Heimatforscher Hartmut Neubauer sammelt seit seiner Jugend Sagen über das DorfÜber 200 wilde Geschichten spielen in Zilly
Um das kleine Dorf Zilly drehen sich einige Sagen, die über Generationen weitergegeben wurden. Über 200 von ihnen hat Hartmut Neubauer seit seiner Jugend schon gesammelt. "Kein Dorf verfügt über mehr Geschichten", wettet der Heimatforscher.
Zilly l Ein eher kleines Dorf - rund 800 Einwohner leben dort momentan. Von der Größe her ist Zilly sicher mit vielen Gemeinden zu vergleichen. "Aber ich wette, es gibt keinen ähnlichen Ort, zu dem es über 200 Sagen gibt", vermutet Hartmut Neubauer, der in seiner Freizeit Heimatforschung betreibt. Schon als junger Mann begann er, Geschichten rund um Zilly zu sammeln - mittlerweile ist ein dicker Ordner damit gefüllt.
Wer sich interessiert, kann die abenteuerlichsten Sagen von dem heute 54-Jährigen erfahren. Beispielsweise die von der bösen Moorfrau, die auf der Wasserburg in Zilly spuken soll. In Nebelnächten streift sie mit ihrer Laterne durch die Feldflur und lockt die Menschen in ihr Sumpfloch im Park. "Das macht sie heute noch - das Sumpfloch gibt es wirklich", berichtet Neubauer. Die Moorfrau hängt auch mit dem Höllebrunnen in Zilly zusammen. Vor langer Zeit verhexte sie die Pferde eines jungen Brautpaares - deren Kutsche fuhr in den Brunnen und versank. "Wer den Brunnen beschmutzt, ob arm oder reich, den bestraft die alte Moorfrau sogleich" heißt es außerdem in einem alten Gedicht. "Deshalb haben sich Kinder lange Zeit von dem Ort ferngehalten", so Neubauer.
Dem Höllebrunnen, der am sogenannten Höllebach liegt, werden aber auch gute Eigenschaften zugesprochen. So sollte ein junger Mann seiner schwerkranken Mutter einst Weihwasser aus der Baderslebener Kirche holen. Zu faul für den Fußmarsch, schenkte der Sohn ihr jedoch "Hölle-Wasser" ein und sie wurde bald gesund. "Mein Vater kannte die Familie sogar noch, bei der sich diese Geschichte ereignete", schwört Hartmut Neubauer.
Seine Quellen seien hauptsächlich alte Heimathefte und -bücher, die Aufzeichnungen von Dorfbewohnern, vor allem jedoch Erzählungen. "Als Junge habe ich oft auf dem Acker geholfen. Die älteren Dorfbewohner haben dann die wildesten Geschichten erzählt", erinnert er sich.
Ein Glück sei es gewesen, dass ihm alte Aufzeichnungen des Heimatforschers Max Liemann in die Hände fielen, zudem habe er 1975 die Notizen einer verstorbenen Einwohnerin abschreiben können. So konnte er auch Heimatsagen wie jene vom schwarzen Ritter retten, dessen Geist auf der Heiketalwarte umhergehen soll und die der Zwerge, die auf dem Sandklint Bergleute aus einem eingestürzten Stollen retteten.
Auf die über 200 Erzählungen seines Heimatortes ist Hartmut Neubauer stolz. Und fragt: "Welches ähnlich große Dorf aus der Region bietet mehr?"