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Langensteiner Merino-Verein baut alten Schafstall um / Leader-Projektgruppen-Mitglieder von Vorhaben begeistert Festscheune: Von grauer Maus zum Vorzeigeobjekt

Von Dieter Kunze 19.09.2013, 01:13

Auf dem Langensteiner Schäferhof wird jeden Abend fleißig gewerkelt. Die Mitglieder des Merino-Vereins und weitere Helfer sind dabei, ihr erst im Mai bestätigtes Leader-Projekt termingerecht umzusetzen. Dabei stand das Vorhaben der Kultur- und Festscheune zunächst auf einem aussichtslosen Platz der Prioritätenliste.

Langenstein l Nach Wochen harter Arbeit machen sich Freude und Erschöpfung breit. Euphorisch ging es anfangs ans Werk, doch dann hätten sich viele bürokratische Hürden aufgetürmt, berichtete Holger Werkmeister vom Vorstand des Merino-Vereins. "Vor allem der Brandschutz kostet uns jede Menge Geld und Kraft", so Werkmeister bei einer Führung über die Großbaustelle. Zu Gast im früheren Schafstall waren Mitglieder der Lokalen Aktionsgruppe (LAG) "Rund um den Huy", um sich über den aktuellen Stand der Arbeiten zu informieren.

Die Fortschritte, die Werkmeister als Bauleiter zusammen mit Vereinsmitgliedern präsentieren konnten, sind beachtlich. Allein die Neueindeckung des 1500 Quadratmeter großen Dachs mit "Deutschlands teuerstem Ziegel", dem Linkskrempler, habe einiges gekostet.

"Vor allem der Brandschutz kostet uns jede Menge Geld und Kraft."

Holger Werkmeister, Vorstandsmitglied im Merino-Verein

"Bisher wurden Aufträge über 200 000 Euro vergeben, und unsere Eigenleistungen summieren sich auf ebenfalls solch eine Summe", berichtete das Vorstandsmitglied. Die Brandschutzauflagen hätten das Projekt "exorbitant verteuert". So müsse trotz zwei großer Tore und zweier Türen zum Hof ein zusätzlicher Fluchtweg auf die Straße eingebaut werden. Der Durchbruch zur bisherigen Küche benötige eine automatisch schließende Feuerschutztür - mit Elektroprojekt. Allein 20 000 Euro müssten in eine Brandmeldeanlage investiert werden, so Werkmeister.

Die Überprüfung der vorgeschriebenen Löschwasserversorgung habe ergeben, dass die vorhandene Leitungskapazität nicht ausreiche. "Da half uns Jörg Kelle von der städtischen Feuerwehr." Die Langensteiner wollen nun eine alte Kläranlage umbauen und als Wasserspeicher nutzen. Zunächst aber habe sich die nächste Hürde aufgetürmt: "Das dort angesammelte Oberflächenwasser wollten wir auspumpen, doch der Wasser- und Abwasserzweckverband wollte dafür den normalen Abwasserpreis kassieren - ein Stück aus dem Tollhaus. Wir waren erschüttert", berichtete Werkmeister den Besuchern. Schließlich habe man das Regenwasser auf den Acker gefahren, um diesen Kostenanteil zu sparen.

Obendrein musste immer wieder umgeplant werden. Ursprünglich wollte der Verein die gesamte rund 700 Quadratmeter große Fußbodenfläche mit alten Abrissziegel auslegen. Dies erwies sich jedoch als nicht machbar. So ließ man einen großen Teil des Fußbodens professionell betonieren. Die Ziegel, die Ursula und Bernd-Dieter Küstermann nach dem Abriss einer alten Scheune gestiftet und die fleißige "Trümmerfrauen" aufarbeiten, kommen nun in den kleineren Saal der Aktivitätenscheune.

Begeistert berichtete der Vereinsvorstand von der "sagenhaften" Glätte des neuen Beton-Fußbodens. Das sei eine wahre Meisterleistung gewesen - von morgens um 6 Uhr bis nachts um 1 Uhr wurde durchgearbeitet, um die Fläche in einem Zug zu betonieren. So gibt es jetzt eine glatte Fläche für die Stuhlreihen. Und auch die müssen den sogenannten Panik-Vorschriften entsprechen und dürften ebenfalls ein zu großes Loch in die Vereinskasse reißen.

Viel Eigenleistung stecke auf dem Boden der Scheune. Dort verlegten die Helfer auf 590 Quadratmeter Fläche neue Dielen. Zimmerer wechselten eine Reihe von Balken aus - die neuen wurden aus Abbruchmaterial gewonnen.

"Nur rund 30 Prozent aller Arbeiten haben wir den Fachleuten überlassen, den Rest haben unsere Leute realisiert", schätzt Werkmeister. Nun müssen noch neue Fenster, Türen und Tore eingebaut werden.

Schließlich musste das Objekt barrierefrei gestaltet werden - bei immerhin 1,40 Meter Höhenunterschied im 55 Meter langen Stall eine wahre Herausforderung. Die historischen Stallwände bleiben im Ursprungszustand erhalten.

Bei 30 Grad Sommerhitze haben viele Helfer alte Farbe von den Holzbalken abgekratzt. Der große Saal soll künftig mit Warmluft beheizt werden. Dafür ist der Einbau einer Holzheizung geplant. Zu den Eigenleistungen gehört auch das Schachten eines Kanals quer über den Hof zur Quedlinburger Straße. Angesichts der meist vielen Besucher der Hoffeste und Konzerte musste auch eine Lösung für die vielen Fahrzeuge gefunden werden. Künftig dürfen in Abstimmung mit dem Eigentümer nebenan auf dem Amtshof 80 Autos parken.

"Es hat mich förmlich erschlagen, das ist eine tolle Leistung."

Joachim Langenstraß, Vorsitzender der Leader-Arbeitsgruppe "Rund um den Huy"

Wie Merino-Vereinsvorsitzende Frauke Meenken berichtete, sei Holger Werkmeister meist Tag für Tag mit Rentnern im Einsatz. "Es könnten ruhig ein paar Helfer mehr sein." "Wir sitzen täglich auch zum Abendessen zusammen - ein tolles Miteinander", ergänzte Vereinsmitglied Cordula von Rhade. Nun rücke das nächste, selbst gesteckte Ziel näher: Am 10. November soll im Saal eine große Eröffnungsparty steigen.

"Es hat mich förmlich erschlagen, das ist eine tolle Leistung", sagte LAG-Vorsitzender Joachim Langenstraß voller Hochachtung. Holger Werkmeister habe das Projekt gekonnt vorgetragen. Es sei erfreulich, dass das Amt für Landwirtschaft es mittrage. Respektvolle Zustimmung kam auch von den anderen Gästen der Arbeitsgruppe, die ansonsten meist mit kleineren Vorhaben zu tun haben. Und: Damit sei jetzt auch gesichert, dass alle vorgegebenen Leader-Mittel in der Region in Höhe von über drei Millionen Euro bis zum Ende der Förderperiode voll ausgegeben werden, freute sich Leader-Manager Michael Schmidt.