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Bedeutungsvolles Treffen zwischen späterem Reichskanzler und Wilhelm von Preußen auf dem Bahnhof Was ist mit der Bismarck-Gedenktafel passiert?

15.09.2011, 04:28

Genthin. Es war vielleicht ein entscheidender Moment, mit Sicherheit aber ein großer Schritt auf der Karriereleiter nach oben für ihn - und er erlebte ihn im Juni 1848 in Genthin. Als Otto von Bismarck an jenem Tag dem späteren Kaiser Wilhelm I. (damaliger preußischer Prinz) auf dem Genthiner Bahnhof begegnet ist, entstand eine Verbindung zwischen dem damals 33-jährigen Bismarck und dem Prinzen, die sich später noch als starkes Bündnis herausstellen sollte.

Seit 1872 ist Otto von Bismarck Ehrenbürger der Stadt Genthin und noch immer ist sein Name in der Stadt präsent, nicht zuletzt durch das Bismarck-Gymnasium. Doch warum existiert die enge Verbindung zwischen dem späteren Reichskanzler des Deutschen Reiches und der Kanalstadt überhaupt? Wenig ist darüber bekannt, doch ein paar Spuren lassen sich finden.

Wie aus einem Zeitungsartikel in der Volksstimme aus dem Jahr 2004 hervorgeht, lebte Otto von Bismarck 1837 für einige Zeit in Genthin. Er war damals Referendar in Potsdam und wirkte auch am hiesigen Amtsgericht. Angeblich soll sich seine Wohnung in der Brandenburger Straße befunden haben. Viel mehr ist aus dieser Zeit heute nicht bekannt, über die Begegnung Bismarcks mit dem preußischen Prinz auf dem Genthiner Bahnhof jedoch schon. In Band 1 der "Gedanken und Erinnerungen" Bismarcks ist sie aus Sicht des späteren Reichskanzlers zu finden: "Er (der Prinz von Preußen - d. Red.) erkannte mich in den hintersten Reihen des Publikums, bahnte sich den Weg durch die vor mir Stehenden, reichte mir die Hand und sagte: ¿Ich weiß, daß Sie für mich thätig gewesen sind, und werde Ihnen das nie vergessen.\'"

Was war geschehen? In Deutschland tobte im Jahr 1848 die Märzrevolution, das Volk sehnte sich nach einem deutschen Einheitsstaat und forderte demokratische Reformen - was den alten Eliten, unter anderem Preußen, gar nicht gefiel. Bismarck, ein Verfechter der Monarchie und ein Bewunderer Preußens, sprach sich in Berlin auf dem Landtag im April 1848 deutlich gegen die Revolution aus und wurde damit zur Galionsfigur der äußeren Rechten. Seine antiliberale Haltung gefiel dem preußischen Prinz, der Ausdruck seiner Wertschätzung gegenüber Bismarck brachte die beiden Herren nahe zusammen und infolge dieser Begegnung trafen sie sich öfter. Bismarck schreibt weiter: "Bald nach der Begegnung in Genthin lud er mich nach Babelsberg ein. Ich erzählte ihm mancherlei aus den Märztagen." Die weitere Entwicklung dieser Geschichte ist bekannt: Kaiser Wilhelm I. ernannte Bismarck 1871 zum ersten Reichskanzler des Deutschen Reiches.

Am 7. Juni 1935 wurde zu Ehren von Otto von Bismarck eine Gedenkttafel am Bahnhof angebracht. Das Genthiner Wochenblatt schrieb zuvor im Mai 1935: "Fürst Bismarck war damals während der Abwesenheit des Prinzen Wilhelm in England in der Heimat warmherzig für die königliche Familie, insbesondere für den Prinzen, eingetreten." Doch bereits 1945, vermutlich kurz nach Kriegsende, wurde die Tafel beseitigt und ist seitdem verschollen.

Wer kann sich noch an den Platz der Bismarck-Tafel erinnern? Was ist mit der Gedenktafel im Jahr 1945 passiert? Hinweise nimmt die Volksstimme unter (0 39 33) 87 34 23 oder unter christopher.kissmann@volksstimme.de entgegen.