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Land plant im August Hangsicherung / Thale will Flächen danach übernehmen / Gastwirt rechnet mit Entschädigung Im Bodetal dominiert wieder Optimismus

Von Dennis Lotzmann 06.05.2015, 03:16

Die Zeichen stehen gut, dass nach turbulenten Jahren im Spätsommer im Thalenser Bodetal wieder Ruhe einzieht: Das Land will im August die Talhänge sichern. Danach gehen die Flächen an die Stadt Thale. Und auch der Pächter des Gasthauses Königsruhe blickt optimistisch in die Zukunft.

Thale l Eines ist sicher: Bis zum 15. Juli passiert im Bodetal garantiert nix. So lange stehen die Belange der Tiere absolut im Fokus, setzt die Schonzeit jeglichen Bauvorhaben Grenzen. Danach aber soll es im Thalenser Bodetal richtig zur Sache gehen. Das Land will dann die unterhalb der Roßtrappe gelegenen Hänge mittels spezieller Fangzäune sichern, um weitere Abgänge von Felssegmenten und Geröll wie zuletzt im Sommer 2012 künftig sicher zu verhindern.

"Die aktuelle Bauruhe hindert uns jedoch nicht, alle vorbereitenden Arbeiten zu erledigen", so Detlef Thiel vom Umweltministerium. Anfang März hatte die Kreisverwaltung das formelle naturschutzrechtliche Verfahren zur Genehmigung der Fangzäune mit positivem Ergebnis abgeschlossen. Aktuell bereitet das Land nach Thiels Worten gerade den Bauantrag vor. Parallel dazu erfolge die Ausschreibung der Arbeiten. Das Ziel sei aus Sicht des Ministeriums klar: "Unmittelbar mit dem Ende der Schonzeit soll nahtlos mit den Arbeiten begonnen werden."

Dabei sollen nach Volksstimme-Recherchen in den rutschgefährdeten Hangbereichen spezielle Stahlträger eingearbeitet und fest im Gelände verankert und verspannt werden. Diese Konstruktion soll anschließend Fangnetze aufnehmen, um abgängiges Material weit oberhalb des Tals sicher abzufangen.

In der Frage, wie schnell diese Arbeiten in den nur schwer zugänglichen Hangbereichen realisiert werden können, will sich Detlef Thiel nicht festlegen. "Wir machen Tempo und peilen den August als Bauzeitraum an." Danach soll - "noch in diesem Sommer" - der reguläre Bodetal-Wanderweg wieder freigegeben werden. Gerade bei einem Projekt dieser Dimension sei man jedoch nie vor Überraschungen und Verzögerungen gefeit.

Und damit nicht genug. Die Arbeiten, für die das Land etwa eine Million Euro veranschlagt, sind zugleich Basis für einen Grundstücksdeal der besonderen Art: Wenn die Flächen fachgerecht gesichert sind, will die Stadt Thale sie übernehmen. Mit allen Rechten aber auch Pflichten wie der künftigen Verkehrssicherung, wie Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) klarstellt.

Weil gerade mit Blick auf die Hangsicherung perspektivisch immer wieder mit Kosten zu rechnen sei, fuße der Deal auf dem symbolhaften Preis von einem Euro. "Der notarielle Vertrag steht bereits", sagt Balcerowski, sichtlich erfreut darüber, dass die Ziellinie jetzt in greifbarer Nähe ist. "Danach gehört das klassische Bodetal endlich den Thalensern."

Grund zu vorsichtiger Freude hat auch Jörg Bauer, der Inhaber des im Bodetal gelegenen Gasthauses Königsruhe. Der 58-Jährige sah sich nach den Steinschlägen im Juni 2012 in seiner unternehmerischen Freiheit eingeschränkt. "Weil die Steine direkt an meiner Immobilie niedergingen, wurde mir von Juni bis November 2012 die Gewerbegenehmigung entzogen. Die daraus resultierenden Umsatzeinbußen fordere ich jetzt im Zuge einer Schadensersatzklage", so Bauer zur Volksstimme.

Nach seinen Worten macht er rund 120 000 Euro Umsatzverluste geltend und bezieht sich dabei auf einen Durchschnittswert, basierend auf den drei Vorjahren. "Das Landgericht hat mir in dieser Frage bereits recht gegeben."

Ein Fakt, den Landgerichtssprecher Christian Löffler in dieser Absolutheit noch nicht bestätigen will: "Wir vertreten aber durchaus die vorläufige Rechtsauffassung, dass Herr Bauer als Kläger grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch hat." Im Moment gebe es noch Klärungsbedarf bezüglich der exakten Schadenssumme. Zudem hätten die Beklagten - die Stadt Thale und das Land - noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme.

Bauer hatte zwar die Stadt Thale verklagt. Die hat jedoch nach Thomas Balcerowskis Worten sowohl Land als auch Kreisverwaltung - juristisch gesehen - den Streit verkündet und sie so mit ins Verfahren gezogen. Aus Sicht von Jurist Balcerowski ein logischer Schritt: Die Stadt hatte im Tauziehen um das Gasthaus in der Vergangenheit die Position des Betreibers gestützt.

Egal wie der Streit letztlich ausgeht - Jörg Bauer hofft, dass die lange Durststrecke spätestens im Spätsommer endgültig vorbei ist. Eine begründete Hoffnung: Sind die Hänge unterhalb der Roßtrappe fachgerecht gegen Steinschläge gesichert, kann der seit 2012 gesperrte offizielle Bodetalwanderweg wieder freigegeben werden. Bislang ist dieser Weg, der nach Bauers Worten direkt und barrierefrei von Thale ans Gasthaus führt, dicht. Wanderer müssten einen Umweg auf der anderen Bodeseite nehmen, den Menschen mit Handicaps nicht nutzen könnten. Bauer: "Es waren harte Jahre. Ich musste meine Altersvorsorge kündigen und einen Kredit aufnehmen, um die Durststrecke zu überbrücken. Was ich durchmachen musste, wünsche ich niemandem."