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Regenwasserkalkulation wird auch den neuen Osterwiecker Stadtrat beschäftigen Beide Gebührenvarianten ohne Mehrheit

Von Mario Heinicke 14.06.2014, 03:15

Die letzte Sitzung des alten Stadtrates bot ein Stück aus dem Kuriositätenkabinett. Sie verlief nicht wie sie sollte. Acht Orte bleiben ohne Regenwassergebühren.

Stadt Osterwieck l Es ist eigentlich gewagt, eine Stadtratssitzung zeitgleich mit der Eröffnung einer Fußball-Weltmeisterschaft zu legen. Das brachte nicht nur der Abgeordnete Ulrich Köhler (Aktiv für Rhoden) zum Ausdruck. Doch sollte mit dem Termin die Hoffnung verbunden gewesen sein, die Stadträte hätten in Sachen Regenwassergebühren weniger Diskussionsbedarf, so wurde diese nicht erfüllt. Letztendlich tagten sie zweieinhalb Stunden.

Immerhin 26 der 29Abgeordneten erschienen trotz Fußball-WM zu dieser "Bonus"-Sitzung, die sich die Stadträte eigentlich selbst zuzuschreiben hatten. Denn Ende April vertagten sie die Entscheidung über die neue Kalkulation der Regenwassergebühren. Damit verbunden die erstmalige Gebührenerhebung für alle Orte. Bisher zahlen erst die Einwohner aus in elf Orten. Im Kern ging es bei der Vertagung um die damals völlig neue Variante, auf eine Einheitsgebühr umzuschwenken. Bisher sind die Gebühren in jeder Ortschaft eigenständig kalkuliert. Seit April ging die Diskussion der Kalkulation nochmal durch die Ortschaftsräte. Mit dem Ergebnis, dass nur vier Räte (Osterwieck, Hessen, Dardesheim und Wülperode) ein einheitliche Gebühr möchten. Eine klare Sache für die Abstimmung im Stadtrat, mochte man denken, doch es kam ganz anders.

Angesichts von Gebührenhöhen bis zu 60Cent je Quadratmeter schlug zunächst Ulrich Köhler vor, bei 25Cent eine Höchstgrenze festzulegen und Kosten darüber hinaus aus der Stadtkasse zu bezahlen. "Wer für 171 000Euro einen Radweg bauen kann, der muss auch Geld haben für das, was die Leute wirklich drückt." "Eine Regenwassergebühr von 60Cent ist nicht zu bezahlen", pflichtete ihm der Osteröder Friedrich Neuhaus (CDU) bei. Später formulierte Köhler aus seinem Vorschlag einen Antrag, der jedoch mit10 zu 15Stimmen abgelehnt wurde.

Der Osterwiecker Hartmut Janitzky (CDU) wollte indes eine grundsätzliche Vertagung der Entscheidung bis eine Klärung da ist, ob auch die Stadt Osterwieck in der Folge eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Grundsteuern an Bürger zurückzahlen muss. Und zwar an Bürger in den Orten, deren Grundsteuern 2011 erhöht wurden. Dieser Antrag scheiterte denkbar knapp mit 12zu 13Stimmen bei einer Enthaltung.

Nicht nur grundsätzlich, auch inhaltlich gab es Kritik an der Kalkulation der Gebühren. Stadtratsvorsitzender Dirk Heinemann (SPD) bezog diese auf die Abschreibungsdauer der hohen Kosten zur Erstellung eines Katasters auf nur drei Jahre. "Wenn das Kataster dann 20Jahre genutzt wird, sollte man es auch auf 20Jahre abschreiben." Das würde die Gebühren senken helfen.

Der Hessener Rüdiger Seetge (Die Linke) stellte fest, dass es immer noch Informationsdefizite bezüglich der Einheitsgebühr gebe, die bei 23Cent liege. Er nannte das Beispiel des kleinen Ortes Suderode. Würde dort eine Havarie im Kanalsystem auftreten und die Kosten auf die Einwohner umgelegt, hätten diese plötzlich Gebühren im Euro-Bereich zu zahlen. Mit einer Einheitsgebühr, so Seetge, könnte das aufgefangen werden.

Bauamtsleiter Detlef Schönfeld warnte indes davor, gar keine Entscheidung zu treffen. "Das wäre ungerecht für die elf Ortsteile, die bereits Gebühren bezahlen." Er berichtete, dass rechtlich eine Einheitsgebühr möglich sei. Ebenso aber auch eine Obergrenze, wenn diese entsprechend begründet werde. Letzteres konnte jedoch Hartmut Janitzky nicht verstehen: "Ich denke, wir sind verpflichtet, kostendeckende Gebühren zu kalkulieren. Da ist der Wurm drin. Immer wieder gibt es widersprüchliche Informationen."

Der Wurm drin war dann bei der Abstimmung. Setzt man die vorherigen Voten der Ortschaftsräte mit der Herkunft der anwesenden Stadträte ins Verhältnis, hätte die Abstimmung knapp mit 14zu12 für separate Gebühren ausgehen müssen. Zunächst zogen die Abgeordneten zur Einheitsgebühr ihre Stimmkarten. Mit 13zu 13Stimmen gab es keine Mehrheit, also abgelehnt.

Danach wurde über separate Gebühren in den Orten abgestimmt. Ein Abgeordneter hatte es sich in den zwei Minuten dazwischen noch anders überlegt. Mit 12zu 14Stimmen wurde auch diese Variante abgelehnt. "Nun haben wir gar keine Satzung. Herzlichen Glückwunsch", entfuhr es Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko). Eine Fortsetzung folgt also. Dann aber durch den neuen Stadtrat, der zu einem Drittel mit neuen Mitgliedern besetzt sein wird.