Jugendbauhütte Quedlinburg Altes und neues Handwerk

Geschäftiges Treiben am Ostgiebel des Gleimhauses Halberstadt.
Jugendliche beteiligen sich am Wiederaufbau der wohl ältesten erhaltenen
Fachwerkfassade der Stadt aus dem Jahr 1461.

Von Jörg Endries 23.04.2015, 03:14

Halberstadt l Jung, noch nie eine Maurerkelle in der Hand gehabt, geschweige Fachwerk ausgefacht. Trotzdem liefern Jugendliche der Jugendbauhütte Quedlinburg auf der Baustelle am Ostgiebel des Gleimhauses "eine tolle Arbeit ab", bescheinigt ihnen Jens Klaus, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung. Dank gelte auch den Mitarbeitern des Aus- und Weiterbildungszentrums AWZ Halberstadt, die das Bauvorhaben unterstützen und die Jugendlichen anleiten, so der Baufachmann.

Seit knapp zwei Wochen helfen die jungen Leute beim Aufbau einer alten Fachwerkfassade am Literaturmuseum. "Das Team der Jugendbauhütte Quedlinburg ist froh, einen Beitrag zum Wiederaufbau der wohl ältesten Fachwerkfassade Halberstadts leisten zu können", sagt Andrea Friedrich von der Jugendbauhütte Quedlinburg. Die Vermittlung von Theorie und Praxis sei Aufgabe der Freiwilligendienste als Bildungs- und Orientierungsjahre. Im Rahmen des zweiwöchigen Bildungsseminares mauern acht junge Leute, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege absolvieren, auf der Baustelle am Gleimhaus Gefache aus, so Andrea Friedrich. "Und das mit viel Spaß", betont sie. Der Wiederaufbau der geretteten Fachwerkfassade sei ein tolles Projekt, das bei den Jugendlichen großen Zuspruch findet.

Volker Bürger, Präsident des Lionsclubs Halberstadt, ist begeistert vom Fortgang der Arbeiten. "Es ist toll, wie hier altes und neues Handwerk zusammentreffen." Der Lionsclub gehört mit der Stadt Halberstadt und dem AWZ Halberstadt zu den Initiatoren des ehrgeizigen Projektes.

Zum Ausmauern der Gefache der 554 Jahre alten Fassade kommen 40 Prozent alte Ziegelsteine zum Einsatz, berichtet Jens Klaus. Das Mischen dieser Originalsteine mit den neuen sei der richtige Schritt gewesen. Unterschiede sind dadurch kaum auszumachen. Zement kommt auf der Baustelle nicht zum Einsatz, erzählt der betreuende Architekt Gerd Srocke. Vielmehr setzt man auf einen historischen Mörtel, der seit mehreren Tausend Jahren verwendet wird - Hochbrandgips. "Aufgrund der höheren Brenn- beziehungsweise Entwässerungstemperatur verfügt der Hochbrandgips über sehr gute stoffliche Eigenschaften - unter anderem hohe Festigkeit und Witterungsbeständigkeit", so Gerd Srocke. Bei der Sanierung des Domes und des Städtischen Museums ist er ebenfalls verwendet worden.

Die feierliche Übergabe der Fassade erfolgt am 9. Mai anlässlich des 25. Geburtstages des Lionsclubs Halberstadt. Das Projekt ist im Oktober 2013 ins Leben gerufen worden. Insgesamt etwa 84 000 Euro sind für den Wiederaufbau veranschlagt. Die Projektpartner haben kräftig die Werbetrommel rühren müssen, um den Eigenanteil in Höhe von 16 600 Euro aufbringen zu können. Erst der sicherte, dass das Land Sachsen-Anhalt das Gros der Investsumme übernimmt. Allein die Vereinigte Volksbank spendete 11 000 Euro. Zusätzlich spendeten viele Unterstützer.

Die Holzfassade gehört zu den kostbarsten noch erhaltenen in Halberstadt und stammt aus dem Jahr 1461. Die Konstruktion stand einst im Westendorf 38 a, vormals Domplatz 7, und befand sich in einem schlechten Zustand. In einer stürmischen Novembernacht 2003 ist das Haus eingestürzt. Die wertvollen Holzteile hat die Stadtverwaltung bergen und von der AWZ im Burchardikloster einlagern und später sortieren lassen.