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Patient führt Beschwerde über lange Verweildauer im Krankenhaus Verschaukelt oder doch gut versorgt?

Von Simone Pötschke 11.03.2014, 02:22

Operation erfolgreich - der Patient kehrt trotzdem verärgert über seinen vermeintlich langen Klinikaufenthalt dem Genthiner-Krankenhaus den Rücken. Schwere Vorwürfe, dass es den Ärzten nur um die Belegung von Betten und Abzocke geht, stehen im Raum. Chefarzt Dr. Falkenberg widerspricht. Allein das Patientenwohl habe im Vordergrund gestanden.

Genthin l Als Jürgen Zelinski vor einigen Wochen dem Genthiner Krankenhaus genesen den Rücken kehrte, dürfte seine Gefühlslage zwiespältig gewesen sein. Einerseits verabschiedete er sich überschwänglich in Anbetracht einer gelungenen Schulter-OP bei Operateur Chefarzt Dr. Bernd Falkenberg, während er wenige Tage zuvor heftig Beschwerde über einen, wie er meinte, unangemessen langen Klinikaufenthalt führte. Die lange Verweildauer sei nicht gerechtfertigt gewesen. Sein Krankenhausaufenthalt habe lediglich der "Abzocke" gedient.

Zelinski ist nicht zimperlich und macht seinem Unmut Luft. Dreh- und Angelpunkt seiner Verärgerung ist die mehrfache Verschiebung seines OP-Termins. Er sei nach einer CT-Untersuchung eine Woche im Krankenhaus gewesen, ohne das irgend etwas geschehen sei. Unter anderem seien als Gründe fehlende Untersuchungsunterlagen von Herz und Lunge angegeben worden. Dann sollten nun doch Herz und Lunge im Krankenhaus untersucht werden.

Für Jürgen Zelinski war dies nicht nachvollziehbar, weil erst kurz vor dem Krankenhausaufenthalt entsprechende Untersuchungen im Lostauer Klinikum durchgeführt worden sind. Ein Telefonat, so die Annahme des Karowers, hätte das Problem schnell behoben und ihm den Krankenhausaufenthalt verkürzt.

"Die Ärzte gaben mir in Genthin ständig irgendwelche OP-Termine, die nicht eingehalten wurden, da immer die gleichen Untersuchungen fehlten", ärgert sich Zelinski. "Mir kommt es so vor, dass das Krankenhaus einfach nur hinter dem Geld der Krankenkasse her ist", mutmaßt er.

Elf Tage vergingen zwischen Aufnahme des Karowers im Krankenhaus bis zur Ausführung der OP.

Der zuständige Operateur, Chefarzt Dr. Bernd Falkenberg, weist diese Vorwürfe mit Vehemenz zurück. "Im Falle des Patienten Zelinski", macht der Mediziner klar, "würde ich mich jederzeit wieder so entscheiden." Bei dem Patienten habe es eine Reihe von Risikofaktoren gegeben, die neueste Untersuchungen und Befunde notwendig gemacht hätten. "Ich operiere nur dann, wenn ich weiß, dass für meinen Patienten die Operation weitestgehend risikolos ist", sagt Dr. Falkenberg kompromisslos.

Dr. Falkenberg hebt damit auf das Abrechnungssystem für Krankenhäuser ab, dessen Hauptanreiz darin besteht, anders als Jürgen Zelinski annimmt, Patienten möglichst nur kurze Zeit im Krankenhaus zu behandeln. Kurz gesagt: Eine kurze Verweildauer bedeutet Kostenersparnis und schwarze Zahlen, eine lange Liegedauer führt nicht zu höheren Erlösen und deshalb in der Tendenz zu roten Zahlen.

Grundbegriffe der Abrechnung

Die Abrechnung der stationären Krankenhausleistungen erfolgt seit 2003 nach einem pauschalisierten Entgeltsystem, für Laien nur sehr schwer nachzuvollziehen.

Krankenhausleistungen mit einem vergleichbaren Behandlungsaufwand werden in einer Fallgruppe (DRG) zusammengefasst und mit einem einheitlichen Betrag, der die durchschnittlichen Behandlungskosten abdecken soll, vergütet.

Kriterien für die Eingruppierung der Patienten sind der Operationsschlüssel, bei nicht operativen Behandlungen die Hauptdiagnose sowie Nebendiagnosen. Alter, Geschlecht und Verweildauer sind weitere Kriterien.

Der Kostenaufwand des Krankenhausaufenthaltes einer bestimmten Fallgruppe wird durch das relative Kostenverhältnis der Behandlung zu einer theoretisch definierten Basisgröße 1,0 dargestellt. Diese Basisgröße 1,0 stellt die durchschnittlichen Behandlungskosten eines Falles dar. Weniger aufwendige Fälle haben ein Kostengewicht von kleiner 1,0, aufwendigere Fälle von größer 1,0. Die Kostengewichte werden von einem eigenständigen Institut rechnerisch ermittelt und jährlich neu angepasst.

Beschwerde bei der Krankenkasse

Jürgen Zelinski lässt auch nach seiner Beschwerde gegenüber der Volksstimme nicht locker und hat die Umstände seines Krankenhausaufenthaltes ebenso seiner Krankenkasse, der BKK Novatis, gemeldet. "Mehrkosten einer Behandlung sollten natürlich nicht zu Lasten der Krankenkasse gehen", sagte Pressesprecherin Regina Schumacher auf Anfrage. Sie räumte allerdings ein, nicht konkret mit dem Fall Zelinski vertraut zu sein und diesen deshalb auch nicht bewerten könne. Eine Prüfung könne sehr langwierig sein.

Chefarzt Dr. Falkenberg sieht einer eventuellen Prüfung gelassen entgegen. "Die Behandlung von Herrn Zelinski verlief absolut korrekt, seine Verweildauer war gerechtfertigt."