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Netzbetreiber tauscht in Ströbeck und Mahndorf sechs konventionelle Anlagen gegen regelbare Umspannwerke Neue Trafos kappen gefährliche Ökostrom-Spitzen

Von Dennis Lotzmann 30.01.2014, 02:25

Der Stromnetzbetreiber Avacon rüstet sein Versorgungsnetz in Ströbeck um. In den Umspannstationen werden neu entwickelte Transformatoren installiert, um die technischen Herausforderungen aufgrund der Einspeisung von Solar- und Windstrom besser zu meistern und das Spannungsniveau stabil zu halten.

Schachdorf Ströbeck l Die Ökostrom-Wende und ihre Schattenseiten: So umweltfreundlich Photovoltaikanlagen auf den Dächern und Windräder am Horizont auch sind, so problematisch ist zuweilen deren Einbindung in die regionalen Netze der Stromversorger. Der Netzbetreiber Avacon, einer der Platzhirsche im Harzkreis, hat jetzt im Schachdorf Ströbeck eine neue Generation von elektronisch regelbaren Transformatoren in Betrieb genommen. Im Kern geht es darum, die Schnittstellen zwischen dem Mittelspannungs-Überlandnetz und dem Niederspannungs-Ortsnetz besser auf die dezentrale Einspeisung von Solar- und Windstrom abzustimmen.

Sechs Trafos in Ströbeck und Mahndorf werden ausgetauscht

Die Lösung für das Problem ist kompakt, baumelt im maschinengrau lackiertem Outfit am Kranhaken und bringt satte zwei Tonnen auf die Waage. Am gestrigen Mittwoch wurde ein weiteres Schwergewicht in eine Ströbecker Trafostaion eingeschwebt. Für die Männer um Monteur Wilfried Kalbitz und Netzteamleiter Horst Wrackmeyer mittlerweile fast schon Routine. Schließlich wechseln sie in diesen Tagen fünf der insgesamt sechs Trafos im Niederspannungsnetz des Schachdorfs und im benachbarten Mahndorf. Die sechste Umspanneinrichtung folgt in Kürze.

Teamchef Wrackmeyer nutzt die kurzen Pausen zwischen dem zentimetergenauen Einpassen des Trafos und dem Anklemmen der dicken Kabelstränge, um Details des Generationswechsels zu erklären. In einem Satz: Die elektronisch geregelten Trafos helfen, einspeisebedingte Spannungsschwankungen im Ortsnetz auszugleichen und die Endspannung bei den Kunden, im Rahmen der vorgegebenen Toleranzen zu halten. Andernfalls drohen Schäden an empfindlichen Geräten wie Computern oder Fernseh-Technik.

Das Problem, so Wrackmeyer, seien die dezentralen Einspeisepunkte, die insbesondere in Ströbeck zahlreich sind. "Aktuell hängen hier rund 60 mehr oder weniger große Erzeugungsanlagen am Netz." Weil das Energienetz bislang starr zwischen dem Kraftwerk am einen und den Endkunden am anderen Ende gezogen sei, drohten im schlimmsten Fall Überspannungsschäden.

Regelbare Trafos puffern und stabilisieren das Netz

Ursache, erläutert Wrackmeyer, seien eben jene kleinen Kraftwerke im Netz. Speisen sie an sonnigen und windreichen Tagen extrem viel Energie ins Ortsnetz, drohe bei fehlender Abnahme ein Anstieg der Netzspannung über die oberen Toleranzgrenzen hinaus. "Für mich ist der Vormittag des ersten Weihnachtstags mit viel Wind und praktisch keinerlei Großabnehmern das Musterbeispiel", sagt Wrackmeyer. Die Windräder pumpten dann massig Energie ins Netz - mangels Abnahmelast schieße das Spannungsniveau unerlaubt weit nach oben, weil die Energie über die konventionellen Trafos nicht ins Überlandnetz abfließen kann.

Um hier gegenzusteuern, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder die Kabelnetze kostenaufwendig auf immer stärkere Querschnitte ausbauen oder aber jene regelbaren Trafos. Auf letztere setze Avacon, sagt Wrackmeyer. "Sie puffern und gleichen jene Spannungsschwankungen automatisch aus." "So bleiben die Spannungen bei den Endkunden bei 230 Volt Wechselspannung und 400 Volt Drehstrom, plus-minus zehn Prozent", präzisiert Monteur Kalbitz.

Alles ins allem lasse sich Avacon den Umbau im Schachdorf Ströbeck, dem ersten Standort des Versorgers im Harz mit neuen Trafos, rund 120 000 Euro kosten, ergänzt Sprecherin Corinna Hinkel. Die Entscheidung für Ströbeck sei gefallen, weil hier besonders viele "Kleinkraftwerke" Sonnen- und Windenergie ins Netz einspeisen.

Die regelbaren Ortsnetztrafos habe Avacon seit 2010 zusammen mit der Maschinenfabrik Reinhausen aus Regensburg entwickelt. "Im Rahmen eines Pilotprojektes sind die Anlagen anschließend erfolgreich im Kreis Diepholz getestet worden. Nach einer Weiterentwicklung sind die Trafos seit 2012 serienreif", so die Unternehmenssprecherin.

Einen generellen, flächendeckenden Austausch der Ortstrafos plane Avacon indes nicht, so Corinna Hinkel. "Gänzlich neue Stationen werden natürlich mit der innovativen Technik ausgerüstet. Die bestehenden Anlagen allerdings werden nur bei Bedarf modernisiert."