1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Brachiale Klänge dienen der Erinnerung

Punkband spendet für Namenstafeln an Massengräbern auf einstigem KZ-Gelände Brachiale Klänge dienen der Erinnerung

Von Sabine Scholz 15.05.2013, 03:14

Mit der Reihe "Noten für Namen" sammeln Mitglieder des Fördervereins Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge Geld für Namenstafeln. Punkmusiker unterstützen diese Aktion.

Quedlinburg/Langenstein l Für manchen ist es mehr Geräusch als Musik, für andere ist es Musikgenuss pur, wenn Hardcorepunk aus den Boxen dröhnt. An die Musik hat sie sich auch erst gewöhnen müssen, gesteht Hanka Rosenkranz. Die Harzgeröderin ist Vorsitzende des Fördervereins Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge und Ehefrau eines Mannes, der die härteren Töne mag, "Durch ihn hat sie sich auch mit Punkmusik beschäftigt.

"Das beides muss sich ja nicht ausschließen",

Jens Botghe-Keune, Musiker

"Begeistert bin ich von den Texten", sagt Hanka Rosenkranz und freut sich, dass die Quedlinburger Band "Isolated" auf ihrer neuen, der achten CD viele Songs deutsch singt. "Wir haben gemerkt, dass Englisch oft nicht so gut verstanden wird", erklärt Jens Botghe-Keune, warum die neuen Songs auf Deutsch gesungen werden. Der Mitbegründer von "Isolated" hat viele der Songs zum neuen Album beigesteuert. Die Band, die seit 20 Jahren Musik macht, will nicht nur unterhalten, sie will die Zuhörer auch zum Nachdenken anregen. "Das muss sich beides ja nicht ausschließen", sagt der Musiker.

Gemeinsam mit seiner Frau Jenny Keune steht er im Kulturzentrum Dachverein Reichenstraße in Quedlinburg. Das ist der Ort, an dem die Band ihr 20-jähriges Bestehen feierte. Mit Freunden aus der Szene, die mit ihren Auftritten den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließen. Auch Hanka Rosenkranz schwärmt von der tollen Atmosphäre, dem Programm mit Auftritten der Bands "Crushing Caspars" aus Rostock,, "Punishable Act" aus Berlin, "Violance Approved" aus Saarloius, "BLB" aus Haldensleben. Sie alle haben nicht nur den Geburtstag von "Isolated" ausgestaltet, sie alle haben eine Idee mitgetragen, die Jens Botghe-Keune sofort unterstützte: Geld zu spenden für die Namenstafeln an den Massengräbern des einstigen Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge.

"Die Idee, Jens anzusprechen, hatte mein Mann", berichtet Hanka Rosenkranz, "und Jens hat sofort zugesagt". Mit dem Vorschlag, den Jubiläumsauftritt als Benefizkonzert auch für die Gedenkstätte zu nutzen, rannte man bei Stefan Helmholz offene Türen ein. "Wir haben als Verein schon einmal ein Projekt mit 15- bis 17-Jährigen gemacht und im Ergebnis für die Namenstafeln gespendet", berichtet der Geschäftsführer des Dachvereins Reichenstraße.

"Das Geld reicht für fünf Namenstafeln"

Hanka Rosenkranz, Vorsitzende Förderverein Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge

Also wurde kurzerhand beschlossen, einen Teil des Eintrittspreises zu spenden. Außerdem kamen noch Einzelspenden hinzu, so dass am Ende 580 Euro an den Förderverein der Gedenkstätte gehen. "Das Geld reicht für fünf Namenstafeln", sagt Rosenkranz. Mit jeder Tafel wird ein getötetes Opfer des KZ Zwieberge aus der Anonymität geholt, erklärt sie. Von den in den Massengräbern verscharrten Menschen sind 772 Namen bekannt. "Inzwischen haben wir bereits 319 Tafeln gießen lassen können, auf denen dann jeweils Namen und Lebensdaten der Opfer stehen", berichtet die Vereinsvorsitzende.

Als sie während des Konzertes vom Zweck der Spende berichtete, gab es viel positive Reaktionen, erzählt die Vereinschefin. "Vor allem auch junge Leute haben mich angesprochen und das war ja mit ein Anliegen von uns, junge Menschen anzusprechen."

In der Reihe "Noten für Namen" es Fördervereins gab es schon Blues, Klassik und Chorgesang. "Mit Rock und Punk haben wir unsere Idee wieder einer anderen Zielgruppe näher bringen können", sagt Rosenkranz, die im Hauptberuf Lehrerin ist.

Und Jens Botghe-Keune betont, wie wichtig der Band der Kontakt zu den Fans ist. "Wenn wir nur einen unserer Zuhörer über unsere Musik erreichen, ist schon viel gewonnen", sagt er, "wir nehmen uns auch Zeit für Gespräche. Zivilcourage zu zeigen, ist auch heutzutage wichtig." Schließlich habe sich die Band bewusst dafür entschieden, einer der Paten der Sekundarschule Hagenberg in Gernrode zu sein, die ihren Titel "Schule ohne Rassismus" verteidigt.