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  7. Justizbehörden machen Druck auf verurteilten Täter

Steven G. zum Bewährungsgespräch einbestellt: Mann soll sich Arbeit suchen, um Bewährungsauflagen zu erfüllen Justizbehörden machen Druck auf verurteilten Täter

Von Dennis Lotzmann 19.09.2014, 03:03

Klein Quenstedt/Halberstadt l Im Ringen um das Durchsetzen einer gerichtlich verhängten Bewährungsstrafe macht die Justiz nun Druck. Nachdem sich der arbeitslose Steven G. seit mehr als einem Jahr der Zahlung der festgelegten Geldstrafe ohne Konsequenzen entziehen konnte, muss der verurteilte Straftäter nun die Karten auf den Tisch legen und regelmäßig Rechenschaft ablegen: "Er muss entweder in Kürze ein Arbeitsverhältnis aufnehmen oder - wenn es doch nicht dazu kommen sollte - uns permanent ernsthafte Bemühungen um eine Bewerbung nachweisen", sagt der Halberstädter Amtsgerichts-Direktor Frithjof Büttner. "Wir werden mit allem Nachdruck darauf drängen, dass der Täter seine Auflagen erfüllt."

Steven G. ist seit April 2013 wegen fahrlässiger Tötung rechtskräftig verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass G. im Juni 2011 maßgeblichen Anteil am Tod des 22 Jahre alten Philipp Rößling aus Klein Quenstedt hatte. Philipp Rößling war damals von einem Baum gestürzt, sein Freund Steven G. ließ ihn anschließend trotz brütender Hitze ohne ärztliche Hilfe einfach im Auto liegen. Stunden nach seinem Sturz vom Baum war Philipp Rößling tot.

Das Verfahren um den tragischen Tod war zunächst vor dem Amtsgericht Halberstadt geführt worden. Das Urteil wegen fahrlässiger Tötung fiel schließlich nach einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht in Magdeburg. Die Richter verurteilten Steven G. im September 2012 wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und einem Monat Haft auf Bewährung. Die Haftstrafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt - bei Zahlung von jeweils 3600 Euro an die Mutter und den Bruder des Opfers bleibt Steven G. auf freiem Fuß. Zwar wurde das Berufungsurteil noch einmal vom Bundesgerichtshof im Zuge eines Revisionsantrages überprüft - die dortigen Richter sahen jedoch keine Verfahrensfehler. Seit April 2013 ist das Urteil rechtskräftig.

"Und seitdem haben weder ich noch mein anderer Sohn auch nur einen Cent von Steven G. gesehen", klagt die Mutter des Opfers, Walburga Rößling.

Nach mehrmaligen vergeblichen Anläufen bei der Justiz und der Berichterstattung über den aktuellen Stand in der Volksstimme, kam Bewegung in den Fall. Walburga Rößling traf sich mit dem zuständigen Bewährungsrichter zu einem, wie sie sagt, "konstruktiven und vernünftigen Gespräch". Wenig später folgte ein sogenanntes Bewährungsgespräch. Daran nahmen neben Vertretern des hiesigen Amtsgerichtes auch der Verurteile und dessen Bewährungshelferin teil.

"Wir haben dem bislang arbeitslosen Mann noch einmal mit Nachdruck klargemacht, welche Konsequenzen es haben kann, wenn er weiter gegen die Bewährungsauflagen verstößt", berichtet Amtsgerichts-Direktor Frithjof Büttner. Im konkreten Fall könnte der weitere Verzug bei den monatlichen Ratenzahlungen in letzter Konsequenz den Widerruf der Bewährungsstrafe bedeuten und in die Inhaftierung münden. "So weit sollte es aber nicht kommen", so Büttner. Steven G. habe im Gespräch signalisiert, dass er eine Anstellung in Aussicht habe. "Kommt es nicht dazu, muss er uns ernsthafte Bewerbungsbemühungen nachweisen. Wir sind auf jeden Fall bemüht, die Auflagen umzusetzen und den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen", so der Amtsgerichtschef.

Und in noch einem Punkt hat Frithjof Büttner für Walburga Rößling positive Neuigkeiten: 30,80 Euro, die die Klein Quenstedterin an Verzugszinsen für Gerichtskosten zahlen musste, weil Unterlagen monatelang in der Justiz unterwegs waren, will er erstatten. "Ich weiß zwar immer noch nicht, wie es dazu überhaupt kommen konnte - letztlich liegt der Grund aber irgendwo im Justizapparat. Deshalb werde ich einen Antrag auf Erstattung, mit dem ich rechne, entsprechend prüfen", kündigt der Gerichtsdirektor an.