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Sozialstation des Diakonissen-Mutterhauses Cecilienstift Halberstadt vor 20 Jahren gegründet / Pflegedienstleiterin Heike Langer: "Mit husch, husch geht‘s bei den alten Leuten schon gar nicht"

Von Jörg Endries 13.01.2011, 05:22

Allen Grund zum Feiern gab es gestern im Seniorenzentrum Nord in Halberstadt. Die Sozialstation des Diakonissen-Mutterhauses Cecilienstift wurde vor 20 Jahren ins Leben gerufen. Die Mitarbeiter kümmern sich um Pflegebedürftige in der Kreisstadt, aber auch in Wegeleben, Schwanebeck und im Huy.

Halberstadt. Ein Erfolgsmodell wurde vor 20 Jahren aus der Taufe gehoben: die Sozialstation des Diakonissen-Mutterhauses Cecilienstift. Der Gründungsort Emersleben stand damals noch für den Schwerpunkt der Tätigkeit: die ambulante Kranken- und Seniorenbetreuung auf dem Lande. Fünf Umzüge in Emersleben und der 1997 nach Halberstadt sowie eine Fusion mit der Caritas Sozialstation 1999 später, ist der ländliche Raum immer noch ein Standbein für die Sozialstation, aber kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Mittlerweile werden auch viele Patienten in der Kreisstadt betreut.

"Schwestern und Patienten kennen sich oft seit vielen Jahren, entsprechend vertraut geht man miteinander um."

Blutdruck messen, Verbände wechseln, Spritzen geben, Körperpflege, ein gutes Gespräch und, und, und ... Vor 35 Jahren hatte dieser Dienst am und für den Menschen ein bekanntes Fernsehgesicht: Schwester Agnes alias Agnes Kraus. Eine Gemeindeschwester, wie sie im Buche steht: originell, menschenbezogen und rund um die Uhr für die ihr Anvertrauten im Einsatz. Das Modell Gemeindeschwester wurde 1990 zu Grabe getragen. Aber gestorben ist sie nicht. Das Cecilienstift Halberstadt hat 1991 im Altlandkreis Halberstadt 20 dieser Gemeindeschwestern mit der Gründung der Sozialstation übernommen, übrigens eine der ersten Einrichtungen ihrer Art im Land Sachsen-Anhalt. Vier von ihnen gehören auch heute noch zum Team von Pflegedienstleiterin Heike Langer. Und gerade im ländlichen Raum läuft noch vieles so wie vor 30 Jahren.

"Schwestern und Patienten kennen sich oft seit vielen Jahren, entsprechend vertraut geht man miteinander um. Eine wichtige Basis", erzählt Heike Becker. Auf dieses Vertrauensverhältnis bauen die Mitarbeiter der Sozialstation. "Eine wichtige Regel bei uns ist, dass nicht mehr als zwei Schwestern in Kontakt mit einem Patienten stehen. Man kennt sich. Immer wieder neue Gesichter sorgen für Verunsicherung", so Christine Becker, Bereichsleiterin Altenhilfe.

"Mit husch, husch geht‘s bei den alten Leuten schon gar nicht", betont Heike Langer. "Zwar können auch wir uns den wirtschaftlichen Zwängen nicht verschließen, aber der Mensch und die christliche Nächstenliebe stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit", unterstreicht Holger Thiele, Verwaltungsdirektor des Cecilienstifts. Umso mehr freute man sich im Cecilienstift, dass erst vor kurzem die Qualität des ambulanten Pflegedienstes des Diakonissen-Mutterhauses nach einer überraschenden Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit der Note 1,3 (sehr gut) bewertet wurde. Und damit deutlich besser als der Landesdurchschnitt, der bei 2,3 liegt.

Der Arbeitstag der Krankenschwestern und Altenpflegerinnen der Sozialstation des Diakonissen-Mutterhauses Cecilienstift Halberstadt ist abwechslungsreich und vor allem lang. In der Regel von 5.45 bis etwa 21 Uhr, unterbrochen von einer etwas längeren Mittagspause. Den fleißigen Bienen gleich schwirren sie in den frühen Morgenstunden aus dem Stock, in diesem Fall der Sozialstation im Seniorenzentrum Nord in Halberstadt, um in der Kreisstadt und auf dem Lande 170 Patienten zu versorgen. Allerdings nicht mehr wie einst mit Schwalbe, SR-Peng, Fahrrad oder zu Fuß. Eine rote Twingo-Flotte steht den 25 Mitarbeiterinnen dafür zu Verfügung und macht vieles etwas einfacher. Anders ist der Job heute auch nicht mehr zu schaffen. Immerhin kommen auf jede Schwester täglich bis zu 30 Patienten-Besuche. Eine schöne, aber auch schwere Arbeit, wie Christine Becker betont. Seit 2003 wird der eigene Nachwuchs ausgebildet, in diesem Fall Altenpflegerinnen und -pfleger. Holger Thiele weiß, dass es schwer ist, frei werdende Stellen mit jungen Leuten wieder zu besetzen. "Es gibt aber auch Jugendliche, die bei uns als Zivi oder im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) gearbeitet haben, ihre Liebe zu diesem Beruf entdeckten und heute bei uns einen Job haben", sagt Thiele.