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  7. Mendelssohn und Lessing begeistern im Rathaus

Künstler lassen die beiden begnadeten Denker ihrer Zeit in einem facettenreich inszenierten Stück auferstehen Mendelssohn und Lessing begeistern im Rathaus

Von Renate Petrahn 20.10.2014, 01:20

Halberstadt l Max Oppenheim hat die Schachspieler etwa 1860 gemalt, Jens Oberheide in Szene gesetzt, die Zuhörer im Rathaussaal Halberstadt erlebten sie nun im lebhaften Disput: Gotthold Ephraim Lessing und Moses Mendelssohn. Jens Oberheide hat die Freundschaft, die beide Männer einst verband, in einem geistreichen Kammerspiel auf der Grundlage von 138 Originaltextpassagen beider Denker, die mehr verband als nur der gleiche Geburtsjahrgang, widergespiegelt. "Mein lieber Moses" oder im Untertitel "Nichts geht über das laute Denken mit dem Freunde", lautet der Titel des Stücks.

Äußerlich waren sie Gegensätze: Lessing, der gut aussehende, disputfreudige Pfarrerssohn aus Kamenz, und der bucklige, manchmal stotternde, profund denkende Moses Mendelssohn aus Dessau. Sie lernten sich 1754 in Berlin kennen - beim Schachspielen, wie man erzählt. Da waren beide 25 Jahre alt. Ihre Freundschaft hielt ein Leben lang, sie inspirierten sich gegenseitig, diskutierten miteinander und ergänzten sich. Mit "Nathan der Weise" hat der Freimaurer Lessing seinem Freund Mendelssohn ein bleibendes Denkmal gesetzt.

Wer solch eine Textvorlage wie die Gedanken von Lessing und Mendelssohn über Gott und die Welt und den Platz des Menschen in derselben hat, braucht keine Requisiten. Schach spielend unterstrichen sie im gut besuchten Rathaussaal, dass das Denken für sie eines der größten Vergnügen war. Ein wahres Feuerwerk an geistreichen Ideen - teils selbstironisch, teils mutig, teils polemisch - prasselte auf die Zuschauer herab und ließ vor ihnen eine Welt im Aufbruch entstehen: Die Aufklärung, deren Ideal der denkende, selbstbestimmte, tolerante und zur Freundschaft begabte Mensch ist.

Bassbariton Marek Kalbus zeigte noch eine weitere Facette Lessings. Er sang zwei ausgesprochen lebensfrohe Lieder des Dichters: ein Trinklied und "Ode an die Faulheit". Mit viel Beifall dankte das Publikum den Akteuren von der Künstlervereinigung Pegasus für die gelungene Veranstaltung.

Zu ihnen gehörte auch Kapellmeister Maxim Böckelmann, der die Gespräche von Mendelssohn und Lessing am Piano begleitete. Zu hören waren als Einleitung die "Träumerei" von Schumann und als weitere "Sphärenklänge", wie Jens Oberheide sagte, Musik von Eward Grieg und Eric Satie.

Nach einer Pause widmete sich Friedrich-Wilhelm Schröter dem Schaffen des Freimaurers Lortzing, verdeutlicht am Zarenlied aus der Oper "Zar und Zimmermann" mit freimaurerischem Text, vorgetragen von Opernsänger Marek Kalbus. Jutta Dick, die Direktorin der Moses-Mendelssohn-Akademie, führte den Faden weiter in die Zeit der jüdischen Logen und deren Wirken in Halberstadt.

Als Reminiszenz an den Komponisten Kurt Weill, dessen Bruder Hans bei der Firma Aaron Hirsch in Halberstadt tätig war, sang Marek Kalbus den wohl berühmtesten Weill-Song "Und der Haifisch, der hat Zähne".

Veranstaltet wurde die Matinee vom Freimaurerischen Verein für Kunst, Kultur und Kommunikation Bayreuth "Pegasus" in Zusammenarbeit mit dem Halberstädter Kammermusikverein, der Moses-Mendelssohn-Akademie Halberstadt, der Freimaurerloge Friedrich zur Morgenröte Halberstadt, dem Gleimhaus Halberstadt, dem Museum der deutschen Aufklärung und dem Städtischen Museum Halberstadt.