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Zum 1. April wechselten beim Gardeleger Gelenkwellenhersteller die Gesellschaftsstrukturen Unter japanischer Flagge: IFA ist NTN

Von Gesine Biermann 26.05.2012, 05:22

Gardelegen wird immer internationaler. Nach dem AKT unter polnischer und dem Glaswerk unter indischer Führung hat nun auch ein japanischer Konzern ein Gardeleger Unternehmen übernommen. Gelenkwellenhersteller IFA gehört seit dem 1. April zur NTN.

Gardelegen l Noch steht IFA auf dem Firmenschild vor dem Tor. "Das neue ist aber natürlich schon in Auftrag gegeben", versichert Geschäftsführer Guido Steffen. Seit dem ersten April gehört die ehemalige Gardeleger Tochterfirma der IFA-Rotorion, Automobilzulieferer für Gelenkwellen, zur japanischen NTN Corporation. Der Wechsel in den Gesellschaftsstrukturen war geplant. Eigentlich bereits zum Jahreswechsel. "Aber das ist ja schließlich nicht wie Brötchen kaufen", erklärt Steffen schmunzelnd. Auch wenn es sich nicht um eine Betriebsübernahme, sondern nur um einen neuen Hauptgesellschafter handele.

Mit 75 Prozent Firmenanteilen ist dies seit rund zwei Monaten die NTN. Firmenanteile von 25 Prozent hielt der Konzern bereits seit 2006. IFA-Rotorion bleibt mit 25 Prozent Gesellschafter.

Sonst ändere sich allerdings "nur wenig", erläutert der neue Geschäftsführer. Neu im Gardeleger Unternehmen ist der gebürtige Pfälzer indes auch nicht. Bereits seit gut einem Jahr hatte Steffen in der Werkleitung mitgearbeitet, den Wechsel vorbereitet und begleitet. Ein Wechsel, der Ende des vergangenen Jahres von IFA-Hauptgeschäftsführer Heinrich von Nathusius zwischenzeitlich noch einmal in Frage gestellt worden war. Der ehemalige Firmenchef hatte die Mitarbeiter während einer Betriebsversammlung im Herbst überraschend darüber informiert, dass er das Unternehmen - allerdings unter Ausschluss der Tarifbindung - gern selbst weiterführen würde und damit für erhebliche Unruhe in der Belegschaft gesorgt (wir berichteten). Offensichtlich hatten sich seine Pläne aber nicht verwirklichen lassen. Wie vereinbart, hat der japanische Mutterkonzern nun also die Firmenführung übernommen. "Und NTN hält sich selbstverständlich an geltende Tarifverträge", bestätigt Steffen auf Nachfrage. Auch sonst ändere sich "außer dem neuen Kopfbogen auf den Verdienstbescheinigungen" rein gar nichts an den Verträgen mit den derzeit insgesamt 137 Produktionsarbeitern und Angestellten. Es habe - entgegen einiger Gerüchte im vergangenen Jahr - auch keinerlei Personalkürzungen gegeben. NTN investiere schließlich nicht in ein Unternehmen, "um es dann zuzumachen; im Gegenteil", so Steffen, "wir bauen momentan sogar auf". Bereiche wie Buchhaltung, Personalwesen und IT-Abteilung, die vorher vom IFA-Werk in Haldensleben aus gemanagt wurden, müssen nun schließlich am Gardeleger Standort installiert werden. "Teilweise werden wir dafür auch neue Mitarbeiter einstellen."

Und die werden, genau wie die Belegschaft in den Produktionshallen, auch gut zu tun haben. Die Maschinen laufen derzeit rund um die Uhr. Im Drei-Schicht-System werden sie von jeweils rund 35 Mitarbeitern bedient. Ebenso wie die Belegschaft seien schließlich auch Kunden und Aufträge identisch, bestätigt Steffen weiter. Und die Auftragsbücher seien nach wie vor voll. "Mit der großen NTN im Rücken - zum japanischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von rund 5,5 Milliarden Euro gehören weltweit rund 70 Gesellschaften - erhoffen wir uns aber natürlich auch größere Aufträge", erläutert Steffen. Eine Steigerung der Produktion ist also nicht ausgeschlossen.

Derzeit produziert das Gardeleger Unternehmen, das sich von Anfang an auf Seitenwellen spezialisiert hatte, in der Hauptsache für den VW-Konzern. Ein großer Vorteil sei da natürlich die Standortnähe, bestätigt der Geschäftsführer. "Wir sind aber momentan auch dabei zu überlegen, für wen wir in Zukunft mehr machen können."

Einer, der mit daran arbeitet, dass diese Überlegungen irgendwann umgesetzt werden können, ist Hideaki Kubota. Als Leiter der Ingenieurabteilung im Gardeleger Werk ist er derzeit der einzige japanische Mitarbeiter vor Ort. Erst seit wenigen Wochen lebt und arbeitet Kubota in Gardelegen. Noch spricht er kein Deutsch. Aber es gefalle ihm hier sehr gut, versichert er freundlich, Gardelegen sei ein schöner Ort. Eine Auffassung, der sich Wahlhamburger Guido Steffen nur anschließen kann. Denn auch er überlegt derzeit, Gardelegen zu seinem Heimatort zu machen.