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Glaswerk will anbauen / Kompromisse in Sachen Grundstückspreise auf beiden Seiten nötig 136 neue Arbeitsplätze geplant

Von Gesine Biermann 06.07.2011, 06:33

Es geht um 136 neue Arbeitsplätze, und es geht um Grundstückspreise. Josef Bockhorst, Geschäftsführer der Agenda Glas AG, die schon in wenigen Wochen zum indischen Glaskonzern Hindusthan National Industries Glas Ltd gehören wird, stellte die Pläne am Montagabend im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzung vor.

Gardelegen. Es waren gute Nachrichten, als Anfang Mai das Insolvenzverfahren der Agenda Glas AG ein so erfolgreiches Ende nahm. Die Hindusthan National Industries Glas Ltd hatte das Gardeleger Unternehmen übernommen, und mit ihm alle Arbeitsplätze.

Doch die guten Nachrichten gingen noch weiter. Denn die neuen Eigentümer stellten zudem die Erweiterung des modernen Glaswerkes in Aussicht.

Keine leeren Versprechungen, wie sich nun zeigt. Denn tatsächlich plant das Unternehmen am Standort Gardelegen eine zweite Schmelzwanne und ein weiteres Lagerhaus. "Dazu würden wir gern eine angrenzende Fläche erwerben", bestätigte gestern Geschäftsführer Josef Bockhorst auf Anfrage. Rund zehn Hektar groß ist dieses Areal, das sich unmittelbar zwischen der Dr. Kurt-Becker-Straße und der B188 befindet. "Wir sind gerade dabei es auszumessen", so Bockhorst, der am Montagabend den Gardeleger Stadträten die Pläne der neuen Eigentümer erläutert hatte.

Und die folgten seinen Ausführungen denn auch äußerst erfreut. Denn die Millioneninvestition hat natürlich überaus positive Folgen für die Region.

Mit der Inbetriebnahme des neuen Firmenkomplexes werden schließlich 136 neue Arbeitsplätze entstehen. 120 Mitarbeiter würden für die Produktion eingestellt werden, weitere 16 Arbeitskräfte würden im Lagerhaus benötigt, so Bockhorst.

Schwer begreiflich, dass sie so hohe Erschließungskosten zahlen sollen

Dass es zum Grundstückskauf als Voraussetzung für diese Investitionen kommt, ist allerdings nur der Kompromissbereitschaft beider Seiten zu verdanken. Bockhorst, der am Montag die Kaufabsichten auf das städtische Grundstück im Stadtrat kundtat, machte nämlich auch unmissverständlich klar, dass bei den indischen Geldgebern über die "exorbitant hohen Forderungen" des Gardeleger Wasserverbandes mehr als nur Unverständnis herrsche. "Man kann den ausländischen Investoren nur schwer begreiflich machen, dass sie für ein Grundstück, auf dem es nicht einmal einen Wasseranschluss gibt, so hohe Erschließungskosten zahlen sollen", so Bockhorst. Eine Haltung, die er selber als einer der Gründer der Agenda Glas AG ebenso vertritt. Waren doch die unerwarteten Nachforderungen für die wasser- und abwasserseitigen Erschließungskosten für das Areal der bisherigen Agenda Glas AG einer der Gründe dafür, dass das Unternehmen bereits nach einem Jahr Insolvenz anmelden musste. Damals hatten die Investoren 2,10 Euro pro Quadratmeter Land bezahlt und waren von den nachträglichen 1,5 Millionen Euro hohen Nachforderungen des Verbandes vollkommen überrascht worden. Gleiches galt auch für die Stadt, die für den anderen Teil des Gewerbegebietes Ost ebenfalls zusätzlich knapp 900000 Euro nachfinanzieren musste. Eine entsprechende Satzungsänderung des Wasserverbandes war für Kommune und Investor vor einigen Monaten nämlich vollkommen überraschend gekommen.

Das Fazit für die Kommune: Nun muss auch sie jedem Neuinvestor höhere Grundstückspreise offerieren. Wie hoch sie in diesem Fall sein müssen, darüber hatten die Räte am Montag zu befinden. Nachdem Bockhorst die Sitzung wieder verlassen hatte, einigten sich die Ratsherren und -damen schließlich "auf einen Preiskorridor, in dem ich verhandeln durfte", so Bürgermeister Konrad Fuchs gestern auf Nachfrage.

Noch andere Verhandlungen mit weiterem Glaswerk in Deutschland

Am gleichen Abend teilte Fuchs Bockhorst diese Entscheidung mit, "und wir sind uns schließlich beiderseitig entgegengekommen", so Bockhorst gestern. Derzeit fehlte zwar noch auf die Bestätigung aus Indien, er gehe aber davon aus, dass die Neueigentümer das Preisangebot - das Kämmerer Maik Machalz ihm demnächst auch schriftlich vorlegen wird - akzeptieren werden, so Bockhorst zufrieden.

Und zufrieden zeigte sich gestern auch Fuchs. Die Investitionspläne der Global Glas GmbH - so die neue Firmierung der Agenda Glas - bezeichnete er als "eine mutige Entscheidung und einen mutigen Auftrag". Auch ihm sei allerdings bewusst, dass es ohne ein Entgegenkommen der Stadträte und ohne die Kompromissbereitschaft der Inder in Gardelegen wohl eine gute Nachricht weniger gegeben hätte. Denn Bockhorst hatte im Stadtrat deutlich gemacht, dass es ein Preislimit für die Grundstücksanschaffung gibt. Klar ausgedrückt: Bei zu hohen Grundstückskosten wäre die Investition in Gardelegen vermutlich nicht realisiert worden, selbst wenn für die indischen Geldgeber hier mit ihrem neu erworbenen Unternehmen eigentlich optimale Bedingungen herrschten. "Es gibt zwischen den Eigentümern der Hindusthan National Industries Glas Ltd aktuell auch noch andere Verhandlungen mit einem weiteren Glaswerk in Deutschland", so Bockhorst. Hätte es in Gardelegen keine Einigung gegeben, wären die geplanten Investitionen also vermutlich in jene Glashütte geflossen.

Wie in der Zukunft potenzielle Interessenten auf die durch die plötzlichen Nachforderungen des Wasserverbandes wesentlich höheren Quadratmeterpreise reagieren, wird sich zeigen. Für ihn, so Bockhorst gestern gegenüber der Volksstimme, sei der Wasserverband Gardelegen jedenfalls "eher ein Wirtschaftsverhinderungsverband".