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  7. Kostbare romanische Stuckreste bei Sanierung der Dorfkirche entdeckt

Team des Städtischen Museums und des Geschichtsvereins Halberstadt sichert archäologische Funde in Eilenstedt Kostbare romanische Stuckreste bei Sanierung der Dorfkirche entdeckt

15.01.2011, 04:23

Im Rahmen der Sanierung der Eilenstedter Dorfkirche laufen archäologische Grabungen des Städtischen Museums und des Geschichtsvereins Halberstadt. Zahlreiche kostbare Funde wurden ans Tageslicht befördert.

Halberstadt (phb/je). Wertvolle romanische Stuckreste wurden bei den Ausgrabungsarbeiten in der Eilenstedter Dorfkirche entdeckt. Die seit dem 22. November vergangenen Jahres laufenden zweiten archäologischen Ausgrabungen des Städtischen Museums Halberstadt und des Geschichtsvereins im Rahmen der Sanierungen der Eilenstedter Dorfkirche haben bereits nach wenigen Tagen besondere Fundstücke zutage befördert. Sie geben einen ersten Hinweis auf die frühere Farbigkeit und Ausgestaltung der mittelalterlichen Kirche.

Kirche wurde im 12. Jahrhundert erbaut

Das Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt ist Grundlage für die Arbeiten. Danach wird der Verursacher von Erdarbeiten in Denkmalbereichen mit einer kostenpflichtigen Dokumentation vorhandener archäologischer Befunde in den Grenzen des geplanten Bodeneingriffs beauflagt.

Die dem heiligen Nicolaus von Myra geweihte Kirche wurde im 12. Jahrhundert errichtet. Der ehemalige, sich gegenwärtig im Neuaufbau befindliche Turm, wurde um 1138 aufgeführt. Seine noch vorhandenen mächtigen Arkaden, die den Turm zum Schiff öffnen, sind architektonisch bemerkenswert.

Die Erwähnung des Ortes Eilenstedt in der Gründungsurkunde des Klosters Huysburg im Jahr 1084 lässt ein höheres Alter der Kirche und damit vielleicht auch einen älteren Vorgängerbau vermuten.

Das Fugenbild der Kirchenmauern und Fundamente, veränderte Zugänge und Fensteröffnungen deuten eine vielfältige Baugeschichte an, die durch die Ausgrabungen etwas besser erfasst werden können.

Das kleinere romanische Schiff aus dem 12. Jahrhundert mit ehemals quadratischem Chor wurde Ende des 15. Jahrhunderts etwa auf doppelte Größe erweitert.

Eilenstedt war im Mittelalter Archidiakonatssitz, eine bischöfliche Verwaltungseinheit des Bistums Halberstadt.

Erbrachten die ersten Grabungen im Frühjahr 2010 mittelalterliche Gräber, Fußböden, ältere Fundamentverläufe, Münzen und den Nachweis eines vorgeschichtlichen Siedlungsplatzes, so konnten in den vergangenen Wochen viele, zum Teil noch farbige Stuck- und Putzreste dokumentiert und geborgen werden. Drei von diesen Stuckresten sind fast vollplastische, etwa faustgroße Köpfchen in der künstlerischen Auffassung des wahrscheinlich 12. oder 13. Jahrhunderts.

Weitere Stuckfragmente zeigen Rankenwerk und möglicherweise auch den Faltenwurf figürlicher Darstellungen. Ein großer liegender Stuckblock in der Umgebung des früheren romanischen Chores mit einer Länge von etwa 2,50 Metern und wahrscheinlich noch vorhandenem Bogenansatz wird gegenwärtig freigelegt. Die Bergung des Objektes erfordert aufgrund des instabilen Zustandes noch größeren technischen Aufwand.

Auffällig sind an diesem Befund zwei Bleianker, die möglicherweise auf eine frühere aufrechte Position hinweisen und eine noch verdeckte Schauseite des Stuckblockes vermuten lassen. Die Funktion der entdeckten Architekturreste ist noch nicht geklärt.

Für Finanzierung Wege finden

Die Fundlage in der Nähe des romanischen Chores bietet eventuell einen Deutungsansatz. Vielleicht befanden sich hier besonders gestaltete Wandflächen oder Ähnliches.

Zeitlich lassen sich die geborgenen Stuckreste wohl der Romanik oder der Frühgotik zuordnen. Insgesamt werden die Funde vom Fachamt für so bedeutend eingeschätzt, dass eine Ausgrabung angeregt werden soll, die über die gegenwärtigen Rahmenbedingungen hinausgeht und die wissenschaftliche sowie konservatorische Bearbeitung der Funde mit einschließt. Für die Finanzierung dieses erweiterten Vorhabens müssen aber noch Wege gefunden werden.

An den Ausgrabungen sind beteiligt: Mario Birth vom Geschichtsverein, Maria Paul und Friedrich Kunkel vom Städtischen Museum.

Für die Ausführung der Ausgrabungsarbeiten ist zu danken: der evangelischen Kirchengemeinde, der KVA, dem LDA, dem Planungsring Wernigerode, dem Ortsbürgermeister, der IJGD, dem Geschichtsverein Halberstadt und dem Städtischen Museum Halberstadt.