1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Ursula Sarrazin: "Halberstädter werden bevormundet"

Oberbürgermeister Henke dankt Pfarrer Bartmuß und nennt entstandene Situation höchst bedauerlich Ursula Sarrazin: "Halberstädter werden bevormundet"

Von Tom Koch 06.03.2013, 01:17

Halberstadt l In der Debatte um den vom Gemeindekirchenrat verhinderten Auftritt von Ursula Sarrazin beim Halberstädter Abend meldet sich jetzt auch die Berliner Autorin und frühere Pädagogin zu Wort. In ihrem der Volksstimme übermittelten Schreiben heißt es: "Die Diskussion, die der Gemeindekirchenrat in Halberstadt gerade vermeiden wollte, hat er jetzt - ganz ohne mein Zutun."

Ursula Sarrazin fragt danach, woher das Gremium wissen wolle, ob und was sie zur Bildungsdebatte beizutragen habe. Die Verantwortlichen des Evangelischen Kirchspiels würden weder ihre pädagogische Arbeit noch sie als Person kennen. Sie habe auch nicht den Eindruck, "dass eines der beteiligten Mitglieder mein Buch gelesen hätte", so die Autorin von "Hexenjagd" mit dem Untertitel: Mein Schuldienst in Berlin. Sie habe über das bundesdeutsche Schulsystem sprechen wollen, das voller Mängel sei, das Mobbing gegenüber Lehrern möglich mache - so habe sie es erlebt. Die Stellungnahme des Gemeindekirchenrates, dabei handele es sich um "sehr spezielle persönliche Erfahrungen" lässt Ursula Sarrazin fragen: "Darf man bei mir andere als die üblichen menschlichen Maßstäbe gelten lassen?"

"Wie kann mein Auftritt einer ganzen Stadt schaden?"

Sie könne "beim besten Willen" nicht erkennen, wie ihr Auftritt bei einem kirchlichen Gesprächsabend, in einem Vortrag, in einem Gespräch über Schule "gleich einer ganzen Stadt schaden könnte".

Ursula Sarrazin erhebt ihrerseits nach ihrer Ausladung gegenüber dem Halberstädter Kirchspiel den Vorwurf: "Hier werden die Halberstädter Bürger doch sehr bevormundet. Was ihnen nützt oder schadet, würden sie vielleicht gern selber entscheiden."

Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) hat sich in einem persönlichen Schreiben an Pfarreri.R Hartmut Bartmuß gewandt. Diesem war im Zusammenhang mit der Debatte um den Halberstadt-Auftritt Ursula Sarrazins von Frieder Liebrich für den Gemeindekirchenrat mitgeteilt worden, er werde mit sofortiger Wirkung von der Aufgabe der Organisation und Moderation der Halberstädter Abende entbunden.

Henke stellte dieses Schreiben gestern der Volksstimme zur Verfügung. Darin erklärt er, er finde die entstandene Situation "höchst bedauerlich". Die Halberstädter Abende seien ohne Zweifel von besonderer Qualität und Renommee, was letztlich viele interessante und hochrangige Gäste nach Halberstadt geführte habe. Der Oberbürgermeister: "Ihr Anteil daran ist völlig unstrittig und selbstredend gebührt Ihnen dafür großer Dank! Den möchte ich Ihnen als Vertreter der Stadt Halberstadt übermitteln."

Gleichwohl, so das Stadtoberhaupt, sei die Frage zulässig, ob es nach der Kontroverse um Thilo Sarrazin angeraten war, nun dessen Gattin einzuladen. Laut Henke gebe es sicher nicht Wenige, die Ursula Sarrazin als Sprachrohr seiner Botschaften wahrnehmen.

"Der Dialog ist leider nicht zustande gekommen"

Zur ausgebliebenen Aussprache von Hartmut Bartmuß und Gemeindekirchenrat erklärte der Rathauschef: "Fragen finden ihre Antworten nur im Austausch miteinander, im Dialog. Der ist offensichtlich leider nicht zustande gekommen." Allerdings stehe es ihm nicht zu, über Ursachen oder Schuld zu reden.

Henke: "Mir bleibt das Bedauern, dass Halberstädter Abende, wie ich sie kenne, nun zu Ende gehen. Schade, für uns alle, für Halberstadt!"