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Ladendieb verurteilt 500 Euro für vier Tafeln Schokolade

10.03.2011, 04:26

Gardelegen (iwi). Zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, sowie zur Zahlung von 500 Euro verurteilte Strafrichter Axel Bormann einen 52-Jährigen wegen Diebstahls. Der mehrfach vorbestrafte Mann hatte zugegeben, in einem Gardeleger Einkaufsmarkt vier Tafeln Schokolade gestohlen zu haben. Dabei ging er dreist zur Sache.

Der Marktleiterin war der Mann gleich aufgefallen, sie selbst stand am Gemüsestand: "Er kam rein und ging gleich zum Schnapsregal, das konnte ich gut einsehen. Er hat sich umgedreht, geguckt und eine Flasche eingesteckt." Die Zeugin behielt den Mann im Blick. Als sie aus dem Lager kam, sprach der 52-Jährige die Marktleiterin sogar an, fragte etwas und steckte sich - vor ihr stehend - je zwei Tafeln Schokolade in jede seiner Taschen.

"Sie schmeißen alles, was Sie haben, beidhändig weg"

Richter Bormann fragt nach: "Warum haben Sie nichts gemacht? Sowie jemand etwas in seine Taschen steckt, dass man keinen Zugriff mehr darauf hat, ist es vollendeter Diebstahl." Die Zeugin zuckt hilflos mit den Schultern: Sie sei davon ausgegangen, dass der Angeklagte womöglich noch bezahlen wolle.

Die Diebestour des Mannes war aber noch nicht zu Ende. Die Marktleiterin beobachtete den Gardeleger an der Kasse: "Ich bin im Büro extra auf den Schreibtisch gekrabbelt um das einzusehen, anders geht das bei uns nicht. Da sehe ich, wie er auch noch die Zigaretten einsteckt. Das kann es doch wohl nicht geben." Irgendetwas habe der 52-Jährige an der Kasse sogar bezahlt, erinnert sich die Frau. Sie ging danach zur Kasse und bat den Mann, seine Taschen zu leeren. Das tat dieser auch. "Uns hat er erzählt, er hat nur Schokolade gemopst", sagt Richter Bormann.

Bei dieser Aussage bleibt der Angeklagte auch bei der Fortsetzung des Prozesses, obwohl eine zweite Zeugin, die Kassiererin, sich ebenfalls erinnern kann, "dass er aus seinen Taschen Schokolade und noch irgendetwas holte". Der Angeklagte, der seit sieben Jahren in Gardelegen lebt und eine Betreuerin hat, verteidigt sich: "Ich habe in den sieben Jahren hier nicht einmal Schnaps gestohlen und rauche auch gar keine Originalzigaretten, ich kaufe immer nur Packungen und Hülsen."

Für Staatsanwältin Verena Borstell sind die Zeuginnen glaubwürdig. "Sie haben nur eingestanden, was unbedingt sein musste. Und ich sehe in Ihren Einlassungen keine Einsicht zur Reue", richtet sie sich an den Angeklagten. Hinzu kommt: Der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt. Allein wegen Diebstahls wurde er zwischen 1975 und 2002 siebenmal verurteilt, er saß schon mehrfach im Gefängnis, zu DDR-Zeiten. Bormann: "Möchten Sie mal ins Gefängnis, um zu sehen, wie das heute dort ist? Sie schmeißen alles, was Sie haben, beidhändig weg."

Staatsanwältin Verena Borstell beantragt eine Freiheitsstrafe von vier Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Außerdem soll der Gardeleger 500 Euro als Bewährungsauflage zahlen. Borstell: "Ich will Ihnen helfen, die Finger vom Diebstahl zu lassen. Deswegen eine kurze Strafe, aber lange Bewährung."

Richter Axel Bormann folgt ihrem Antrag mit seinem Urteil: "Sie sind jemand, der die Finger nicht vom Klauen lassen kann. Vielleicht brauchen Sie das, so ein Damoklesschwert, das über Ihnen schwebt." Und er warnt den Mann eindringlich: "Jedes Mal, wenn Sie wieder in den Laden gehen, ist das eine Straftat, denn Sie haben dort ein zweijähriges Hausverbot."

Laut Aussage der Marktleiterin kam der 52-Jährige seit dem Tattag immer wieder in den Einkaufsmarkt. Die 500 Euro, die der Verurteilte in zehn Monatsraten zahlen muss, kommen dem Streitschlichter-Projekt des Geschwister-Scholl-Gymnasiums zu Gute.