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Erster Touristiker-Stammtisch führt Akteure aus dem Osterwiecker Stadtgebiet zusammen Grundlagenarbeit für den Tourismus

Von Mario Heinicke 30.12.2014, 02:19

Dass Osterwieck zum Touristen-Mekka wird, ist nicht Sinn und Zweck des ersten Touristiker-Stammtischs gewesen, zu dem Manuela Bode vom Stadtinformationsbüro eingeladen hatte. Erst einmal sollen sich die Akteure aus den verschiedenen Orten der Stadt besser kennenlernen.

Stadt Osterwieck l 1,9 Nächte übernachten Besucher rein statistisch in der Stadt Osterwieck. Die Landesstatistik hinkt allerdings. Es werden nur Einrichtungen ab zehn Betten berücksichtigt und es wird nicht unterschieden, ob es sich um Touristen oder Geschäftsreisende handelt.

"Vom Übernachtungstourismus mit Bussen haben wir uns verabschiedet", erklärte Manuela Bode, die Leiterin der Osterwiecker Tourist- und Stadtinformation. Dafür würden einfach die Hotelkapazitäten fehlen. Der "Braune Hirsch" als größtes Hotel wäre mit einer Busbesatzung auch schon ausgebucht.

Dabei sieht der Dardesheimer Ortsbürgermeister Ralf Voigt (Förderverein Stadt Dardesheim) in diesem Bustourismus Chancen. Der Windpark Druiberg werde jedes Jahr von über 1000, teils internationalen Gästen angesteuert, die meisten in größeren Bussen. Doch die Übernachtung erfolge immer weit außerhalb. "Wir warten in der Stadt auf einzelne Gäste, statt ganze Gruppen zu holen. Wir sollten ein, zwei Produkte entwickeln, damit die Gäste hier schlafen können."

Der Dardesheimer mahnte beim Stammtisch aber auch, für Touristen die Beschilderung der Wege zu verbessern. "Wir haben fast jeden Tag Besucher auf den Wegen im Windpark." Viele seien Stichwege, die auf dem Acker enden. Ohne Beschilderung führe das zur Unzufriedenheit der Gäste. "Wir sollten überlegen, wie können wir das schnellstens in Ordnung bringen."

Neue Erkenntnisse sind aber auch das nicht. So diente der erste Stammtisch mit Teilnehmern von Wülperode bis Rohrsheim dem Kennenlernen und einer gewissen Grundlagenarbeit. Zum Beispiel das leidige Thema eines Veranstaltungskalenders. "Ich lese dann manchmal in der Volksstimme, dass am selben Wochenende wie bei uns noch andere Veranstaltungen sind", berichtete Manfred Kwiran von der "Alten Tischlerei" in Wülperode. Er plädierte für eine frühzeitige Planungskonferenz, um Überschneidungen zu vermeiden.

Dabei bietet die Stadtverwaltung auf ihrer Internetseite einen Veranstaltungskalender, der aber von den Meldungen der Veranstalter abhängig ist.

Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) kündigte in dem Zusammenhang an, dass vom 15. bis 17. Mai 2015 das zweite Epochenfest der Reformation geplant ist.

Sie bezeichnete es als Schritt in die richtige Richtung, dass Osterwieck auf den Zug der Reformationsdekade aufgesprungen ist. Wenngleich die vielfältigen Anstrengungen für den Tourismus erst kleine Erfolge zeigen würden. Einen Schwachpunkt führte sie auf: "Wir haben es noch nicht verstanden, mit den Leistungsträgern gemeinsam voranzugehen." Aber das zu verändern, dafür sollte ja dieser erste Touristiker-Stammtisch die Weichen stellen. Und die Anwesenden machten deutlich, welches Potenzial in den Orten der Stadt Osterwieck besteht.

Klaus Thiele vom Kirchbauverein St. Stephani machte deutlich, welchen Schatz die Osterwiecker mit der Stephanikirche besitzen. "Das war der erste größere protestantische Kirchenbau weit und breit. Das ist ein Pfund, mit dem man wuchern muss." Ein herausragender Teil der Reformationsgeschichte. Ortsbürgermeister Ulrich Simons (CDU) erinnerte an den jämmerlichen Zustand dieser Kirche vor 25 Jahren. "Keiner hat geglaubt, dass das wieder eine Kirche wird."

Lilly Hager vom Verein Kultur im Schäfers Hof berichtete von den Bemühungen, wieder Leben auf diesen Ackerbürgerhof in der Altstadt zu bringen. Sabine Räuscher und Ulrike Niggemeyer berichteten von ihren kleinen Cafés in Osterwieck und Veltheim, die auch kulturelle Veranstaltungen ausrichten. In größerem Rahmen bietet diese das Osterwiecker E-Werk von Konzerten bis Theater. "Wir haben auch versucht, Tanzabende zu veranstalten, das wird aber von der Bevölkerung leider nicht so angenommen", sagte Stefanie Altunjan.

Heidi Söllig-Döppelheuer vom Osterwiecker Waldhaus berichtete aus Gesprächen mit ihren Gästen: "Dass hier die Bordsteine hochgeklappt sind, verstehen nicht alle." Sie würde sich auch wünschen, dass Zimmeranbieter, die ausgebucht sind, Gäste an andere Einrichtungen in der Stadt weitervermitteln.

Ihre Schwester Ellen Söllig, die ab Januar die Fallsteinklause leitet, berichtete von ihren Bestrebungen, die Wanderwege im Fallstein besser auszuschildern.

"Osterwieck ist total unbekannt", stellte Ralph Haarnagel vom Hotel "Brauner Hirsch" fest. Er hat schon mehrfach Stände auf Tourismusmessen besetzt. "Selbst Halberstadt kennt kein Mensch. Das ist ganz schlimm." Im Hotel gebe es viele Geschäftsreisende. "Diese Besucher sind so überrascht von Osterwieck, dass sie dann am Wochenende mit ihrer Familie kommen."

Hans-Jörg Gifhorn (Aktive Bürger), der Ortsbürgermeister von Rohrsheim, machte darauf aufmerksam, dass sein Dorf am ersten Juni-Wochenende 2016 die 1075-Jahrfeier begeht.

Der Dardesheimer Ralf Voigt mahnte, nicht nur auf Fachwerk und Kirchen zu setzen. "Die gibt es überall." Er denkt dabei auch an moderne Dinge wie eben den Windpark auf dem Druiberg.

Klaus Bogoslaw, der Vorsitzende des Fördervereins Schloss Hessen, machte auf den schrittweisen Wiederaufbau von Schloss- und Gartenanlage aufmerksam. Die Gartennacht habe dieses Jahr über 1000 Besucher gehabt. Ebenfalls aus Hessen kamen Monika Kortegast und Bernd Ladde zum Stammtisch. Sie führen Pensionen, stellten aber fest, dass nur ganz selten Touristen bei ihnen übernachten. Überwiegend seien es Monteure. Zimmer bietet auch die Osterwiecker Hafenbar, wie Petra Schünemann berichtete, ebenso die Schauenerin Annegret Ballhausen. Sie hatte schon Gäste mit Pferd.

Uwe Gütte von der Hessener Weinschenke, der ältesten Gaststätte in Sachsen-Anhalt (seit 1395), schilderte, dass es schwer sei, Durchhaltevermögen zu zeigen. Ein Hessener Problem sei der Ortsname. Im Internet werde man meist auf das gleichnamige Bundesland verwiesen.

Bühnes Ortsbürgermeister Hans-Jürgen Saft (parteilos) kündigte an, dass als ländlicher Wegebau gefördert, bald ein Radweg von Rimbeck in Richtung Hornburg führen wird.

Verleger Thomas Dahms verwies auf das Buch "Rund um den Fallstein", das jetzt in die dritte Auflage geht. "Es wird immer wieder nachgefragt", freute er sich über den ersten Reiseführer einer lokalen Buchreihe. Einen weiteren Aufschwung für den Tourismus erhofft er sich vom Pilgerweg Via Romea, der noch im Aufbau ist. Er führt auch durch Osterwieck. Nächstes Jahr würden Pilger die gesamte Strecke bis Rom laufen und danach noch weiter bis Jerusalem.

Ute und Manfred Kwiran haben das Wülperöder Café "Zur Alten Tischlerei" aufgegeben, als Veranstaltungsort bleibt das Haus aber erhalten. "Die Besucher sind je zur Hälfte aus Ost und West. Das führt zu interessanten Gesprächen."

Interessant war es für die Teilnehmer, etwas über die Angebote in den jeweils anderen Orten zu erfahren. Ein Anfang. Der Touristiker-Stammtisch soll künftig zweimal im Jahr stattfinden.