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Otto Schulze: Neuer Betreiber soll dem Objekt neues Leben einhauchen / Senioren brauchen eine Begegnungsstätte Der Lindenhof kann auf eine 129-jährige Geschichte zurückblicken

09.01.2014, 01:23

Ortschronist und Bürgerpreisträger Otto Schulze aus Altenplathow befasst sich mit der Geschichte der Begegnungsstätte "Lindenhof", die gegenwärtig zum Verkauf steht:

Seit 129 Jahren gibt es den Lindenhof, drei Jahre davon gehörte er zur Gemeinde Berg. Sie wurde 1888 mit der Eingemeindung Teil der Stadt Genthin.

Der Lindenhof gilt als ältestes noch bestehendes Tanzlokal der Kanalstadt. In seiner langen Geschichte fanden hier nicht nur Familienfeiern, sondern jahrelang jeden Sonnabend öffentliche Tanzveranstaltungen statt. Meistens spielte eine Kapelle mit mindestens vier Musikern auf. Gern erinnere ich mich an diese Zeiten. Es war Ehrensache, sonnabends zum Tanz zu gehen. Alle Veranstaltungen begannen um 20 Uhr, Einlass war 19 Uhr. Schluss und Polizeistunde wurde um 1 Uhr geboten. Das war gar nicht so schlecht, hatte man doch Zeit, sein Mädchen nach Hause zu begleiten.

In jener Zeit waren Günther und Edith Peters Inhaber des Lindenhofes, den sie 1939 übernommen hatte. Das Gaststättenehepaar ließ seinerzeit den Gasthof renovieren und restaurieren. Dieser Zustand ist auch nach 75 Jahren originalgetreu erhalten geblieben. Günther Peters hatte eine interessante Theke. An der Wand stand in großer Schrift: "Wie der Baum trägt seine Äste, so der Wirt hält seine Gäste".

Aber auch in den Jahren, bevor Familie Peters den Lindenhof betrieb, war hier immer was los. Man wusste zu berichten, dass unter den Linden, die heute noch im Garten stehen, in den 1920er Jahren herrliche Sommerbälle gefeiert wurden. Die Linden waren und sind es auch heute noch, die dieser Gaststätte den Namen gegeben haben.

Der Lindenhof verfügte auch über eine überdachte Holzkegelbahn. Kegelbahnen waren bis 1945 keine Seltenheit in Gaststätten.

1964 gab das Ehepaar Peters die Gaststätte aus Altersgründen auf. Die Stadt Genthin erwarb den Lindenhof und richtete dort das Jugendclubhaus ein, das bis 1976 Bestand hatte. Noch zu DDR-Zeiten wurde der Lindenhof zum Kreiskulturhaus umfunktioniert. Danach wurde das Objekt Clubhaus der Volkssolidarität. Die Seniorenakademie hatte hier ihren Sitz. Das Haus wurde in den vergangenen Jahren mehrmals umgetauft und bekam 1991 seinen ursprünglichen Namen zurück.

Seit dieser Zeit wird dieses Haus als kulturelle Begegnungsstätte durch die Stadt Genthin genutzt, die auch Eigentümer ist. Seit 2003 stand der Lindenhof in der Betreuung und Bewirtschaftung der QSG. Nun wird das Haus durch die Stadt verkauft.

Das Haus hat soviel erlebt, die Kaiserzeit, den I. und II. Weltkrieg, die Weimarer Republik, die NS-Zeit und die DDR. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort. Möge sich wieder ein Betreiber finden, der dem Lindenhof neues Leben einhaucht.

Wo können nun die Selbsthilfegruppen unterkommen? Nicht jeder hat ein eigenes Objekt. Auch die älteren Bürger der Stadt haben im Lindenhof viele fröhliche Stunden ver- und erlebt.

(Anmerkung der Redaktion: Die Stadt hat an den Verkauf des Objektes die Bedingung geknüpft, dass der neue Besitzer das Objekt einen Tag in der Woche für Vereine und Gruppen zur Verfügung stellt.)