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Vortrag von Antonia Beran vor Mitgliedern der Volkssolidarität Der Puppenspieler aus Wusterwitz: Wilhelm Götze

Von Edelgard Schlaffke 24.04.2014, 01:21

Genthin l Auf Götzes Höh am Wusterwitzer See hatte Wilhelm Götze sein Domizil. Genannt wurde er nur Vater Götze. Viele Monate des Jahres war er mit seinen Puppen unterwegs - Immer herrschte Freude bei den Kindern und Erwachsenen, wenn es hieß, Vater Götze kommt mit seiner Familie.

Antonia Beran, Leiterin des Kreismuseums, war kürzlich zu Gast in der Begegnungsstätte Schillerstraße und hielt einen Vortrag über das Leben und Wohnen des Puppenspielers.

Dieser wurde als Kind armer Leute 1871 in Großwusterwitz geboren. Seine Mutter war Semmelfrau, das heißt, sie trug die Brötchen zu den Kunden des Bäckers.

Wilhelm Götze muss schon früh ein paar Pfennige verdienen. Das tut er als Hutjunge bei den Bauern. Mit 14 Jahren nimmt er eine Schneiderlehre in Genthin auf. Nach einem Jahr hat er davon die Nase voll und bricht die Ausbildung ab. Er verbringt seine Jugend in einem Wanderhaus. Bei den Artisten lernt er viel und macht sich 1895 mit seinem Wandertheater selbstständig. Seine Frau Auguste stammt aus Ziesar. Wilhelm lernt sie in Berlin kennen. Zusammen bauen sie das Wandertheater aus.

Zunächst besitzen sie einen Hundewagen, dann ziehen Pferde den Planwagen. In den dreißiger Jahren besitzt er einen großen motorisierten Wohnwagen. Inzwischen ist die Familie groß geworden. Alle sechs Kinder wirken im Programm mit.

Götze spielt in Deutschland und im Ausland. Sein erster Auslandseinsatz ist die Schweiz. 16 Jahre blieb er Anfang des 20. Jahrhunderts der Heimat fern. Sein Auftritt nach dieser langen Abwesenheit ist in Parey in der Gaststätte "Schwarzer Adler". Die Aufführung "Don Juan" ruft große Lachsalven hervor.

40 lebensgroße Kunstfiguren und seine Familie sind die Akteure. Der Eintritt kostet 75 Pfennig.

Wilhelm Götze wird in einem Roman von Klaus-Erich Boerner als Volkskünstler bezeichnet. 1930 erwirbt er ein Grundstück am Wusterwitzer See, genannt Götzes Höh. Der Weg dorthin ist durch von ihm geschnitzte Figuren und Schilder gekennzeichnet.

Die Überlieferung berichtet ebenfalls von seinem "makaberen" Humor. Das zeigt zum Beispiel folgende Episode mit zwei Landstreichern. Götze soll gesagt haben: "Ihr geht zum Gemeindevorsteher und sagt ihm, der Landrat lässt ausrichten, er solle dafür sorgen, dass die Männer in das Genthiner Krankenhaus gefahren werden."

So geschieht es. Natürlich hat diese Aktion ein Nachspiel, als der echte Landrat vom Krankenhaus die Rechnung für den Aufenthalt der Männer erhält. Es kommt zur Klage. Vor Gericht redet sich Götze heraus. Er hätte nicht behauptet, dass er der Landrat wäre, sondern sagte nur "der Landrat lässt ausrichten." Bei soviel Schlitzohrigkeit zieht der echte Landrat die Klage zurück und lässt die Rechnung bezahlen.

Seinen Humor beweist Vater Götze mit dem Bau seines Sarges aus Eichenholz und einem kleinen Fenster. Er wollte schließlich sehen, wer zu seiner Beerdigung kommt. Persönlich verfasst er seine Grabrede.

Im Alter von 83 Jahren stirbt der Volkskünstler und Holzschnitzer Wilhelm Götze in Wusterwitz, wo er seine letzte Ruhe findet.

Seine Puppen wurden in viele Städte verkauft. Das Genthiner Kreis- und Heimatmuseum hat eine Figur. In Gollwitz steht ein Taufbecken.