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Kreis-Hauptsatzung soll umfassend reformiert werden - der große Wurf bleibt aber wohl aus "Revolution" im Landratsamt

Von Ingmar Mehlhose 09.09.2014, 03:17

Die Hauptsatzung des Landkreises Harz steht auf dem Prüfstand. Nach dem Willen der Verwaltung soll unter anderem die Zahl der beratenden Ausschüsse reduziert werden. Doch das stößt auf Widerstand. So wird aus der ursprünglichen Vorlage wohl letztlich ein Kompromiss.

Halberstadt l "Den Entwurf haben einige als revolutionär bezeichnet. Dass er sehr weit geht, ist mir bewusst."

Landrat Martin Skiebe (parteilos) stimmte die Mitglieder des Kreisausschusses kurz auf die aus seinem Hause stammende Vorlage zur Novellierung der Hauptsatzung ein. Deren auffälligste Änderung dürfte eine drastische Reduzierung der beratenden Ausschüsse von fünf auf zwei sein. Danach sollen nur Fachgremien für Wirtschaft und Umwelt beziehungsweise Bildung und Soziales agieren. Die Finanzsparte würde dem Kreisausschuss angegliedert werden.

Skiebe begründete seinen Vorstoß mit häufigen Überschneidungen von Themen. Susann Arnold-Wind als Leiterin des Fachbereichs Landrat ergänzte, manche Ausschüsse hätten mangels Vorlagen nur dreimal im Jahr getagt oder seien wegen unzureichender Beteiligung nicht arbeitsfähig gewesen.

"Das mag sein, aber wenn wir bürgerfreundliche statt verwaltungsfreundliche Beratungszeiten ansetzen würden, dann wäre die Beteiligung vielleicht höher", widersprach Thomas Balcerowski. Der CDU-Fraktionschef sprach sich deshalb dafür aus, Sitzungen erst um 19 statt bereits 17 Uhr beginnen zu lassen.

Henning Rühe (Bürgerfraktion/FDP) schlug daraufhin vor, sich auf einen Kompromiss zu verständigen. Danach solle es gemäß der Verwaltungsstruktur künftig vier beratende Ausschüsse geben. Dies wären: Finanzen, Kultur-Sport-Bildung, Soziales-Gesundheit sowie Umwelt-Wirtschaft-Kreisentwicklung. Daneben gibt es die beschließenden Gremien Kreisausschuss, Jugendhilfeausschuss sowie die Ausschüsse für die drei Eigenbetriebe Rettungsdienst, Kreismusikschule und Kommunale Beschäftigungsagentur (KoBa). Dieser Vorschlag wurde einstimmig gebilligt.

Keine Mehrheit fand hingegen die fraktionsübergreifende Idee, die Zahl der Ausschussmitglieder von neun auf zehn zu erhöhen. Auslöser dafür war das Begehren von Bündnis 90/Die Grünen, künftig stimmberechtigt mitarbeiten zu dürfen. Dies ist den Abgeordneten bisher verwehrt, da sie nur zu Viert sind und somit die Mindestanzahl für solch ein aktives Engagement nicht erreichen.

Besonders viele Änderungswünsche verspürte Michael Haase. Der alte und neue Vorsitzende des Kreistages (CDU) begründete dies unter anderem damit, dass Selbstverständlichkeiten nicht aufgeschrieben werden müssten und so wenig wie möglich geregelt werden sollte. Die jetzigen Regularien seien für den Bürger abschreckend, so der Halberstädter. Konkret bezog er sich auf Punkte wie den Verweis von Störern aus dem Sitzungssaal und die Vorgabe, dass Mitglieder sich nur zweimal zu ein und dem selben Thema zu Wort melden dürfen.

Zudem sprach sich der Christdemokrat dafür aus, die Protokolle der Sitzungen "zu minimieren", um Papier einzusparen. Haase: "Wenn einer seiner Frau nicht mehr zeigen kann, was er gesagt hat, dann muss er es eben so erzählen."

Während die beiden ersten Anstriche allgemeine Zustimmung ernteten, erfuhr der letztgenannte komplette Ablehnung.

André Lüderitz (Linke) beispielsweise erklärte, er halte eine "extreme Verkürzung für sehr gefährlich". Der Fraktionschef: "Ich habe sehr oft mit den Niederschriften gearbeitet." Im Übrigen gebe es papierlose Alternativen.

Susann Arnhold-Wind betonte: "Einen Mittelweg wird es nicht geben." Sie halte die bisher gepflegte Praxis für den besseren Weg. Die Fachbereichsleiterin: "Für mich gibt es nur ganz oder gar nicht."

Thomas Balcerowski erinnerte an eine Rechtsstreitigkeit, bei der sich die Protokolle für die Kreisverwaltung als hilfreich erwiesen hätten. Der Thalenser: "Wenn ich alles auf elektronischem Weg nachlesen könnte, würde mir das reichen." Das aber dürfte dauern. Martin Skiebe: "Wir arbeiten daran." Allerdings gelte es noch, verschiedene Probleme technischer und rechtlicher Natur zu bewältigen.

Wie die nach den Vorgaben des am 1. Juli in Kraft getretenen Kommunalrechtsreformgesetz des Landes novellierte Hauptsatzung aussehen wird, muss jetzt der Kreistag entscheiden. Seine nächste öffentliche Sitzung ist für Mittwoch, 10. September, um 17.30 Uhr in der Sekundarschule Am Gröpertor in Halberstadt einberufen worden.

Könnte gut sein, dass aus der eingangs zitierten Revolution dann nur ein Revolutiönchen wird.