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Bau- und Hauptausschuss diskutieren um den Erhalt des grünen Genthins Für Fuß- und Radwege müssen Bäume in der Berliner Chaussee weichen

Von Simone Pötschke 27.11.2013, 02:07

Mit dem Ausbau der Bundesstraße 1 werden entlang der Berliner Chaussee 80 Bäume fallen. Das sorgte sowohl im Hauptausschuss als auch im Bau- und Vergabeausschuss für aufgeregte Diskussionen.

Genthin l Alles andere wäre eine Überraschung gewesen: Im Hauptausschuss hielt der bündnisgrüne Lutz Nitz ein flammendes Plädoyer für den Erhalt der 80 Straßenbäume, die dem Bau eines Rad/Gehweges weichen sollen. "Von solch einem Kahlschlag war nie die Rede", sagte er, "mal abgesehen davon, wie man für den grundhaften Straßenbau von 1600 Metern drei Jahre braucht."

Vor allem mit den Planern ging er heftig ins Gericht. Er hätte von guten Planern erwartet, dass wenigstens einige Bäume stehen bleiben. "Ich bin Naturwissenschaftler und weiß deshalb, dass es immer Alternativen gibt", wiederholte Nitz mehrfach. Dem Landesbaubetrieb und den Planern warf er eine "Kettensägenpolitik" vor.

Unerwartete Schützenhilfe erhielt Nitz von Andreas Buchheister (CDU). Er könne sich noch an viele Gespräche erinnern, als es darum ging, Grün bei der Bahnhofsvorplatzgestaltung zu erhalten. "Das harte Ringen, wie man heute sieht, hat sich gelohnt", so Buchheister.

"Ich wundere mich, dass die Leute so ruhig sind."

Harry Czeke (Die Linke)

Harry Czeke (Die Linke) verlieh dem Disput einen politischen Akzent, als er anmerkte, dass ein solch massiver Eingriff in das städtische Grün, wie er jetzt geplant sei, der Mitwirkung des Wirtschafts- und Umweltausschusses bedurft hätte. "Ich wundere mich, dass die Leute so ruhig sind", sagte er.

Die Baumfällaktion sei ein erneutes Beispiel dafür, dass Beschlüsse aus dem Bau- und Vergabeausschuss als einem beschließenden Ausschuss einfach an dem Stadtrat vorbei gefasst werden, merkte Nitz verärgert an.

Bürgermeister Thomas Barz erwiderte darauf, dass sich der Stadtrat mit dem Beschluss von 1. November 2010 bewusst dafür entschieden habe, dass die Bäume dem Bau eines Radweges weichen. Nitz konterte: "Es wurde nie gesagt, dass alle Bäume fallen. Ich habe kein Protokoll gefunden, in dem dies stand".

Im Bau- und Vergabeausschuss am Montagabend äußerte Günter Sander (Bündnis 90/Die Grünen) sein Unverständnis, dass alle Bäume weg sollen. Mit Blick auf den ersten Bauabschnitt, der die Berliner Chaussee umfasst, wies Dagmar Turian, Leiterin des Fachbereichs Bau in der Genthiner Stadtverwaltung, darauf hin, dass alle Bäume im Baufeld ständen und einige ihr Lebensalter schon überschritten haben. Außerdem brachte sie die Verwerfungen des Wurzelwerkes zur Sprache. Schon jetzt mache man dort eine Berg- und Talfahrt. Ein viertes Argument, weshalb sich die Bäume schlecht erhalten lassen, nannte Thomas Barz: "Bei einem grundhaften Ausbau passiert so viel um den Baum herum". Er habe das selbst beim Ausbau der L52 in Schopsdorf erlebt. Der Stadtchef verhehlte nicht, dass er sich auf den Ausbau und den durchgehenden Fuß- und Radweg freue, aber eines sei auch klar: "Das Gesicht der Berliner Chaussee wird sich grundlegend ändern".

"Das Gesicht der Chaussee wird sich grundlegend ändern."

Bürgermeister Thomas Barz

Franz Schuster (LWG Fiener) spürte zwei Herzen in seiner Brust schlagen. Zum einen wünsche er sich eine grüne Stadt, zum anderen ausgebaute Geh- und Radwege. Gerhard Koschnitzke (SPD) empfand den Ausbau der Ortsdurchfahrt insgesamt als "aufgezwungen", ließ sich aber von seinen Ausschusskollegen eines besseren belehren, dass sich der Stadtrat frühzeitig für einen Ausbau stark gemacht habe.

Ob die Berliner Chaussee nach Abschluss der Bauarbeiten komplett ohne Bäume bleibe, sei noch nicht entschieden, sagte Dagmar Turian. Wo die Ersatzbäume gepflanzt werden, stehe noch nicht fest.

Günter Sander ließ sich überzeugen, dass das Fällen der Bäume entlang der Berliner Chaussee, weil sie direkt im Baufeld stehen, unumgänglich ist. Er war aber nicht damit einverstanden, sollte das im zweiten Bauabschnitt (Wederstraße) ähnlich aussehen. Dort habe man es schließlich mit jüngeren Bäumen zu tun. Es sollte auf jeden Fall geprüft werden, ob die für die Zeit des Ausbaus nicht umgesetzt werden könnten. Allerdings gab die Bauamtsleiterin hier zu bedenken, dass die Stadt nicht Bäume pflanzen könne, wie sie wolle, sondern beispielsweise auch die Wohnbebauung zu beachten habe: Könnte das Wurzelwerk bis ans Haus dringen? Wie verhält es sich mit dem Schattenwurf?

Von der Baumdiskussion unabhängig empfahl der Bauausschuss dem Stadtrat, die Ortsdurchfahrtsvereinbarung mit der Landesstraßenbaubehörde zu beschließen, vorausgesetzt, die von der Stadtverwaltung erarbeiteten Bedenken werden berücksichtigt.