1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Prüfungsstress in der Tischlerwerkstatt

Hohen Anforderungen wird nur die Hälfte der Lehrlinge gerecht Prüfungsstress in der Tischlerwerkstatt

Von Dieter Kunze 02.08.2013, 01:09

Sie müssen sich konzentrieren, die angehenden Tischlergesellen. An fremden Maschinen fertigen sie eine Arbeitsprobe, um nach der Theorie-Prüfung auch den Praxistest zu bestehen.

Halberstadt l Alle Türen stehen an diesem Tag in der Tischlerwerkstatt in der Otto-Spielmann-Straße offen. Für die zwölf Lehrlinge der Tischlerinnung Harz-Bode bedeutet dies etwas Abkühlung bei dem Prüfungsstress. Nach dem schriftlichen Test in der Theorie und der Abgabe eines Gesellenstücks heißt es nun, unter Aufsicht der Mitglieder der Prüfungskommission innerhalb von sechs Stunden eine Arbeitsprobe abzugeben.

Seit sieben Uhr sind die zwölf Jugendlichen dabei, zunächst die Teile für eine "Telefonkonsole mit Schubkasten in klassischer Form" herzustellen. "Die Prüfung erfolgt nach einheitlichen Vorgaben, Mustern und Maßen", erläutert Danny Perkampus. Er ist seit 2006 Meister des Tischlerhandwerks und wurde von der Innungsversammlung zum Vorsitzenden der Prüfungskommission gewählt.

Mit dabei ist Philipp Schmidt von der Firma Bögelsack aus Langenstein. Er vertritt die Interessen der Arbeitnehmer. Schließlich kontrolliert auch Berufsschullehrerin Kerstin Hoffmann den Arbeitsablauf.

Zunächst müssen die bisherigen Lehrlinge den Zuschnitt der Teile an den Maschinen in der Werkstatt des Bildungsträgers BTH GmbH passgenau vornehmen. Nicht ganz so einfach ist das Herstellen der Nuten für die Schubkastenseiten. "Hier merkt man, wer sich mit der Technik auskennt", sagt Danny Perkampus und schon muss er aus Sicherheitsgründen bei einem Prüfling eingreifen.

Für die Nutherstellung steht eine moderne Lamellofräse zur Verfügung. Danach erfolgt das Verleimen. Alle Teile sind zu putzen und zu schleifen. Insgesamt keine leichte Aufgabe für die künftigen Gesellen, hier in der fremden Werkstatt, mit anderen Maschinen und Werkzeugen.

"Hier muss jeder Prüfling zeigen, wie er mit den entsprechenden Maschinen umgehen kann und wie geschickt er in Sachen Handarbeit ist", hebt der Chef-Prüfer hervor. In diesem Jahr könne man mit insgesamt zwölf Lehrlingen im Tischlerhandwerk zufrieden sein. Insgesamt werde es aber immer schwieriger, Bewerber für den Beruf mit den nötigen schulischen Vorleistungen zu finden.

Danny Perkampus hat sich einst selbst mit der Leidenschaft für den natürlichen Werkstoff Holz anstecken lassen. So gründete der Tischlermeister 2006 sein eigenes Unternehmen und zog 2008 in ein größeres Objekt in die Siedlungsstraße. Hier arbeiten inzwischen sechs Gesellen und zwei Azubis.

"Wir haben vor allem der Leitung des Bildungsträgers BTH zu danken, weil sie uns ihre Werkstatt zur Verfügung gestellt haben", ergänzt Perkampus. Auch die Halberstadtwerke sind langjährige Begleiter der Tischlerprüfungen - in der Rotunde des Kundenzentrums können die jungen Tischler seit Jahren schon ihre Gesellenstücke sowohl der Prüfungskommission als auch der Öffentlichkeit präsentieren.

Am Nachmittag des praktischen Prüfungstages herrscht Ernüchterung bei Lehrlingen und Prüfern gleichermaßen: Nur sechs von zwölf Prüflingen haben die Gesellenprüfung bestanden. Die Ursachen sind vielschichtig, erklärt Perkampus: Oft mangelte es an sicheren Kenntnissen in der Theorie, aber auch in der Praxis schaffte es nicht jeder, den Anforderungen gerecht zu werden. Nun bleibt nur der Weg in die Wiederholung der Prüfung.