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Grenzgänger-Festival: Sängerin Christina Rommel trat am Freitagabend in der Algenstedter Kirche auf Glücksmomente für die Ohren und den Gaumen

Von Donald Lyko 22.10.2012, 03:18

Mit ihrem Schokoladen-Konzert war Christina Rommel am Freitagabend zu Gast in der Algenstedter Kirche. Wie in der Angekündigung versprochen, gab es ein Konzert für alle Sinne.

Algenstedt l Die Kirchen als Orte der Begegnung vorzustellen, als Orte der Kultur und des Miteinanders; Menschen in die Kirchen einzuladen, die diese sonst nicht besuchen - das ist seit Jahren das Anliegen des Grenzgänger-Festivals. In Algenstedt hat sich dieser Wunsch der Organisatoren einmal mehr erfüllt. Denn viele Besucher des Konzertes waren zum ersten Mal in der Kirche, die mit Christina Rommels Auftritt auch ihre erste Veranstaltung dieser Art erlebt hat. Und weil die Kirche zu den kleineren zählt, wurde die Sängerin aus Erfurt nicht wie sonst von ihrer Band begleitet, sondern nur vom Gitarristen Christian Ständer.

Dritter im Bunde war der Chocolatier Dirk Beckstedde. Schon während die Besucher nach und nach eintrafen, war er an seinem Arbeitsplatz auf der Bühne fleißig und fertigte verschiedene Köstlichkeiten an. Lange musste das Publikum auch nicht warten, bis es die erste süße Kostprobe gab. Insgesamt vier Mal wurden während des Konzertes süße Verführungen verteilt. Als Schokoladenmädchen assistierten dabei Susen Hundt und Kathleen Grünthal. Auf ihren Tabletts hatten sie Nougattäfelchen, Espresso-Täfelchen und Vollmilch-Pecarés mit einer Himbeer-Prosecco-Füllung. Bei dieser Kostprobe durften die Zuhörer fleißig die Zutraten erraten, nachdem sich Hannelore von Baehr zuvor gemeldet hatte, um als Testerin auf der Bühne das Rätsel der fruchtigen Füllung zu ergründen. Dass die Kostproben geschmeckt haben, bekundeten die Gäste jeweils mit einem lauten "Hmm".

Auch sonst während des zweistündigen Konzertes -ohne Pause - gab es immer wieder die Interaktion zwischen Künstlern, Chocolatier und Publikum. So interviewte Christina Rommel mehrfach Dirk Beckstedde. Der erzählte über seinen Beruf, die Herkunft der Kakaobohne, deren Ernte und Verarbeitung und über die Verbindung einiger Nationen zur Schokolade. So erfuhren die Gäste zum Beispiel, dass die erste Praline in Belgien kreiert worden ist, dass in Holland die erste hydraulische Presse zur Herstellung von Kakaopulver erfunden wurde und dass wir die Trüffelpraline den Franzosen zu verdanken haben. Sie erfuhren aber auch, dass die Kakaobohne im Mittelalter eine Art Währung war. Für zehn Bohnen zum Beispiel bekam man die Dienste einer Prostituierten.

Im Mittelpunkt stand natürlich die Musik von Christina Rommel - gute deutschsprachige Musik. Für ihre Schokoladen-Konzerte, mit denen sie seit fünf Jahren durch Deutschland und andere Länder tourt, hat sie Balladen ebenso ausgesucht wie jazzige Stücke und auch rockige Klänge. Zur Eröffnung bekannte sie gleich im Schokoladenlied: "So süß, so zart, zu widerstehen ist einfach hart. Ich steh\' auf Schokolade."

Auf einem Hocker sitzend, aber auch mal zwischen den Kirchenbänken stehend, sang und moderierte die Thüringerin ihr Programm, das wirklich alle Sinne ansprach. Besonders aber den Geist und das Gehör, denn Christina Rommel singt eingängige Melodien mit sehr schönen Texten: mal die nachdenklich-sinnlichen, teils romantischen wie über den "Engel der Nacht", "Mach die Augen auf" oder "Gib nicht auf", mal die fröhlichen wie über einen perfekten Sommertag, bei dem auch das Publikum gefragt war. Selbst wenn die Lieder inhaltlich nicht direkt mit Schokolade zu tun haben, so fand Christina Rommel in der Moderation immer wieder den schokoladigen roten Faden. Zum Beispiel den zum Weltenbummler-Song "Ich hör das Meer", denn ohne die Entdecker und Weltenbummler wie Kolumbus oder Cortez wäre die Kakaobohne vielleicht nie nach Europa gekommen. Anderes Beispiel: Bevor sie singend fragte: "Was ist Glück?", hatte Christina Rommel ihrem Publikum erzählt, was Schokolade für sie ist: Poesie, Lachen, Sünde, Leidenschaft, Musik, "vor allem aber greif- und essbares Glücksgefühl". Für sie ist "Schokolade ein bisschen wie zuhause", bekannte die Künstlerin in der Anmoderation des Liedes "Alte Fotos".

Zwischen den Liedern unterhielt die Erfurterin, die seit ihrer Jugend mit verschiedenen Bands auf der Bühne steht, mit Gedichten über Schokolade, wie den lyrischen Wunsch "Ich möchte einmal nur im Leben auf Schokoladenberge klettern". Und sie erzählte die Geschichte eines Mannes, der drei Wünsche frei hat. Nachdem das Haus mit Garage stand und auch ein tolles Auto da war, äußerte er den dritten Wunsch: Ich möchte für Frauen unwiderstehlich sein! Gesagt, getan: Er wurde in eine Tafel Schokolade verwandelt.

Nicht nur an dieser humorigen Stelle hatte das Publikum viel Spaß. Es war das Gesamtprogramm dieses Schokoladen-Konzertes, dessen kleiner Rahmen es zu einer Art Klubkonzert gemacht hat. Und es waren die sehr sympathischen Musiker, die ihr Metier meisterlich beherrschen - so wie auch Chocolatier Dirk Beckstedde. Für die drei Akteure gab es verdienten, lang anhaltenden Applaus und als Dankeschön der Kirchengemeinde für jeden eine Flasche Wein. Für das Publikum in der Algenstedter Kirche gab es zwei gesungene Zugaben und nach dem Konzert weitere süße Kostproben.