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Probetraining des Genthiner Radsportclubs 66 e.V. auf der Radrennbahn im Volkspark Altenplathow Ein Dicker kann auch ein Radrenner werden

Von Manuela Langner 11.04.2011, 06:39

Ihre ersten Runden auf einem Rennrad drehten am Sonnabendnachmittag Jungen und Mädchen im Volkspark Altenplathow. Der Genthiner Radsportclub 66 e.V. (GRC) hatte zum Probetraining eingeladen und einige Kinder gefunden, die gern ins Training einsteigen möchten.

Genthin. Bislang war für den zehnjährigen Dominik Fußball die Sportart Nummer eins gewesen. Nach seiner Probefahrt auf einem Rennrad am Sonnabendnachmittag kann er sich aber gut vorstellen, aufs Zweirad zu wechseln. "Das gefällt mir", sagte der Junge mit einem Lächeln. Er setzte sich wieder auf das rote Rennrad, das er zum Probetraining beim Genthiner Radsportclub erhalten hatte, und drehte noch ein paar Runden mehr auf der Radrennbahn im Volkspark Altenplathow.

"Weil Mamas Cousins auch dabei gewesen sind", hatte sich vor anderthalb Jahren die elfjährige Hannah fürs Radtraining entschieden. Inzwischen kann das Mädchen schon stolz Erfolge vorweisen. Bei den Landesmeisterschaften holte sie den dritten Platz, und auch zum Saisonauftakt in Groß Dölln stand sie als Zweitplatzierte wieder auf dem Treppchen.

Jungen und Mädchen waren zum Probetraining gleichermaßen willkommen. Die Mädchen sind zurzeit die Leistungsträger im Verein.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um ein guter Radrennfahrer zu werden? "Ganz wichtig ist, Lust dazu zu haben", sagte Horst Grimm, Präsident des GRC. Er kümmerte sich gemeinsam mit Wolfgang Fischbach und Holger Sabert am Streckenrand um die Kinder und beobachtete, wie Dominik, Lukas oder Benjamin mit ihrem noch ungewohnten Sportgerät klar kamen.

"Und man muss bereit sein, sich zu belasten", setzte Horst Grimm hinzu. Also einen stürmischen Wind auszuhalten, wie er am Freitagnachmittag beim Training geherrscht hatte, oder Regen oder Hitze. Und die Bereitschaft muss da sein, einen Anstieg zu überwinden, auch wenn die Beine schon müde und schwer sind. "Beim Training wird schon einmal so schnell gefahren, dass die Zunge raus hängt", sagte Horst Grimm. Überlastet würden die Kinder aber nicht.

Schlechtes Wetter störe ihn beim Fahren nicht, versicherte der zwölfjährige Brian. Er trainiert seit einer Woche beim GRC. Auf den Geschmack gekommen war er bei der täglichen Fahrt zur Schule: drei Kilometer hin und wieder zurück. "Und am Nachmittag bin ich dann auch noch Fahrrad gefahren."

Kinder, die den Radsport für sich entdecken, können beim GRC erst einmal ein Vierteljahr kostenlos trainieren. Rennrad und Bekleidung wird ihnen in dieser Zeit gestellt. "Nicht, dass die Eltern alles anschaffen und dann liegt es in der Ecke, weil die Kinder doch nicht mehr fahren wollen", sagte Horst Grimm. Erst nach den zwölf Wochen, wenn sich der Junge oder das Mädchen sicher ist, Radsport trainieren zu wollen, müssen die Eltern Sportbekleidung kaufen.

Trainiert wird dreimal in der Woche. Treffpunkt ist meistens um 16 Uhr am Vereinsgelände im Seedorfer Weg. Für die Anfänger geht es erstmal noch nicht auf die Straße. Bis sie ihr Rennrad sicher beherrschen, wird auf der Radrennbahn geübt. Zwar kennen heute viele Kinder von ihren eigenen Fahrrädern Gangschaltung und Freilauf, aber die Sitzposition ist auf einem Rennrad eine ganz andere. Für einen runden Tritt stecken die Füße obendrein in Haken fest. Da darf das Lösen vor dem Anhalten nicht vergessen werden.

Dass es zum Training wieder raus auf die Straße geht, macht den GRC-Nachwuchs glücklich. Das Wintertraining in der Halle, wo vor allem Kraft und Athletik geschult werden, steht auf der Beliebtheitsskala nicht so weit oben. Es ist aber wichtig: "Der Rennfahrer wird im Winter gemacht", zitierte Horst Grimm eine alte Radsportweisheit.

Wer am Sonnabend auf dem Rennrad eine besonders gute Figur gemacht hat, muss nicht automatisch auch ein guter Radrenner werden. "Es ist nicht gesagt, dass nicht auch ein kleiner Dicker oder Dünner ein guter Rennfahrer werden kann. Von der Figur her kann man das nicht sagen. In dem Alter stecken die Kinder noch in der Entwicklung drin", sagte Horst Grimm.

Der zehnjährige Lukas hat sich nach einem Besuch von Holger Sabert an seiner Schule für den Radsport begeistern lassen. "Bloß das Hinfliegen macht keinen Spaß", erzählte er, und seine Freunde wussten, wovon er spricht. "Bei ihm weiß man nie", fügte Hannah lachend hinzu.

Während der zehnjährige Joshua eher skeptisch war, ob Radsport zu ihm passt, konnte es Kim-Luca kaum erwarten, auch eine Maschine zum Probetraining zu bekommen. Gerade waren alle Räder auf der Bahn unterwegs. "Mir macht das Fahren großen Spaß", sagte der zehnjährige Benjamin. "Ich habe von dem Probetraining gehört und bin einfach mal hergekommen."

Wie jeder andere Sportverein habe auch der GRC Nachwuchssorgen, sagte Horst Grimm. Am schlechten Image, das dem Radsport nach den zahlreichen Dopingvergehen im Profibereich anlastet, liege das nicht. "Ursache ist der Rückgang der Schülerzahlen."

Wer das Probetraining am Sonnabend verpasst hat, bekommt diese Woche eine neue Chance. Wieder am Sonnabendnachmittag ab 14.30 Uhr ist der GRC an der Radrennbahn im Volkspark Altenplathow auf der Suche nach Nachwuchsfahrern.