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Dreharbeiten der Serie "Alles Klara" in Blankenburg beendet - Ein Blick hinter die Kulissen Im Postamt auf der letzten Mörderjagd

Die Scheinwerfer sind aus. Die 32. Folge der Vorabend-Serie "Alles
Klara" ist abgedreht. Volksstimme-Redakteur Jens Müller blickte an einem
der letzten Drehtage noch einmal hinter die Kulissen der
Fernseh-Produktion.

Von Jens Müller 14.10.2013, 03:18

Blankenburg l "Szene F 32, neun-sechs, die Erste", schallt es durch ein großes Büro im altehrwürdigen Kaiserlichen Postamt zu Blankenburg. Plötzlich ist es mucksmäuschenstill. Eine Regieklappe schlägt laut zu. Aus einem Nebenraum ruft Andi Niessner bestimmend "Bitte!" Der Regisseur der ARD-Vorabendserie "Alles Klara" sitzt auf einer braunen Holzbank, die vermutlich noch in den 1980er Jahren im wenige Meter entfernten Schalterraum wartenden Postkunden ein Ruheplätzchen bot. Er rückt die großen Kopfhörer über den Ohren zurecht und beobachtet an zwei Monitoren, was die Schauspielerkollegen im Nebenraum abliefern. Mit ihm verfolgen eine Regieassistentin, aber auch Maskenbildnerinnen und Kameramänner die Szenerie. Die Bank bietet genug Platz.

Dutzende Aktenordner füllen das daneben stehende deckenhohe, dunkelbraun gebeizte Regal. Es muss schon dort gestanden haben, als der erste Postamtmann 1905 seine Amtsstube bezogen hat. Mehr als 100 Jahre später dient das Zimmer als Kulisse für eine Krimiserie - als Büro für Fernseh-Hauptkommissar Paul Kleinert. Sein stilbrechender Nachwendeschreibtisch in Buche-Furnier ist übersät mit Klemmheftern und Akten. Die Ordner im Regal sind mit allerlei Aufklebern versehen: BTM-Verstöße, Organisiertes Verbrechen, Haftbefehle. Das fiktive Harzrevier in Blankenburg scheint massenhaft bösen Buben auf der Spur.

"Bea enger! Ja passt!", ruft Andi Niessner durch die breite Holztür in den Nebenraum, wo zwei Kamerawagen millimetergenau zwischen zwei Renaissance-Säulen den optimalen Standort für die Nahaufnahmen gefunden haben. Ein strenger Blick in den Monitor. "Entzückend", ruft der Regisseur, während Hauptdarstellerin Wolke Hegenbarth ihr Make-up aufgefrischt bekommt.

"Das Bodetal gefällt mir besonders." - Felix Eitner, Schauspieler

"Ruhe bitte! Wir drehen! Ton ab!" Wieder fällt die Klappe. "Bitte!" Das Stichwort für Fernsehkommissar Kleinert - alias Felix Eitner. In einem Monolog erläutert er seiner gestrengen Revierleiterin Frau Dr. Müller-Dietz (Alexandra Maria Surholt) die Spurenlage eines ganz besonderen Falles. In einem Stempelkasten der Harzer Wandernadel ist eine abgetrennte Hand gefunden worden. Der Aufforderung seiner Chefin: "Na dann ziehen sie mal die Wanderschuhe an" kommt der TV-Kommissar nicht nur während der Dreharbeiten gern nach.

Auch abseits des Sets ist Felix Eitner im Harz unterwegs. "Am Wochenende oder wenn wir einen Tag Pause haben bin ich gern in der Natur, und gern auch allein", erzählt der Schauspieler. Hier finde er Entspannung. Und die tue Not nach elf- bis zwölfstündigen Arbeitstagen. "Wir haben hier ein krasses Pensum zu erfüllen, gerade bei den Aufnahmen im Revier", bestätigt sein Kollege Jan Niklas Berg, der den übereifrigen Kriminalmeister Jonas Wolter spielt.

Zum Vergleich: Bei einem 90-minütigen Fernsehspiel werden pro Tag zwischen vier und fünf Minuten Sendematerial abgedreht. Bei einer Serie wie "Alles Klara" sind es mehr als acht Minuten. "Nach solch einem Tag ist man platt", sagt Felix Eitner.

In der Harzer Natur könne er aber "auftanken". Mit einem Freund war er kürzlich zwischen Thale und Treseburg wandern. Seine Familie ist seltener hier - die Kinder können nur in den Ferien ihren Papa besuchen. "Das Bodetal gefällt mir besonders", bekennt der 46-Jährige, der aber auch schon das Ilsetal durchwandert und die Teufelsmauer erklommen hat. Eigentlich ein Klacks für den Bambi-Preisträger, lebt er doch im beschaulichen Bad Grönenbach im Allgäu - die Alpen in Sichtweite.

"Nach einem Drehtag ist man platt." - Felix Eitner, Schauspieler

Trotzdem kommt es auch im kleinen Harz zu unvorhergesehenen Ereignissen. "Am Regenstein haben wir uns mal verlaufen", sagt Eitner und schmunzelt. Überhaupt hat das Felsmassiv die Macher von "Alles Klara" vor Herausforderungen gestellt. "Besonders eine Abseilnummer war sehr aufwendig", erzählt Producer Maik Homberger. "Mit unserem schmalen Budget stand uns leider kein Helikopter zur Verfügung", erläutert er. Und so mussten die Bilder mit der Handkamera aufgenommen werden.

Homberger ist vom Drehort Blankenburg und der Region begeistert. "Es gibt hier tolle Motive, die schmalen Gassen und Straßen machen wohl auch den Charme der Serie mit aus", sagt er. Die Autoren, die sich Folge um Folge neue Verbrechen und Mordszenerien in der sonst so beschaulichen Fachwerkidylle zwischen Brocken und Huy ausdenken, scheinen nicht müde zu werden. "Sie kennen den Harz und stellen auch umfangreiche Recherchen an", so Homberger. Ob es für sie weitergeht, werde sich in den nächsten Wochen entscheiden. "Ende Januar werden wir es wissen."

"Wir hoffen, dass es weitergeht", sagt Jan Niklas Berg. Auch wenn er zugibt, den Großstadttrubel zu vermissen. Der Kölner ist aber besonders vom Set, also dem Hauptdrehort, dem Blankenburger Postamt, begeistert. "Die Räume sind nicht so steril, haben eine Patina und eignen sich sehr. Deshalb haben wir uns auch bewusst dazu entschieden, alles so zu lassen", sagt Maik Homberger. Einzig der Fußboden wurde so hergerichtet, dass das Equipment barrierefrei durch alle Zimmer bugsiert werden kann.

Kameramann Bernd Neumann fährt derweil routiniert seine Kamera in Position. "Wir machen das so mit der Säule", sagt er nickend zu Regisseur Andi Niessner. Der sitzt schon wieder auf seiner braunen Holzbank und rückt die Kopfhörer zurecht. "Na entzückend! Wir drehen! Ruhe!" Die Klappe fällt. "Bitte!"