sein Großvater für besagtes Grab zuständig ist und dass die Verpflichtung auf seine Nachkommen übergeht, sofern er selbst ihr nicht mehr nachkommen kann.

Albert Gäde ist schon lange tot. Doch das Vermächtnis lebt weiter. Erhard und Helga Pohlan kommen, nachdem sie mithilfe eines Gedenkstättenmitarbeiters und alter Pläne die richtige Stelle gefunden hatten - die Gräber sind nicht nummeriert -, regelmäßig an die Mahn- und Gedenkstätte, harken und legen frischen Blumenschmuck ab. Das Grab 230 im Block C, Reihe 10, es leuchtet schon von weitem.